Politik

Manöver: Nato und Russland üben den Krieg gegeneinander

Die Nato und Russland proben in umfangreichen Manövern den Krieg gegeneinander. Eine Studie warnt vor zu exzessiven Kriegsspielen. Übungen mit scharfer Munition hätten bereits zu zahlreichen gefährlichen Fast-Zusammenstößen geführt haben.
20.08.2015 23:38
Lesezeit: 3 min

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Russlands und die NATO bereiten sich derzeit auf einen Krieg gegeneinander vor. Dies zeige die aktuelle massive Ausweitung ihrer Militärübungen. Auch die Art der Übungen zeige deutliche Merkmale für die Vorbereitung einer direkten Konfrontation. In dem politischen Klima liege darin ein Risiko für einen unbeabsichtigten Krieg, warnt jetzt der britischer Think Tank ELN -European Leadership Network. Die Organisation gibt regelmäßige Berichte und Analysen sowie Kartenmaterial zur aktuellen Konfliktlage heraus.

Der Fakt, dass Russland und die Nato beide mit scharfer Munition schießen und versuchen zu beobachten was die jeweils andere Seite tut, führe demnach zu „gefährlich nahen militärische Begegnungen“ etwa zwischen russischen Jets und Nato-Marineschiffen.  ELN warnt in einem aktuellen Bericht, derlei riskante Aktivitäten machen „einen Krieg in Europa wahrscheinlicher“.

In den letzten 18 Monaten haben sich vor dem Hintergrund des Krieges in der Ukraine, die Beziehungen zwischen Russland und dem Westen erheblich verschlechtert. Ein Aspekt der Konfrontation wurde ELN zufolge ein gefährliches Spiel einer Politik des äußersten Risikos, das zu mehreren ernsthaften militärischen Fast-Zusammenstößen zwischen den Kräften Russlands und der NATO geführt hat.

Ein weiterer Aspekt sei der Analyse zufolge das stark gewachsene Ausmaß und die schiere Größe der militärischen Übungen, die seit Beginn der Ukraine-Krise sowohl von Russland als auch von der NATO und ihren Partnern im Euro-atlantischen Raum durchgeführt werden. Zusammenstöße würden dadurch immer wahrscheinlicher.

Um der Öffentlichkeit und Politik diese neue und gefährliche Sicherheitslage in Europa vor Augen zu führen, hat die ELN einen Policy Brief veröffentlicht und zudem in zwei interaktiven Karten detailliert die Anatomie der beiden letzten, groß angelegten militärischen Übungen analysiert.

Die erste untersuchte Aktion war die russische Snap Übung im März 2015 mit 80.000 teilnehmenden Militärs, die zweite die NATO Allied Schild Übung im Juni 2015, die vier verschiedene Übungen entlang der östlichen Flanke der Allianz mit insgesamt 15.000 Militärs aus 19 Mitgliedstaaten und drei Partnerstaaten umfasste.

Beide Übungen zeigen demnach, dass jede Seite mit den spezifischen Fähigkeiten der Gegenseite im Sinn trainiert - und wahrscheinlich mit Kriegsplänen im Kopf, so die Analyse. Während offizielle Sprecher beider Seiten weiter behaupten, diese Operationen seien gegen rein hypothetische Gegner gerichtet, ergeben Art und der Umfang der Aktionen etwas eindeutig anderes: „Russland bereitet sich auf einen Konflikt mit der NATO und NATO bereitet sich auf eine mögliche Konfrontation mit Russland vor“, so der ELA-Bericht. Die Bewertung wörtlich:

„Operativ Allied Schild konzentrierte sich auf Territorialverteidigung, sowohl konventionell durch den Einsatz von Panzermanöver und Luftunterstützung, als auch durch die Verwendung von Spezialeinheiten, um feindlichen Subversions-Aktivitäten entgegenzuwirken Die Natur dieser Aktivitäten ließ Russland als einzig möglichen Gegner zu.

„Das Thema der russischen Übung war „die Territorialverteidigung (basierend auf schneller Verstärkung) der russischen Randregionen, unterstützt durch groß angelegte kombinierte Waffenübungen in Zentralrussland. Das Ausmaß dieser Bewegung bedeutet, dass es nur ein einziges Szenario simulieren konnte: Einen Krieg mit den Vereinigten Staaten und / oder der NATO.“

„Wir sagen nicht, dass die Führung auf beiden Seiten eine Entscheidung für den Krieg getroffen hätte ... aber das veränderte Profil dieser Übungen ist eine Tatsache und spielt eine Rolle bei der Aufrechterhaltung des aktuellen Klimas der Angst und Anspannung in Europa“, so der NRO-Chef Ian Kearns.

Russland hat den ELN Bericht nicht kommentiert, aber seine bisherige Linie ist die, dass Russland lediglich auf die NATO-Erweiterung reagiere.

Nato-Sprecherin Carmen Romero sagte das wiederum Gegenteil: Die russischen Übungen simulierten demnach offensive Operationen auch mit nuklearer Ausrüstung, wohingegen die Nato-Übungen rein defensiver und konventioneller Natur seien. Romero und kritisierte daher, dass die ELN-Studie „irreführenderweise die Nato-Übungen auf eine Stufe mit den Russischen Übungen setze“.

Der ELN-Bericht ergreift keine Partei, sondern schließt mit Empfehlungen an beide Seiten,  die Kommunikation zu erhöhen, die OSZE stärker einzubinden und die Übungen zurückzufahren. Denn je mehr Kriegsübungen durchgeführt würden, desto größer das Risiko, dass aus Versehen Ernst wird, etwa bei unbeabsichtigten Begegnungen mit der Gegenseite.

Über eben solche gefährlichen Fast-Vorfälle und Begegnungen der Streitkräfte veröffentlichte die ELN bereits Ende 2014 einen Bericht. Aleein seither bis Anfang März 2015 wurden jedoch bereits 27 neue Zwischenfälle identifiziert: Zwei davon wurden als „schwer“ eingestuft, wobei der eine aggressiverer oder ungewöhnlich provozierender Natur war und ein hohes Risiko der Eskalation barg. Der erste war eine weitere Beinahe-Kollision zwischen einem SAS Flugzeug und einem russischen Flugzeug in der Nähe von Kopenhagen im Dezember 2014. Die zweite war der gemeldete Einsatz von NATO-Kriegsschiffen im Schwarzen Meer als Ünungs-Ziel für russischen Jagdbomber bei Kampf-Übungen im März 2015.

Die Gesamtzahl der Vorfälle steht nun bei 3 „Hochrisiko-" Zwischenfällen, 13 „schweren“ Zwischenfälle, und 50 „beinahe Routine“ Zwischenfällen. Das ergibt eine Gesamtsumme von 66 Vorfällen, die aus öffentlichen Quellen identifizierbar sind. Die vollständige Liste der Ereignisse finden Sie hier.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik Trump dreht den Geldhahn zu: Kiew kämpft ohne Washington
02.07.2025

Donald Trump kappt Waffenhilfe für die Ukraine, Europa zögert, Moskau rückt vor. Doch Kiew sucht nach eigenen Wegen – und die Rechnung...

DWN
Panorama
Panorama Köln schafft den Begriff "Spielplatz" ab
02.07.2025

Köln verabschiedet sich vom traditionellen Begriff "Spielplatz" und ersetzt ihn durch "Spiel- und Aktionsfläche". Mit neuen Schildern und...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Tusk zieht die Grenze dicht – Spediteure schlagen Alarm
02.07.2025

Grenzkontrollen sollen Sicherheit bringen – doch für Spediteure und Industrie drohen Staus, teurere Transporte und Milliardenverluste....

DWN
Panorama
Panorama EU-Klimapolitik: Soviel Spielraum lässt das 90-Prozent-Ziel
02.07.2025

Die EU-Kommission hat sich ein ehrgeiziges Ziel gesetzt: Bis 2040 sollen die Emissionen massiv sinken, ein großer Schritt Richtung...

DWN
Technologie
Technologie DeepSeek zerstört Milliardenwerte: China-KI soll aus Europa verschwinden
02.07.2025

Ein chinesisches Start-up bringt Nvidia ins Wanken, Milliarden verschwinden in Stunden. Doch für Europa ist das erst der Anfang: Die...

DWN
Politik
Politik Gasförderung Borkum: Kabinett billigt Abkommen mit den Niederlanden
02.07.2025

Die Bundesregierung will mehr Gas vor Borkum fördern und stößt damit auf heftigen Widerstand von Umweltschützern. Das Vorhaben soll...

DWN
Immobilien
Immobilien Klimaanlage einbauen: Was Sie vor dem Kauf wissen müssen
02.07.2025

Die Sommer werden heißer – und die Nachfrage nach Klimaanlagen steigt. Doch der Einbau ist komplizierter, als viele denken. Wer nicht in...

DWN
Technologie
Technologie Balkonkraftwerke: 220.000 neue Anlagen binnen sechs Monaten
02.07.2025

Mehr als 220.000 neue Balkonkraftwerke sind in Deutschland binnen sechs Monaten ans Netz gegangen. Während Niedersachsen glänzt, fallen...