Finanzen

Ölpreis-Verfall: Saudi-Arabien löst weltweit Wertpapier-Depots auf

Saudi-Arabien zieht in großem Stil Gelder aus den Märkten ab – Vermögensverwalter sprechen von mindestens 50 Milliarden Dollar. Das Königreich braucht dringend liquide Mittel, um die immer größer werdenden Lücken im Staatshaushalt zu kitten. Neben dem tiefen Ölpreis schlagen vor allem die Militäroperationen im Jemen und in Syrien zu Buche.
26.01.2016 22:10
Lesezeit: 1 min

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Nach Angaben von Fondsmanagern zieht Saudi-Arabien seit Anfang vergangenen Jahres in großem Stil Gelder aus den Finanzmärkten ab. Allein im ersten Halbjahr 2015 soll die saudische Zentralbank SAMA Positionen im Gesamtwert zwischen 50 und 70 Milliarden Dollar aufgelöst haben, schreibt Insight Discovery. Von diesen Depotauflösungen sind Fondsmanager wie BlackRock, Franklin Templeton oder BNY Mellon betroffen, die traditionell enge Verbindungen zu den Staatsfonds der Golfregion unterhalten.

Auch andere Staaten der Region verkaufen Beteiligungen und Wertpapiere. „Saudi-Arabien, Katar und Kuwait ziehen alle Gelder ab. (…) Petrodollars werden zu Petropennies“, zitiert Bloomberg einen Verantwortlichen der Royal Bank of Scotland. Tatsächlich seien im vergangenen Jahr nur rund 200 Milliarden aus Ölverkäufen stammende Dollar in den globalen Wirtschaftskreislauf geflossen – im Jahr 2012 waren es noch etwa 800 Milliarden Dollar.

Der Grund der massiven Liquidation von Depots: Die Golfstaaten brauchen schnell liquide Mittel, um die aus dem Ölpreis-Verfall resultierenden Löcher in ihren Staatshaushalten zu füllen. Saudi-Arabiens Wirtschaft ist zu etwa 80 Prozent vom Erdöl abhängig – die tiefen Preise führten 2015 bereits zu einem Haushaltsdefizit von rund 20 Prozent. Außerdem führt die Monarchie einen kostspieligen Krieg im Nachbarland Jemen. Zwar verfügen alle Staaten der Golfregion über hohe Devisenreserven, um Rückgänge auf der Einnahmenseite auszugleichen, auf Dauer schadet dieses Vorgehen aber der eigenen Kreditwürdigkeit und finanziellen Widerstandskraft.

Wie schnell Devisen-Guthaben abschmelzen können, zeigt das Beispiel Saudi-Arabiens:  allein seit Mitte 2015 sind dessen Devisenreserven um etwa 100 Milliarden auf 635 Milliarden Dollar gesunken. Eine Rolle bei der derzeitigen Verkaufswelle dürfte auch spielen, dass Saudi-Arabien den Umfang seiner Investitionen an volatilen Aktienmärkten verringern möchte.

Führende Vermögensverwalter gehen davon aus, dass der Rückzug aus den Märkten noch so lange anhalten werde, bis die Preise für Erdöl wieder zu steigen beginnen. „Was wir sicher wissen ist, dass wir weitere Rücknahmen erleben werden, solange der Ölpreis niedrig bleibt – insbesondere von staatlichen Institutionen“, sagte der Vorsitzende von Aberdeen Asset Management (AAM), Martin Gilbert. Kürzlich gab der Vermögensverwalter bekannt, dass ölexportierende Länder und andere Kunden im vierten Quartal über 19 Milliarden Dollar aus ihren bei AAM gehaltenen Depots abgezogen haben.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik Warum sprechen diese Woche alle über Trumps „Big Beautiful Bill“?
01.07.2025

Es ist Trumps größtes Prestigeprojekt. Doch welche Vor- und Nachteile hat das Gesetzespaket, das am Freitag unterschriftsreif auf dem...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Kernenergie-Aktien explodieren um 542 Prozent: Anleger warnen vor Blasenbildung
01.07.2025

Kernenergie-Aktien feiern ein spektakuläres Comeback – befeuert durch den steigenden Strombedarf für Rechenzentren. Die Branche erlebt...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Svenska Digitaltolk: Dolmetscher-Gigant kauft KI-Unternehmen – Millionenumsatz prognostiziert
01.07.2025

Schwedens Dolmetscher-Gigant will Europas Übersetzungsmarkt aufrollen – mit KI, Millionenplänen und dem Griff nach Deutschland. Doch...

DWN
Politik
Politik Grenze zu – zumindest teilweise: Polen kontrolliert ab Montag
01.07.2025

Polen wird ab kommendem Montag vorübergehend wieder Grenzkontrollen an der Grenze zu Deutschland einführen. Das kündigte...

DWN
Politik
Politik Krankenkassen schlagen Alarm: Zusatzbeiträge könnten deutlich steigen
01.07.2025

Die gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) warnen vor Druck zu neuen Beitragserhöhungen ohne eine rasche Bremse für steigende Kosten....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Thyssenkrupp-Umbau betrifft Tausende – Betriebsräte fordern Klarheit
01.07.2025

Angesichts weitreichender Umbaupläne bei Thyssenkrupp fordern die Beschäftigten klare Zusagen zur Zukunftssicherung. Betriebsräte pochen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Neues Werk für NATO-Kampfjet: Rheinmetall startet Produktion in NRW
01.07.2025

Der Rüstungskonzern Rheinmetall hat in Weeze (Nordrhein-Westfalen) eine hochmoderne Fertigungsanlage für Bauteile des Tarnkappenbombers...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Investitionsstau: Kaputte Straßen, marode Schulen – Kommunen am Limit
01.07.2025

Viele Städte und Gemeinden stehen finanziell mit dem Rücken zur Wand: Allein die Instandhaltung von Straßen, Schulen und...