Politik

EU-Geheimpapier zum Grexit: „Panzer auf den Straßen von Athen“

Die EU-Kommission hat ein Geheimpapier für den Grexit erarbeitet. Offenbar erwartet die Kommission bei der Wiedereinführung der Drachme solch massive soziale Unruhen, dass ein an dem Papier Beteiligter schon die Panzer auf den Straßen Athens sieht.
20.07.2015 00:19
Lesezeit: 1 min

Die griechische Zeitung Kathimerini berichtet von dem von EU-Präsident Jean-Claude Juncker entwickelten Plan für den Grexit. Die Zeitung spricht von einem apokalyptischen Plan. Juncker hatte gesagt, es gäbe einen detaillierten Plan für den Fall, dass es beim Gipfel zu keiner Einigung mit Griechenland und den Euro-Rettern kommen werde.

Das Papier soll von einem Team von 15 Leuten streng geheim in einem eigenen Hochsicherheitsraum in Brüssel erstellt worden sein. Darin sollen Varianten durchspielt werden, welche Folgen ein Grexit nach sich ziehen würde. In 200 Fragen und Antworten werden alle Eventualitäten durchgespielt. Dazu gehört auch der Ausschluss Griechenlands aus der EU und aus dem Schengen-Abkommen.

Das Dokument wurde offenbar relativ hastig gezimmert. Die EU-Kommission begann damit im Juni, als klar wurde, dass die Deadline des 30. Juni für das Auslaufen des zweiten Kredit-Programms nicht für eine Einigung reichen könnte.

Besonders bemerkenswert ist die Aussage eines EU-Offiziellen, den Kathimerini mit den Worten zitiert: „Wenn dieser Plan implementiert wird, wird man auf den Straßen von Athen die Geräusche von Panzern hören.“

Die EU-Kommission ist, wenn diese Aussage zutrifft, demnach offenbar zu dem Schluss gekommen, dass die Einführung der Drachme und der totale Banken-Crash zu schweren sozialen Unruhen führen würden. In dieser Situation rechnet die EU-Kommission offenbar damit, dass die griechische Armee eingreifen könnte, um die öffentliche Ordnung sicherzustellen.

Es hat in den vergangenen Wochen in Griechenland immer wieder Spekulationen gegeben, welche Rolle das Militär bei massiven Ausschreitungen spielen könnte. Die Gerüchte waren jedoch nie substantiiert worden. Die Tatsache, dass nun in den EU-Kreisen über diese Möglichkeit diskutiert wird, illustriert die dramatische Lage in der sich das Nato-Land Griechenland befindet.

Denn trotz aller Mahnungen, zuletzt von Bundeskanzlerin Angela Merkel, rechnen Beobachter nicht damit, dass der Grexit vom Tisch ist. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble machte sich in einem Spiegel-Interview den Ausspruch des österreichischen Bundeskanzlers Werner Faymann zu eigen. Demnach könne ein Grexit „jederzeit eintreten“.

Ob das EU-Geheimpapier mit Angela Merkel und Wolfgang Schäuble abgesprochen ist, ist nicht bekannt. Schäubles Vorschlag eines Rauswurf Griechenlands aus dem Euro wurde erst beim Gipfel in Brüssel öffentlich. Zu diesem Zeitpunkt waren die Arbeiten an dem Papier bereits abgeschlossen.

Die griechische Regierung hat die erste von der Euro-Gruppe geforderten „Reformen“ bereits umgesetzt: Die Mehrwertsteuer steigt ab Montag für bestimmte Lebensmittel, Mahlzeiten in Restaurants und für öffentliche Verkehrsmittel auf 23 von 13 Prozent.

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