Politik

Griechenland: Großbanken sind überwiegend im Besitz der europäischen Steuerzahler

Mit insgesamt 25 Milliarden Euro sollen noch in diesem Jahr griechische Banken gestützt werden. Ob die Geldhäuser direkt aus dem ESM saniert werden ist noch offen. Ein „Bail-in“ für Bankkunden wäre damit vom Tisch. Dies liegt auch daran, dass sich die Banken mehrheitlich im Besitz der öffentlichen Hand und damit de facto der europäischen Steuerzahler befinden.
16.08.2015 00:17
Lesezeit: 3 min

Die Euro-Finanzminister haben am Freitag den Weg für das dritte Griechenland-Kreditpaket geebnet. Eine erste Tranche aus dem ESM wird 26 Milliarden Euro betragen. Davon werden in der kommenden Woche 13 Milliarden überwiesen. Zur Rekapitalisierung griechischer Banken sollten zudem zehn Milliarden Euro unmittelbar auf einem ESM-Konto verfügbar gemacht werden.

Insgesamt sollen die griechischen Geschäftsbanken mit 25 Milliarden Euro aus dem ESM rekapitalsiert werden. Ob das angesichts der faulen Kredite ausreicht, die in den Bankhäusern liegen, ist noch fraglich. Diese NPL (non performing loans) wurden vor Einführung der Kapitalkontrollen auf 35 Prozent des Kreditvolumens geschätzt. Fachleute gehen davon aus, dass die Kredite wegen der Rezession in den letzten Monaten auf 52 Prozent angestiegen sein könnten.

Aus dem neuen Memorandum of Understanding (MoU) ist jedoch nicht abzulesen, ob der griechische Staat die Summen zur Rekapitalisierung aus dem ESM erhält, an die Banken weiterreicht und somit auch dafür haftet, oder ob die Banken direkt über den ESM rekapitalisiert werden.

In der neuen Vereinbarung (MoU) heißt es lediglich unter Abschnitt 3, Gewährleistung der Finanzstabilität: „Griechenland wird sofort Maßnahmen unternehmen, die faulen Kredite (NPLs) zu bekämpfen. Ein Prozess zur Rekapitalisierung der Banken soll bis Ende 2015 abgeschlossen sein, ergänzt durch begleitende Maßnahmen zur Stärkung der Steuerung des HFSF und der Banken“.

Bisher wurden die Bankenhilfen respektive die Bankenrekapitalisierungen aus den beiden ersten Kreditpaketen über den griechischen Staat an den griechischen Banken-Rettungsfonds HFSF (Hellenic Financial Stability Fund) ausgereicht. Aus den Kreditpaketen 1 und 2 wurden die Banken mit 37 Milliarden Euro gestützt. Der EFSF übertrug Anleihen an den HFSF, der diese den Geldhäusern zur Verfügung stellte. Die Banken wiederum übertrugen dem HFSF anteilig Bankaktien. Diese Summen wurden dem griechischen Staatshaushalt angelastet. Sollten die Banken dieses Mal jedoch direkt aus dem ESM rekapitalisiert werden, so würde der griechische Schuldenstand auch nicht um die entsprechende Summe belastet. Eine direkte Kapitalisierung der Banken aus dem ESM wäre allerdings ein Novum in der Währungsunion.

Denn auch beispielsweise in Spanien wurden 2012 Gelder zur Bankenunterstützung im Umfang von 41,3 Milliarden aus dem ESM über den spanischen Haushalt an den Bankenrettungsfonds FROB ausgereicht, was den Schuldenstand Spaniens deutlich erhöhte.

Interessant ist auch der Blick auf den „Bail-in“ der Bankkunden. Am 23. Juli hatte das griechische Parlament die europäische Bankenabwicklungsrichtlinie (Bank Recovery and Resolution Directive – BRRD) als Voraussetzung für Bankenhilfen aus dem ESM gebilligt.

Indessen gilt es als unwahrscheinlich, anders als im Fall Zypern, dass griechische Bankkunden zu einem „Bail-in“ herangezogen werden. Auf Zypern waren nicht nur Aktionäre und Gläubiger an den Bankensanierungen beteiligt worden, sondern auch Bankkunden mit Einlagen ab 100.000 Euro. Die BRRD-Richtlinie sieht zum Schutz des Steuerzahlers vor, dass Ansprüche von Aktionären, Anleihengläubigern sowie Spareinlagen von über 100.000 Euro entweder abgeschrieben oder in Eigenmittel gewandelt werden müssen, bevor öffentliche Mittel zum Einsatz kommen.

Dass die griechischen Bürger nun nicht zu einem „Bail-in“ herangezogen werden hat zwei Gründe: Größere Beträge über 100.000 Euro – sofern sie nicht bereits abgezogen wurden – die noch auf den Konten vorhanden sind, dürften in der Mehrheit von kleinen und mittelgroßen Unternehmen stammen. Sie sollen nicht zur Kasse gebeten werden, um die Wirtschaft nicht noch weiter in die Rezession zu treiben. Auch aus Gründen der Finanzstabilität wird somit höchstwahrscheinlich trotz Umsetzung der BRRD im griechischen Parlament eine Ausnahme gemacht werden.

Auch der zweite Grund ist interessant: Die vier großen, für Griechenland systemrelevante Banken wurden in 2010 und 2012 über die beiden ersten Kreditpakete saniert. Sie befinden sich anteilig über den HFSF (Hellenic Financial Stability Fund) überwiegend in griechischem Staatsbesitz und sind dadurch de facto mehrheitlich in der öffentlichen Hand bzw. im Besitz der europäischen Steuerzahler, da diese nach wie vor dafür haften.

Die staatlichen Aktien-Anteile über den Banken-Rettungsfonds HFSF an den vier griechischen Großbanken sehen laut Bloomberg folgendermaßen aus:

- Alpha-Bank: 66,2 Prozent

- Eurobank Ergasias: 35,4 Prozent

- National Bank of Greece: 57,2 Prozent

- Piraeus-Bank 66,9 Prozent

Ein anteiliger „Bail-in“ der europäischen Steuerzahler macht demnach keinen Sinn. Daher wird strikt daran gearbeitet, dass die Banken (mit den genannten 25 Milliarden Euro; sofern sich nach dem EZB-Bankenstresstest im Herbst nicht weitere Lücken ergeben) spätestens bis Ende 2015 saniert werden. Denn ab dem 1. Januar 2016 treten die BRRD-Regeln in Kraft und müssten befolgt werden.

Ob nach der Rekapitalisierung über den ESM die Großbanken fusioniert werden, bleibt indes abzuwarten.

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