Deutsche Wirtschafts Nachrichten: Die Pläne der fünf EU-Präsidenten für eine gemeinsame europäische Einlagensicherung stoßen auf den entschiedenen Widerstand des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes. Welche Gefahren sehen Sie?
Georg Fahrenschon: Das Vertrauen der deutschen Sparer in die Sicherheit ihrer Einlagen ist hoch. Das gilt speziell auch jetzt, wo alle Sicherungseinrichtungen in Deutschland nach den neuen, EU-weit einheitlichen Regelungen arbeiten. Die Mehrheit der Bundesbürger will jedoch, dass die Systeme auch weiterhin in nationaler Hand bleiben. 63 Prozent fühlen sich mit den derzeitigen, nationalen Systemen sicherer als mit einem etwaigen europäischen System. Dieses Vertrauen wollen wir bewahren. Deswegen fordern wir, die Brandschutzmauern zwischen den Sicherungssystem in der EU zu erhalten.
Deutsche Wirtschafts Nachrichten: Die Deutsche Kreditwirtschaft kritisiert, dass „einige wichtige EU-Staaten noch keine Gelder angespart haben“. Erhöht dies das Risiko für die deutschen Banken?
Georg Fahrenschon: Der Starttermin für die neuen Regelungen zur Einlagensicherung war der 3. Juli 2015, und nicht alle Staaten waren rechtzeitig am Start. EU-Präsident Juncker hat in seiner Rede über die Lage der Union selbst eingeräumt, dass die Situation in den verschiedenen Mitgliedsstaaten sehr unterschiedlich sei. Bis zur vollständigen Umsetzung haben die Institute noch zehn Jahre Zeit. Wir denken daher, dass am Anfang einer zehnjährigen Umsetzungsphase nicht der richtige Zeitpunkt für eine neue Diskussion über mögliche Veränderungen ist. Die Umsetzung der Richtlinie hat jetzt oberste Priorität.
Deutsche Wirtschafts Nachrichten: Sehen Sie aktuelle Risiken im europäischen Bankensektor? Wenn nämlich alles gut laufen würde, wäre eine gemeinsame Einlagensicherung ja nur eine langfristige Vorsorge.
Georg Fahrenschon: Wir haben Vertrauen in die neue EU-Bankenaufsicht, die ja erst kürzlich mit ihren Stresstests den Sektor auf Herz und Nieren geprüft hat. Insofern können wir die Eile bei der neuerlichen Diskussion um die Einlagensicherung auch nicht nachvollziehen. In jedem Fall muss gesichert bleiben, dass die Mittel, die wir für die Sicherheit der Kundeneinlagen in der Sparkassen-Finanzgruppe zurückgelegt haben, auch ausschließlich dafür eingesetzt werden. Warum sollten mit dem Geld Sparer in anderen Ländern entschädigt werden? Weder sie noch ihre Institute haben je einen Cent dazu beigetragen. Auf ihre Geschäftspolitik haben wir keinerlei Einfluss. Nein, Verantwortung und Haftung müssen nach wie vor in einer Hand bleiben. Sonst setzt die EU völlig falsche Anreize zum Trittbrettfahren.
Deutsche Wirtschafts Nachrichten: Sie warnen, dass die Beteiligung der deutschen Kreditinstitute an der Einlagensicherung die „Finanzmarktstabilität in Deutschland nachhaltig untergräbt“. Gibt es demnach erhebliche Risiken in anderen Ländern?
Georg Fahrenschon: Solange von der EU-Aufsicht keine Warnungen kommen, haben wir keinen Grund zu einer solchen Annahme. Wir warnen ganz grundsätzlich davor, die Leistungsfähigkeit unserer Sicherungssysteme durch Transfers in andere Länder zu schwächen. Denn wenn es eine Bankenpleite in einem anderen Land gibt, dann ist es doch für den deutschen Sparer beruhigend zu wissen, dass die Mittel zur Absicherung seiner Ersparnisse weiterhin unvermindert für den Fall der Fälle zur Verfügung stehen!
Deutsche Wirtschafts Nachrichten: Unser Eindruck ist, dass die EU eine gewisse Eile an den Tag legt. Sie verlangen, dass zuerst alle Staaten die entsprechenden EU-Regeln umsetzen müssten - davor sei es müßig, über die Beteiligung Deutschlands zu sprechen. Ist die Einlagensicherung der deutschen Banken heute bereits wasserdicht?
Georg Fahrenschon: In Deutschland gibt es keinerlei Verzögerung bei der Umsetzung der entsprechenden Regelungen.
Deutsche Wirtschafts Nachrichten: Aus unserer Sicht sind die Positionen der Deutschen Kreditwirtschaft und der EU unvereinbar. Sind Sie für eine Ausnahme-Regelung für Deutschland?
Georg Fahrenschon: Solange noch keine Vorschläge der EU-Kommission öffentlich vorgestellt wurden, macht es keinen Sinn, über solche Optionen zu spekulieren.
Deutsche Wirtschafts Nachrichten: Müssen sich die deutschen Sparer Sorgen um ihr Geld machen?
Georg Fahrenschon: Nein, sie brauchen sich keine Sorgen um die Absicherung ihrer Spareinlagen zu machen. Und ich bedauere sehr, dass die Diskussion aus Brüssel diese Frage wieder hochbringt. Ich wünsche mir sehr, dass Brüssel sehr behutsam mit diesem sensiblen Thema umgeht.