Politik

Slowenien stoppt Flüchtlinge mit Gewalt

Lesezeit: 2 min
19.10.2015 12:09
Die slowenische Polizei hat offenbar Flüchtlinge mit Gewalt daran gehindert, illegal über Kroatien einzureisen. Weil Ungarn seine Grenze dichtgemacht und Angela Merkel ihre Einladung an die Flüchtlinge weiter aufrecht hält, droht die Lage auf dem Balkan zu eskalieren. Die humanitäre Lage ist verheerend.

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Die slowenische Polizei hat mehr als 2000 Flüchtlinge auf ihrem Weg nach Österreich und weiter nach Deutschland gewaltsam gestoppt. Sloweniens Aufnahmekapazitäten seien erschöpft, erklärte die Polizei zur Begründung am Montag in Ljubljana. Vor den geschlossenen Grenzübergängen campierten Tausende frierende und durchnässte Menschen. Sie versuchten, sich mit Decken und Planen vor dem Dauerregen zu schützen und zündeten kleine Feuer an, um sich zu wärmen.

Die Flüchtlinge und Migranten waren in Kroatien mit einem Zug an die Grenze bei Sredisce ob Dravi gebracht worden. Als die Menschen versuchten, die grüne Grenze illegal zu überqueren, spielten sich einem Bericht des kroatischen Staatsfernsehens zufolge dramatische Szenen ab. Das meldet die dpa. Bojan Kittel, Sprecher der Regierung, sagte, sein Land habe mit dem "intensiven Schutz" seiner Grenzen begonnen. Dies bedeute auch die Errichtung von Grenzzäunen, berichtet das kroatische Fernsehen.

In Kroatien herrscht große Nervosität, weil Griechenland am Sonntag 10.000 neue Flüchtlinge in Richtung Europa weitergeschickt hat. Sie werden in den kommenden Tagen in Kroatien erwartet.

Auf der Balkanroute sitzen nach Schätzungen des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR bereits jetzt mehr als 10.000 Menschen fest, weil Ungarn seine Grenzen abgeriegelt hat und der Flüchtlingsstrom sich seit dem Wochenende durch den Flaschenhals Slowenien quält. Mehrere Tausend Menschen verbrachten die Nacht zum Montag auf dem schlammigen Boden im Niemandsland zwischen Serbien und dem EU-Land Kroatien. "Öffnet das Tor, öffnet das Tor", riefen die von Kälte und Müdigkeit gezeichneten Menschen verzweifelt. Einheiten der kroatischen Polizei versperrten ihnen den Weg.

Die deutsche Polizeigewerkschaft fordert einen Grenzzaun auch für Deutschland.

Angela Merkel setzt sich weiter für offene Grenzen ein: Am Freitag sagte die Kanzlerin, die Osteuropäer müssten nun Solidarität zeigen, weil sie durch den EU-Beitritt selbst Solidarität erfahren hätten.

Nachdem Ungarn seine Grenze zu Kroatien geschlossen hatte, waren die Flüchtlinge seit dem Wochenende über Slowenien umgeleitet worden.

Ungarn hat angekündigt, auch seine Grenze zu Slowenien dichtzumachen.

Slowenien will nur bis zu 2500 Flüchtlinge pro Tag aufnehmen, registrieren und nach Österreich weiterleiten. Das österreichische Innenministerium dementierte die slowenische Darstellung, das Alpenland habe die Einreise auf 1500 Flüchtlinge am Tag begrenzt. Eine solche Obergrenze gebe es nicht, sagte ein Sprecher. Derzeit kommen demnach pro Tag im Schnitt deutlich unter 1000 Flüchtlinge von Slowenien nach Österreich.

Die Staus auf der Balkanroute werden verursacht durch die hohe Zahl von Flüchtlingen, die von Serbien nach Kroatien wollen. Im Oktober waren durchschnittlich 5.100 Flüchtlinge pro Tag in Kroatien eingetroffen, um von dort weitergeschleust zu werden - erst nach Ungarn, nach der Grenzsicherung des Landes dann nach Slowenien.

Die slowenische Regierung beschwerte sich auch bei der EU in Brüssel darüber, dass sich Kroatien unsolidarisch verhalte. Es gehe nicht, dass der EU-Nachbar weiter viel mehr Flüchtlinge an die Grenze zu Slowenien bringe, als das Land aufnehmen könne, hieß es in einer Mitteilung.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Bildung für die Zukunft SOS-Kinderdorf Thüringen im Einsatz für die Demokratie

In einer Zeit, in der die Unzufriedenheit mit der Politik wächst, engagiert sich das SOS-Kinderdorf Thüringen mit einem Demokratieprojekt...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Quiet Quitting: Der stille Job-Rückzug mit gefährlichen Folgen
22.12.2024

Ein stiller Rückzug, der Unternehmen erschüttert: Quiet Quitting bedroht die Substanz deutscher Betriebe. Warum immer mehr Beschäftigte...

DWN
Technologie
Technologie DWN-Sonntagskolumne: Künstliche Intelligenz Hype Cycle - Zwischen Revolution und Enttäuschung
22.12.2024

Ist künstliche Intelligenz nur ein Hype oder der Beginn einer Revolution? Zwischen hohen Erwartungen, Milliardeninvestitionen und...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Psychische Gewalt am Arbeitsplatz: Ursachen, Folgen und Lösungen
22.12.2024

So können Unternehmen gegen verbale Übergriffe aktiv werden- Beleidigungen, Drohungen und Beschimpfungen: Rund ein Drittel der...

DWN
Finanzen
Finanzen Kindergeld beantragen: Tipps und wichtige Infos für 2025
22.12.2024

Wussten Sie, dass Sie Kindergeld bis zu sechs Monate rückwirkend erhalten können? Dies gilt sowohl für Ihr erstes Kind als auch für...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Märchen vorbei? Steht Deutschlands Automobilindustrie vor dem Aus?
22.12.2024

Volkswagen in der Krise, Mercedes, BMW & Co. unter Druck – und hunderttausende Jobs stehen auf dem Spiel. Wie kann der Kampf um...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Credit Suisse-Debakel: Ausschuss sieht Schuld bei Bank
22.12.2024

Die Nervosität an den Finanzmärkten war im Frühjahr 2023 groß - drohte eine internationale Bankenkrise? Für den Schweizer...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Der Volkswagen-Deal: Worauf sich VW und die IG Metall geeinigt haben
22.12.2024

Stellenabbau ja, Werksschließungen nein: Mehr als 70 Stunden lang stritten Volkswagen und die IG Metall um die Sparmaßnahmen des...

DWN
Technologie
Technologie Webasto-Geschäftsführung: „Der Einsatz von KI ist eine strategische Notwendigkeit“
22.12.2024

Angesichts des wachsenden Drucks durch die Transformation hin zur Elektromobilität und steigender Kosten in der Branche sprechen Markus...