Finanzen

Abgas-Skandal: Porsche und Kleinaktionäre könnten gegen VW klagen

Die Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger informiert derzeit seine Mitglieder über die Erfolgsaussichten einer Klage gegen den VW-Konzern wegen Kursverluste. Doch nicht nur Kleinaktionäre, sondern auch auch Aktionäre der VW Muttergesellschaft, der Porsche Automobil Holding SE, könnten einen Schadensersatzanspruch haben.
03.10.2015 02:26
Lesezeit: 1 min

VW hat den Abgas-Betrug gegenüber den US-Behörden zugegeben, aber Aufsichtsrat und Aktionäre erst Wochen später informiert. Der Autobauer hat somit die Meldepflicht eines börsenrelevanten Tatbestandes verletzt.

Deutsche Wirtschafts Nachrichten: Werden die Klein-Aktionäre den Kursverlust einklagen?

Daniel Bauer: Ausgehend von den derzeitigen Informationen dürfte der VW-Konzern es offenbar unterlassen haben, eine Adhoc-Mitteilung bezüglich der US-Ermittlungen herauszugeben. Bestimmten Aktionären würde unserer Einschätzung nach eventuell ein Schadensersatzanspruch zustehen. Ob die betreffenden Aktionäre diesen auch einklagen werden, ist uns nicht bekannt. Wir werden unseren Mitgliedern unsere Einschätzung zu den Erfolgsaussichten zukommen lassen, sobald uns weitere Informationen vorliegen. Aktuell kann dies noch nicht seriös beurteilt werden.

Deutsche Wirtschafts Nachrichten: Wie hoch ist schätzungsweise die gesamte Verlustsumme?

Daniel Bauer: Dies hängt davon ab, wie viel Aktionäre einen Schadensersatzanspruch haben könnten. Anspruchsberechtigt aufgrund der wohl unterlassenen Kapitalmarktmitteilung dürften nur die Aktionäre sein, die zu einem Zeitpunkt Aktien erworben haben, zu dem der Vorstand bereits über die Manipulationen informiert war. Wer in diesem Zeitraum VW-Aktien gekauft hat, könnte den Kursverlust unserer Einschätzung nach wohl grundsätzlich einklagen. Unklar bleibt jedoch bisher, wann der Vorstand von den Manipulationen wusste. Ferner könnten auch Aktionäre der VW Muttergesellschaft, der Porsche Automobil Holding SE unserer Meinung nach einen Schadensersatzanspruch haben. Zwischen diesen beiden Gesellschaften gibt es immerhin enge personelle Verflechtungen. Es könnte sich also nur um wenige hundert Anspruchsberechtigte handeln, sofern der Vorstand erst vor kurzem Kenntnis von den Manipulationen erlangt haben sollte, oder, falls dieser schon seit einem Jahr oder länger informiert gewesen sein sollte, auch um mehrere zehntausend. Die Schadenssumme könnte sich also auch von einem niedrigen einstelligen Mio. Euro Betrag bis hin zu einem Betrag im einstelligen Mrd. Euro Bereich bewegen.

Deutsche Wirtschafts Nachrichten: Können Sie uns ein konkretes mögliches Beispiel nennen?

Daniel Bauer: Wenn der Vorstand erst am 11. September von den Ermittlungen erfahren haben sollte, würde dies wohl nur ein paar hundert oder tausend Geschädigte betreffen. Sollte der Vorstand aber schon 2012 von den Manipulationen erfahren haben, dann wären wohl zehntausende Anleger betroffen, die alle die Differenz zwischen Kaufkurs der Aktien und dem aktuellen Kurs als Schaden einklagen könnten. Die Dimension ist jedoch unklar, da wir nicht wissen, wann der Vorstand über den Sachverhalt informiert worden ist. Daher sind alle Spekulationen aus unserer Sicht unangebracht. Es gilt zunächst, dass der Aufsichtsrat den Vorfall gründlich und schonungslos aufklärt, und dann kann über mögliche Schritte nachgedacht werden.

Daniel Bauer ist Vorstandsmitglied der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK).

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

DWN
Technologie
Technologie KI im Jobmarkt: Die große Lüge von der Objektivität
04.07.2025

Algorithmen sollen neutral entscheiden – doch KI entlarvt sich im Personalbereich als versteckter Türsteher: Diskriminierung,...

DWN
Panorama
Panorama Grillmarkt in der Krise? Holzkohle wird teurer
03.07.2025

Grills verkaufen sich längst nicht mehr von selbst. Nach Jahren des Booms mit Rekordumsätzen schwächelt die Nachfrage. Händler und...

DWN
Finanzen
Finanzen Milliarden für Dänemark – Deutschland geht leer aus
03.07.2025

Dänemark holt 1,7 Milliarden DKK aus Deutschland zurück – ohne die deutsche Seite zu beteiligen. Ein heikler Deal im Skandal um...

DWN
Finanzen
Finanzen Vermögen im Visier: Schweiz plant Enteignung durch Erbschaftssteuer für Superreiche
03.07.2025

Die Schweiz steht vor einem Tabubruch: Kommt die 50-Prozent-Steuer auf große Erbschaften? Die Eidgenossen debattieren über ein riskantes...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Drogeriehandel: Wie dm, Rossmann und Müller den Lebensmittelmarkt verändern
03.07.2025

Drogeriemärkte verkaufen längst nicht mehr nur Shampoo und Zahnpasta. Sie werden für Millionen Deutsche zur Einkaufsquelle für...

DWN
Technologie
Technologie KI-Gesetz: Bundesnetzagentur startet Beratungsservice für Unternehmen
03.07.2025

Die neuen EU-Regeln zur Künstlichen Intelligenz verunsichern viele Firmen. Die Bundesnetzagentur will mit einem Beratungsangebot...

DWN
Panorama
Panorama Sprit ist 40 Cent teurer an der Autobahn
03.07.2025

Tanken an der Autobahn kann teuer werden – und das oft völlig unnötig. Eine aktuelle ADAC-Stichprobe deckt auf, wie groß die...

DWN
Politik
Politik Brüssel kapituliert? Warum die USA bei den Zöllen am längeren Hebel sitzen
03.07.2025

Die EU will bei den anstehenden Zollverhandlungen mit den USA Stärke zeigen – doch hinter den Kulissen bröckelt die Fassade. Experten...