Politik

Merkel-Machtwort gegen Schäuble: Grexit-Debatte muss beendet werden

Angela Merkel geht weiter auf Konfrontation mit Wolfgang Schäuble: Sie möchte, dass die Grexit-Debatte nun beendet wird. Schäuble hält, wie viel nüchterne Beobachter, einen Grexit nach wie vor für eine realistische Option. Die Frage nach einem Schäuble-Rücktritt beantwortete Merkel eher kühl und distanziert.
19.07.2015 18:18
Lesezeit: 2 min

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat dazu aufgerufen, in der Griechenland-Debatte nicht länger über ein mögliches Ausscheiden Griechenlands aus der Eurozone zu diskutieren. Die Option eines «Grexits» habe zwar auf dem Tisch gelegen, «aber wir haben uns für eine andere entschieden», sagte Merkel am Sonntag im ARD-Interview. «Und es zählt jetzt, was das Ergebnis dieser Beratungen war.» Die Euro-Partner hätten sich darauf geeinigt, mit Griechenland Verhandlungen über ein neues Hilfspaket zu führen. «Das muss jetzt umgesetzt werden.»

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hatte  einen zeitweisen Ausstieg Griechenlands aus der Eurozone ins Gespräch gebracht und hatte ein entsprechendes Papier in Brüssel präsentiert. Dieses soll mit Merkel abgestimmt gewesen sein. Die Franzosen behaupten dagegen, Merkel habe ihnen noch am Morgen des Samstag das Gegenteil versprochen.

Schäuble hatte trotz der Einigung den Grexit weiter als Option bezeichnet und sowohl im DLF als auch im Spiegel gesagt, dass der Grexit mitnichten vom Tisch sei. Im Spiegel zitierte Schäuble dazu den österreichischen Bundeskanzler Werner Faymann mit der Aussage, ein Grexit könne jederzeit eintreten. Möglicherweise hatte Schäuble zum Zeitpunkt des Interviews schon die Anweisung von Merkel, die Debatte zu beenden und hat sich aus diesem Grund hinter Faymann versteckt.

In demselben Interview hatte Schäuble erstmals von Rücktritt gesprochen, sollte er gezwungen werden, gegen seine Überzeugung zu handeln. Spätestens in den ESM-Verhandlungen wird sich zeigen, ob sich Merkel oder Schäuble durchsetzt. Das Austeriätspaket ist wegen seiner umfassenden Einfallslosigkeit nicht geeignet, die Krise in Griechenland zu beenden. Um es umzusetzen, sollen 86 Milliarden Euro an neuen Krediten ausgereicht werden, 50 Milliarden Euro allein aus dem ESM.

Merkel will jedenfalls von einem Schäuble-Rücktritt nichts wissen, wenngleich ihr Dementi alles andere als ein Ausweis der Wertschätzung ist: «Bei mir war niemand und hat um irgendeine Entlassung gebeten. Und ich habe auch nicht die Absicht, diese Diskussion weiter zu führen.» Man werde jetzt an die Arbeit gehen - in der Koalition und in der Union. «Da muss sich niemand Sorgen machen.»

Der Bundestag hatte am Freitag den Weg für Verhandlungen mit Griechenland über ein neues, milliardenschweres Kredit-Paket freigemacht. Es gab jedoch erheblichen Widerstand: 119 Abgeordnete stimmten dagegen - knapp die Hälfte kam aus der Unionsfraktion.

Angesprochen auf die hohe Zahl an Abweichlern in den eigenen Reihen sagte die Kanzlerin, die überwältigende Mehrheit habe für das Verhandlungsmandat gestimmt. «Das ist das, was zählt

Merkel sagte, es gehe nun darum, schnell zu verhandeln, damit Griechenland möglichst zügig wieder auf die Beine komme. «Aber wir werden natürlich auch hart verhandeln.» Denn die vereinbarten Auflagen müssten umgesetzt werden. In der Vergangenheit sei das zu oft nicht passiert. «Das muss besser werden.»

Auf die Frage, ob sie die öffentlichen Anfeindungen in der Griechenland-Debatte persönlich getroffen hätten, sagte Merkel: «Nein, ich tue das, was ich glaube, was getan werden muss.» Es gebe Momente, «da geht es nicht um Beliebtheit und Schönheitspreise, sondern da geht es darum, dass in der Sache das Richtige getan wird».

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Finanzen
Finanzen Weniger Steuereinnahmen: Steuerschätzung bis 2029 niedriger als erwartet
15.05.2025

Die schwarz-rote Bundesregierung muss bei der Umsetzung ihres Koalitionsvertrags bis 2029 mit deutlich weniger Steuereinnahmen rechnen als...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Lieferketten am Limit: Handelskrieg bringt globale Versorgung ins Wanken
15.05.2025

Die globale Lieferketten geraten durch den Handelskrieg zwischen den USA und China massiv unter Druck. Trotz Zollpause bleiben...

DWN
Politik
Politik Friedensverhandlungen ohne Putin und Trump: Lawrow lästert über Selenskyj und schimpft auf Berlin
15.05.2025

Friedensverhandlungen in Istanbul: Der russische Außenminister Lawrow fordert, den Gesprächen eine Chance zu geben – und zieht...

DWN
Finanzen
Finanzen Massive Erhöhung der Verteidigungsausgaben: Deutschland für höhere Militärausgaben trotz Wirtschaftskrise
15.05.2025

Verteidigungsminister Wadephul stellt sich hinter die Forderung des US-Präsidenten Trump für höhere Verteidigungsausgaben der...

DWN
Politik
Politik Rüstungsskandal bei der Nato: Verdacht auf Bestechung und Geldwäsche – Behörden ermitteln gegen Nato-Mitarbeiter
15.05.2025

Über die Nato-Beschaffungsagentur NSPA werden Waffensysteme und Munition im Milliardenwert eingekauft. Nun gibt es den Verdacht, auf...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Externe IT-Dienstleister: So teuer ist das Auslagern wirklich
15.05.2025

In ganz Europa setzen Organisationen auf externe IT-Dienstleister – und geraten dabei zunehmend in eine Falle: Der Einkauf orientiert...

DWN
Politik
Politik Frühere AfD-Chefin: Frauke Petry kündigt Gründung neuer Partei an - Alternative für die FDP?
15.05.2025

Die frühere Vorsitzende der AfD will vom kommenden Jahr an mit einer neuen Partei bei Wahlen antreten. Ziel der Partei soll sein, dass...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Wirtschaft: Welche Unternehmen Deutschlands Wachstum und Wohlstand produzieren
15.05.2025

Analyse des McKinsey Global Institute (MGI) zeigt: Statt Effizienzsteigerung in der Breite treiben nur wenige deutsche Unternehmen den...