Politik

BND behauptet: Ab sofort lesen wir keine Emails der Deutschen mehr

Der Bundesnachrichtendienst behauptet, die Überwachung des Email-Verkehrs der Deutschen schlagartig eingestellt zu haben. Abgesehen davon, dass diese Behauptung nicht überprüfbar ist, enthält sie ein bemerkenswertes Geständnis: Demnach haben die von Bundeskanzlerin Merkel zu beaufsichtigenden Geheimdienste wahllos private Informationen der Deutschen an die Amerikaner weitergereicht.
07.05.2015 16:16
Lesezeit: 1 min

Der Bundesnachrichtendienst hat laut einem Bericht der Süddeutschen Zeitung quasi über Nacht die Internetnetüberwachung für den US-Geheimdienst NSA eingestellt. Seit Anfang der Woche würden keine Internet-Verkehre mehr erfasst, meldete die "Süddeutsche Zeitung" in der Nacht zu Donnerstag. Zuvor habe der BND in Absprache mit dem Kanzleramt die USA aufgefordert, zu jeder Person oder Institution eine ausdrückliche Begründung für die Überwachung zu liefern. Der Geheimdienst habe mitgeteilt, keine Begründung liefern zu können, da dies in kurzer Zeit kaum möglich sei.

Ganz untätig werden die Spione auch offiziell nicht: Der BND sagt laut SZ, nach der Einstellung des Email-Studiums würden am Standort Bad Aibling nur noch Fax-Verkehre und Telefongespräche abgehört. Diese Behauptung soll vermutlich nicht zuletzt vorbeugend verhindern, dass irgendjemand auf die Idee kommen könnte, über einen sinnvolleren Einsatz von Steuergeldern nachzudenken als sie für das Bespitzeln einer ganzen Nation zu verschleudern.

Doch auch jenseits des Atlantik versuchen die staatliche finanzierten Spitzel den Eindruck zu erwecken, dass sie nachgerade verantwortungsbewusst auf die Kritik der deutschen Öffentlichkeit reagieren: Der US-Geheimdienst NSA habe seine Zusammenarbeit mit dem Bundesnachrichtendienst (BND) in Bad Aibling als Konsequenz auf Forderungen der deutschen Seite von sich aus vorerst eingeschränkt. Die NSA hat nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur Anfang der Woche entschieden, vorerst nicht mehr auf die Unterstützung des BND bei der dortigen Überwachung der Internetkommunikation via Satellit in Krisengebieten zurückzugreifen. Vorausgegangen war die deutsche Forderung, die NSA müsse zu jeder Person oder Institution, die die Amerikaner mit Hilfe der Deutschen ausspionieren wollten, eine ausdrückliche Begründung für die Überwachung liefern.

Ob irgendetwas von alldem stimmt, kann nicht überprüft werden. Die plötzlich zur Schau gestellte Keuschheit dürfte mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Finte sein, um die Diskussion zu beenden. Ob die Geheimdienste wirklich etwas nicht tun, was sie nicht dürfen, unterliegt der strengen Geheimhaltung. Es ist gut denkbar, dass die von Bundeskanzlerin Angela Merkel offenbar nur mäßig entschlossen kontrollierten Dienste ihre Arbeit im Hintergrund unbeeindruckt fortsetzen.

So ist es jedenfalls bei allen bisherigen Skandalen gewesen.

Einziger Unterschied diesmal: Ronald Pofalla verkündet das Ende der Affäre nicht „ex offo“. Er steckt wegen des Bahn-Streiks im Stau. Merkels Vertrauter kümmert sich nämlich nach dem Ende seiner glanzvollen politischen Karriere um den reibungslosen Ablauf bei der Deutschen Bahn.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Svenska Digitaltolk: Dolmetscher-Gigant kauft KI-Unternehmen – Millionenumsatz prognostiziert
01.07.2025

Schwedens Dolmetscher-Gigant will Europas Übersetzungsmarkt aufrollen – mit KI, Millionenplänen und dem Griff nach Deutschland. Doch...

DWN
Politik
Politik Grenze zu – zumindest teilweise: Polen kontrolliert ab Montag
01.07.2025

Polen wird ab kommendem Montag vorübergehend wieder Grenzkontrollen an der Grenze zu Deutschland einführen. Das kündigte...

DWN
Politik
Politik Krankenkassen schlagen Alarm: Zusatzbeiträge könnten deutlich steigen
01.07.2025

Die gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) warnen vor Druck zu neuen Beitragserhöhungen ohne eine rasche Bremse für steigende Kosten....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Thyssenkrupp-Umbau betrifft Tausende – Betriebsräte fordern Klarheit
01.07.2025

Angesichts weitreichender Umbaupläne bei Thyssenkrupp fordern die Beschäftigten klare Zusagen zur Zukunftssicherung. Betriebsräte pochen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Neues Werk für NATO-Kampfjet: Rheinmetall startet Produktion in NRW
01.07.2025

Der Rüstungskonzern Rheinmetall hat in Weeze (Nordrhein-Westfalen) eine hochmoderne Fertigungsanlage für Bauteile des Tarnkappenbombers...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Investitionsstau: Kaputte Straßen, marode Schulen – Kommunen am Limit
01.07.2025

Viele Städte und Gemeinden stehen finanziell mit dem Rücken zur Wand: Allein die Instandhaltung von Straßen, Schulen und...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Alt gegen Jung: Wie die Generation Z das Arbeitsleben umkrempelt – und was zu tun ist
01.07.2025

Alt gegen Jung – und keiner will nachgeben? Die Generationen Z und Babyboomer prallen aufeinander. Doch hinter den Vorurteilen liegen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Arbeitsmarkt ohne Erholung im Juni: Warten auf den Aufschwung
01.07.2025

Die erhoffte Belebung des Arbeitsmarkts bleibt auch im Sommer aus: Im Juni ist die Zahl der Arbeitslosen in Deutschland nur minimal um...