Finanzen

Anlage-Betrüger entdecken die Vorteile Londons für ihre Geschäfte

Die Zahl der Anlagebetrugsfälle in Londons Finanzzentrum hat einen neuen Höchststand erreicht. Die Kriminellen bedienen sich dabei der Top-Adressen in der City of London, um ihren Opfern eine falsche Seriosität vorzugaukeln. Der entstandene Schaden geht mittlerweile in die Milliarden.
20.08.2015 23:30
Lesezeit: 2 min

Eine rasante Zunahme von Anlagebetrugsfällen im Londoner Finanzzentrum alarmiert britische Behörden. In den letzten zwei Jahren stieg die Zahl der Betrugsfälle auf über 5.000, mit einem geschätzten Schaden von 1,73 Milliarden Pfund. Die Betrüger greifen dabei auf renommierte Adressen in Londons Innenstadt zurück, um potenziellen Opfern eine falsche Seriosität vorzugaukeln. Die Büros im „Tower 42“ auf der Old Broad Street oder im „Heron Tower“ gehören zu den teuersten der ganzen Stadt. Doch scheinbar haben sich dort auch Betrüger eingemietet, die ahnungslosen Kunden wertlose Beteiligungen verkaufen.

Die Anlagebetrüger setzen ihre Opfer mittels Kaltanrufen unter Druck und bringen sie dazu, hohe Summe in Wein, Edelsteine, Kunst, Antiquitäten, Öl-Quellen, Waldstücke, Immobilien oder exotische Rohstoffe zu investieren. Zu diesem Zweck kaufen sie Listen mit potenziellen Opfern auf, die kurz vor der Pensionierung stehen oder durch Demenzerkrankungen anfälliger für Betrug sind. Sobald die Opfer realisieren, dass sie bei diesen fiktiven Investments um ihre Ersparnisse betrogen wurden, schlagen die Kriminellen ein zweites Mal zu. Sie tarnen sich als Privatermittler und versprechen, das verschwundene Geld gegen einen Gebühr von mehreren Tausend Pfund wiederzufinden. Der durchschnittliche Schaden beläuft sich dabei auf 1,25 Millionen Pfund.

Nun verhaftete die Polizei dutzende Verdächtige in Londons Top-Adressen und deckte dabei mindestens 14 verschiedene kriminelle Vereinigungen auf, wie die FT berichtet. Zudem wurden die zwei Büroservice-Betreiber Regus und Servcorp mit Geldstrafen belegt, weil sie es versäumt hätten, weitreichende Erkundigungen über ihre Mieter einzuholen. Büroservice-Unternehmen vermieten neben Räumlichkeiten auch Postadressen an internationale Kunden und leiten gegen eine Gebühr den Briefverkehr ins Ausland weiter. Die Geldstrafen sollen die Branche anhalten, künftig größere Sorgfalt bei der Auswahl ihrer Kunden an den Tag zu legen.

„Wir haben einen Anstieg bei Investment-Betrügern erlebt, die in der City of London operieren“, zitiert die FT die Ermittlerin Teresa Russell von der Polizei der City of London. Der etwa eine Quadratmeile umfassende Bereich im Herzen Londons zählt juristisch gesehen nicht zu Großbritannien und verfügt sowohl über eigene Gesetze als auch über eine eigene Polizeieinheit. Das Gebiet ist auch nicht dem Steuerwesen des Vereinigten Königreichs unterworfen, was es für Finanzinstitute zum begehrten Firmensitz macht, wie der Guardian berichtet.

Auch der Gebietsverwaltung der City of London ist die zunehmende Zahl an Betrügern ein Dorn im Auge. „Wir haben unseren Ruf als führendes Finanzzentrum und den wollen wir erhalten, also dürfen wir diese Dreckskerle nicht reinlassen“, sagte Jon Averns von der City of London Corporation gegenüber der FT.

Die Polizei setzt zwar langfristig auf Strafverfolgung, doch kurzfristig will sie den Betrügern vor allem das Leben so schwierig wie möglich machen. Unterstützung erhält sie dabei von der Londoner Polizei und den Steuerbehörden. Die Behörden führten in einigen Büros spontane Hausdurchsuchungen durch und entdeckten dabei auch gefälschte Diamanten.

Wir haben in einigen Räumlichkeiten Kisten von Diamanten gefunden, die buchstäblich wie Schuhkartons aufgeschichtet waren. Sie waren stark beschädigt, etwa 100 Pfund wert, wurden jedoch für über 9.000 Pfund verkauft“, so die Polizeibeamtin Russell zur FT. „Was die Leute dabei nicht sehen, sind die Konsequenzen. Es gab bereits Selbstmorde. Das zerstört das Leben von Menschen.“

Derweil zeigt die Verhaftungswelle erste Erfolge, denn die Betrugsfälle nehmen nach Aussagen der Polizei allmählich ab. Als nächstes wollen die Behörden Londons zweites Finanzzentrum, die Canary Wharf, ins Visier nehmen. Denn das langfristige Ziel sei es, die Anlagebetrüger komplett aus London  zu vertrieben, doch dies sei eine „enorme Aufgabe“, so Russell.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Experten-Webinar: Ist Bitcoin das neue Gold? – Chancen, Risiken und Perspektiven

Inflation, Staatsverschuldung, geopolitische Unsicherheiten: Viele Anleger fragen sich, wie sie ihr Vermögen in Zeiten wachsender...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik Grönland stellt den Westen kalt: "China wartet schon"
28.05.2025

Grönland droht dem Westen offen mit einem Schulterschluss mit China – aus Frust über mangelnde Investitionen in seine Rohstoffe. Der...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Tesla stürzt ab, China übernimmt – Litauen wird zum Diesel-Paradies Europas
28.05.2025

Während Tesla in Europa dramatisch Marktanteile verliert und chinesische Hersteller wie BYD das Steuer übernehmen, feiert Litauen ein...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Nur schwache Frühjahrsbelebung auf dem Arbeitsmarkt
28.05.2025

Die Frühjahrsbelebung am deutschen Arbeitsmarkt ist in diesem Jahr fast ausgeblieben – trotz saisonaler Impulse. Fachkräftemangel,...

DWN
Politik
Politik Deutschlands Milliarden-Trick: Subventionen trotz EU-Verbot?
28.05.2025

Berlin will energieintensive Konzerne mit Milliarden entlasten – und pfeift dabei auf EU-Regeln. Ist das wirtschaftliche Notwehr oder ein...

DWN
Immobilien
Immobilien Vorsicht vor Trickbetrügern: So schützen sich Wohnungssuchende vor Mietbetrug
28.05.2025

Der deutsche Wohnungsmarkt ist angespannter denn je. Das zieht Opportunisten an, welche die verzweifelte Suche nach Mietwohnungen...

DWN
Finanzen
Finanzen Rentenversicherung gegen Einmalbeitrag: Lohnt sich eine Sofortrente?
28.05.2025

Immer mehr Menschen sorgen sich darum, ob das aktuelle deutsche Rentensystem in Zukunft überhaupt noch tragbar ist. Fest steht: Die...

DWN
Politik
Politik Kiew darf zuschlagen: Merz gibt grünes Licht für Angriffe auf Russland
28.05.2025

Westliche Zurückhaltung war gestern: Deutschland, Frankreich, die USA und Großbritannien erlauben der Ukraine nun den Einsatz gelieferter...

DWN
Politik
Politik Ukraine-Krieg: Selenskyj in Berlin – kaum noch Hoffnung auf Frieden
28.05.2025

Der heutige Besuch des ukrainischen Präsidenten in Berlin sollte ein Signal der Entschlossenheit senden – doch er trifft auf eine...