China drohen seine Probleme über den Kopf zu wachsen. Das Land kämpft gegen viele Widrigkeiten, die sich gegenseitig verstärken und auf den Rest der Welt ausstrahlen. Die Aktienmärkte in Schanghai und im südchinesischen Shenzhen verzeichneten auch am Freitag wieder Kursverluste und setzten die zu Jahresbeginn begonnene negative Serie fort. Der Shanghai Composite schloss am Freitag rund 3,5 Prozent tiefer, sein Pendant in Shenzhen verlor rund 3,2 Prozent.
Die schwachen Konjunkturaussichten Chinas verschärfen den Preisverfall bei Rohstoffen. Auf China entfallen rund 40 Prozent der weltweiten Nachfrage nach Kupfer, das binnen Jahresfrist über ein Fünftel seines Preises abgab. Auch die derzeitigen Tiefstände beim Erdöl sind zu einem nicht unerheblichen Teil der schwachen Nachfrage aus China geschuldet.
Seit Monaten flieht internationales Kapital aus dem Land. Das jüngste spektakuläre Beispiel: Die Deutsche Bank ist aus dem chinesischen Markt ausgestiegen und wirkt geradezu erleichtert, das Abenteuer vor einem möglichen Crash überstanden zu haben. Um den Yuan zu stützen und die Kapitalabflüsse zu neutralisieren, hat die Regierung allein im vergangenen Jahr Devisenreserven im Wert von rund 510 Milliarden Dollar verkauft. Dazu gehörten unter anderem rund 292 Milliarden Dollar an amerikanischen Staatsanleihen, Aktien amerikanischer Firmen im Wert von 92 Milliarden Dollar sowie 170 Milliarden an Wertpapieren aus der ganzen Welt. Das Problem für Peking: Das Regime kann den Yuan nicht einfach wieder abwerten, ohne seine gesamte Glaubwürdigkeit zu verlieren. Diese ist im genuinen Interesse Chinas, dessen Währung erst vor wenigen Wochen in den Währungskorb des IWF aufgenommen wurde.
Es ist völlig unklar, wie lange dieses Spiel gutgeht. Die Analysten äußern deutliche Sorgen: „Unter den finanziellen Turbulenzen lauert aus meiner Sicht eine Kreditkrise. Ich rechne mit dem Schlimmsten“, sagte ein Berater der UBS am Montag zu Bloomberg. Hintergrund ist, dass ein jährliches Abschmelzen der Devisenreserven um mehrere Hundert Milliarden Dollar auch China, welches derzeit über Reserven von 3,3 Billionen verfügt, relativ schnell an die Grenzen der finanziellen Leistungsfähigkeit bringt.
Das Problem China kann zum Schwarzen Schwan für das System werden: Wegen der globalen Vernetzung der Wirtschaft haben die Turbulenzen auf den chinesischen Märkten das Potential, die globale Finanzarchitektur zu erschüttern. Ungewiss ist, ob sich die Regierung in Peking für weitere Abverkäufe ihrer Devisenreserven – und insbesondere die Abstoßung amerikanischer Staatsanleihen – entscheidet und welche Folgen dies auf Dauer haben könnte.