Bundeskanzlerin Angela Merkel hat dazu aufgerufen, in der Griechenland-Debatte nicht länger über ein mögliches Ausscheiden Griechenlands aus der Eurozone zu diskutieren. Die Option eines «Grexits» habe zwar auf dem Tisch gelegen, «aber wir haben uns für eine andere entschieden», sagte Merkel am Sonntag im ARD-Interview. «Und es zählt jetzt, was das Ergebnis dieser Beratungen war.» Die Euro-Partner hätten sich darauf geeinigt, mit Griechenland Verhandlungen über ein neues Hilfspaket zu führen. «Das muss jetzt umgesetzt werden.»
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hatte einen zeitweisen Ausstieg Griechenlands aus der Eurozone ins Gespräch gebracht und hatte ein entsprechendes Papier in Brüssel präsentiert. Dieses soll mit Merkel abgestimmt gewesen sein. Die Franzosen behaupten dagegen, Merkel habe ihnen noch am Morgen des Samstag das Gegenteil versprochen.
Schäuble hatte trotz der Einigung den Grexit weiter als Option bezeichnet und sowohl im DLF als auch im Spiegel gesagt, dass der Grexit mitnichten vom Tisch sei. Im Spiegel zitierte Schäuble dazu den österreichischen Bundeskanzler Werner Faymann mit der Aussage, ein Grexit könne jederzeit eintreten. Möglicherweise hatte Schäuble zum Zeitpunkt des Interviews schon die Anweisung von Merkel, die Debatte zu beenden und hat sich aus diesem Grund hinter Faymann versteckt.
In demselben Interview hatte Schäuble erstmals von Rücktritt gesprochen, sollte er gezwungen werden, gegen seine Überzeugung zu handeln. Spätestens in den ESM-Verhandlungen wird sich zeigen, ob sich Merkel oder Schäuble durchsetzt. Das Austeriätspaket ist wegen seiner umfassenden Einfallslosigkeit nicht geeignet, die Krise in Griechenland zu beenden. Um es umzusetzen, sollen 86 Milliarden Euro an neuen Krediten ausgereicht werden, 50 Milliarden Euro allein aus dem ESM.
Merkel will jedenfalls von einem Schäuble-Rücktritt nichts wissen, wenngleich ihr Dementi alles andere als ein Ausweis der Wertschätzung ist: «Bei mir war niemand und hat um irgendeine Entlassung gebeten. Und ich habe auch nicht die Absicht, diese Diskussion weiter zu führen.» Man werde jetzt an die Arbeit gehen - in der Koalition und in der Union. «Da muss sich niemand Sorgen machen.»
Der Bundestag hatte am Freitag den Weg für Verhandlungen mit Griechenland über ein neues, milliardenschweres Kredit-Paket freigemacht. Es gab jedoch erheblichen Widerstand: 119 Abgeordnete stimmten dagegen - knapp die Hälfte kam aus der Unionsfraktion.
Angesprochen auf die hohe Zahl an Abweichlern in den eigenen Reihen sagte die Kanzlerin, die überwältigende Mehrheit habe für das Verhandlungsmandat gestimmt. «Das ist das, was zählt.»
Merkel sagte, es gehe nun darum, schnell zu verhandeln, damit Griechenland möglichst zügig wieder auf die Beine komme. «Aber wir werden natürlich auch hart verhandeln.» Denn die vereinbarten Auflagen müssten umgesetzt werden. In der Vergangenheit sei das zu oft nicht passiert. «Das muss besser werden.»
Auf die Frage, ob sie die öffentlichen Anfeindungen in der Griechenland-Debatte persönlich getroffen hätten, sagte Merkel: «Nein, ich tue das, was ich glaube, was getan werden muss.» Es gebe Momente, «da geht es nicht um Beliebtheit und Schönheitspreise, sondern da geht es darum, dass in der Sache das Richtige getan wird».