In den Industrieländern schien die Bevölkerung in den vergangenen 20 Jahren immer älter zu werden, auch in den USA. Eine neue amerikanische Studie zeigt nun jedoch, dass es eine Gruppe von US-Bürgern gibt, bei der sich die Sterblichkeit im Gegenteil dazu erheblich erhöht hat. Betroffen davon sind weiße US-Bürger zwischen 45 und 54 Jahren, das zeigten die Forschungsergebnisse von zwei Ökonomen der Princeton University.
Die Studie dokumentiere zwischen 1999 und 2013 eine „deutliche Erhöhung der Gesamtmortalität von weißen, nicht-hispanischen Männern und Frauen mittleren Alters in den Vereinigten Staaten“, so die Wissenschaftler. Also US-Bürger, die nicht aus lateinamerikanischen Ländern oder Mexiko zugewandert sind.
Demnach stieg die Zahl der Todesfälle für die Bürger im Alter zwischen 45 und 54 Jahren um etwa ein halbes Prozent jedes Jahr: das bedeutet von 380 Todesfällen je 100.000 Bürger auf 415. Was auf den ersten Blick nicht so viel klingt, ist jedoch erheblich. Hätte sich der Abwärtstrend bei der Sterblichkeit in dieser Gruppe so fortgesetzt, wie er im Zeitraum zwischen 1979 und 1998 beobachtet wurde, wären zwischen 1999 und 2013 fast 500.000 weniger US-Amerikaner gestorben, heißt es in der Studie. Allein für 2013 hätte das 54.000 weniger Tote bedeutet. In keinem anderem industrialisierten Land habe es eine derartige Entwicklung gegeben.
Die Ursachen für diese Entwicklung benennen die Wissenschaftler klar: „Eine leise Epidemie von Medikamente, Alkohol und Selbstmord hat eine halbe Million weiße Amerikaner mittleren Alters getötet.“ Schmerzmittel sind darin inbegriffen. Die hohe Zahl entspreche in etwa derjenigen Zahl an US-Bürgern, die an AIDS starben. Vor allem Menschen mit geringerer Bildung seien davon betroffen. Bei den Menschen, die einen Highschool-Abschluss oder gar keinen Schulabschluss hatten, stieg beispielsweise die Zahl der Selbstmorde im Beobachtungszeitraum um 81 Prozent.
Vor allem Schmerzmittel werden von den Forschern in den Mittelpunkt gestellt. Die Vereinfachung beim Zugang zu Opiaten Mitte der 90er-Jahre sei in diesem Zusammenhang zu sehen. „Die Epidemie der Schmerzen, für die die Opiate entwickelt wurde, ist real genug“, so die Wissenschaftler. Allerdings könnten die neuen Daten nicht einwandfrei zeigen, was zuerst dagewesen sei: Die Schmerzen oder die Schmerzmittel.
Die Wissenschaftler fordern daher eine strengere Verschreibung von Opiaten. Die Finanzkrise und die wirtschaftlichen Schwierigkeiten, in die etliche US-Bürger in den vergangenen zehn Jahren geraten sind, bildeten einen perfekten Nährboden für den Missbrauch von Medikamenten, Alkohol und anderen Drogen. Zuletzt hatte die Federal Drug Administration sogar das starke Opiat Oxycodon für Kinder zugelassen.
Es ist unbekannt, ob sich die Betroffenen, die Selbstmord begangen haben sollen, einer entsprechenden Therapie unterzogen haben. Solche Therapien sind vor allem im Fall von Depressionen mittlerweile sehr erfolgreich und können das Risiko eines Selbstmords deutlich senken (siehe dazu Informationen der Deutschen Depressionshilfe).