Gemischtes

Keine Solidarität: EU scheitert erneut mit der Aufteilung von Flüchtlingen

Beim Treffen der Innenminister in Brüssel haben sich EU-Staaten erneut nicht auf die geplante Aufteilung von 40.000 Flüchtlingen einigen können. Lediglich 32.000 werden auf die Staaten verteilt. Italien und Griechenland müssen weiter die Hauptlast tragen. Täglich erreichen allein 1.000 Menschen Griechenland.
20.07.2015 20:55
Lesezeit: 2 min

Die EU-Innenminister haben sich zur Enttäuschung von Italien und Griechenland auch am Montag nicht auf eine Verteilung von 40.000 Flüchtlingen einigen können. Es gab Zusagen nur für 32.000 Flüchtlinge. Die Flüchtlingsagentur UNHCR beziffert allein die Zahl der Flüchtlinge in Griechenland und auf dem Westbalkan mit 45.000. Auch diese Zahlen liegen nach UNHCR-Einschätzung weit unter den tatsächlichen Zahlen, weil jene Flüchtlinge, die sich über Ungarn in den Norden durchzuschlagen versuchen, nichtexakt erfasst werden können.

Die Zustände in Griechenland sind wegen der Euro-Krise verheerend. Tausende Flüchtlinge versuchen, über Mazedonien und Serbien in die EU zu gelangen.

Deutschland und Frankreich sind mit ihren Vorschlägen auch diesmal nicht durchgedrungen, obwohl die Zahl im Vergleich zum ersten Vorschlag der EU-Kommission schon deutlich reduziert wurde. Österreich lehnt die weitere Aufnahme von Flüchtlingen ab. Im Herbst findet in Wien eine wichtige Kommunalwahl statt. Die Bundesregierung von ÖVP und SPÖ fürchtet, dass die FPÖ starke Zugewinne erzielen könnte, wenn Österreich weitere Flüchtlinge aufnimmt. Immer hat Österreich – wie auch Deutschland, Schweden und Ungarn – seine Quote laut EU-Plan bereits erfüllt.

Spanien lehnt eine signifikante Beteiligung ebenfalls ab und nimmt nur 1.200 Flüchtlinge. Auch hier stehen Wahlen an und die Regierung war bisher nicht in der Lage, die hohe Arbeitslosigkeit zu bekämpfen.

Frankreich zeigt nun mehr Bereitschaft und nimmt 6.750 Menschen auf. Präsident Hollande hat in den vergangenen Wochen mehrfach Italien unterstützt und möchte auf diesem Weg dem italienischen Premier Matteo Renzi Hilfestellung leisten. Renzi ist über die mangelnde Solidarität der EU-Partner äußerst erbost und hatte beim vergangenen Gipfel geklagt: «Wenn das Europa sein soll, dann könnt Ihr es behalten!»

Großbritannien hat eine Ausnahmeregelung und lehnt jede freiwillige Mitwirkung ab. Anders verhält sich Irland: Obwohl auch Irland nicht an dem Programm mitmacht, erklärte sich Dublin bereit, freiwillig 600 Menschen aufzunehmen.

Einigkeit besteht dagegen in der EU über die Entscheidung, 22.000 Flüchtlinge aus Flüchtlingslagern außerhalb der EU aufzunehmen. Die Auswahl wird unter der Aufsicht des UNHCR erfolgen.

Aufgenommen werden nur Flüchtlinge aus Syrien und Eritrea, unter Umständen auch aus dem Irak.

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier zeigt sich nicht zuletzt wegen des unsolidarischen Verhaltens der EU-Staaten in der Flüchtlingsfrage pessimistisch über die Zukunft der EU: «Wir sollten vorsichtig sein mit Sätzen, die uns früher so leicht über die Lippen gegangen sind - dass Europa noch aus jeder Krise gestärkt hervorgegangen ist», sagte der SPD-Politiker am Montag in Brüssel. Neben den Verhandlungen mit dem schuldengeplagten Griechenland gebe es noch viele ungelöste Fragen beim Thema Migration sowie die Forderungen Großbritanniens nach weitreichenden EU-Reformen.

Wären die Gespräche mit Griechenland (...) «die einzig größere Herausforderung, mit der wir gegenwärtig zu kämpfen hätten, wäre das leichter überschaubar», sagte Steinmeier. Das nächste Jahr werde eine «große Challenge» (Herausforderung) für die EU.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

DWN
Finanzen
Finanzen Trumps Krypto-Coup: Milliarden für die Familienkasse
30.06.2025

Donald Trump lässt seine Kritiker verstummen – mit einer beispiellosen Krypto-Strategie. Während er Präsident ist, verdient seine...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Streit um Stromsteuer belastet Regierungskoalition
30.06.2025

In der Bundesregierung eskaliert der Streit um die Stromsteuer. Während Entlastungen versprochen waren, drohen sie nun auszubleiben –...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft PwC: Künstliche Intelligenz schafft Jobs nur für die, die vorbereitet sind
30.06.2025

Künstliche Intelligenz verdrängt keine Jobs – sie schafft neue, besser bezahlte Tätigkeiten. Doch Unternehmen müssen jetzt handeln,...

DWN
Unternehmen
Unternehmen United Internet-Aktie unter Druck: 1&1 reduziert Prognose
30.06.2025

1&1 senkt überraschend seine Gewinnprognose trotz zuletzt guter Börsenstimmung. Der Grund: deutlich höhere Kosten beim nationalen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Inflation in Deutschland sinkt im Juni auf 2,0 Prozent: Energiepreise entlasten
30.06.2025

Die Inflation in Deutschland hat im Juni einen überraschenden Tiefstand erreicht – doch nicht alle Preise sinken. Was bedeutet das für...

DWN
Politik
Politik Trumps Schritte im Nahen Osten: Nur der Anfang eines riskanten Spiels
30.06.2025

Donald Trump bombardiert den Iran, erklärt die Waffenruhe – und feiert sich selbst als Friedensbringer. Experten warnen: Das ist erst...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Raucherpause im Job: Ausstempeln erforderlich?
30.06.2025

Raucherpause im Job – ein kurzer Zug an der Zigarette, doch was sagt das Arbeitsrecht? Zwischen Ausstempeln, Betriebsvereinbarung und...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Lufthansa sichert sich Anteile an Air Baltic – trotz Bedenken
30.06.2025

Die Lufthansa steigt bei der lettischen Fluggesellschaft Air Baltic ein – jedoch nicht ohne Bedenken der Kartellwächter. Was bedeutet...