Finanzen

Niedrig-Zins gefährdet Betriebs-Renten: Industrie schickt Hilferuf an die Politik

Deutsche Industrie-Unternehmer sind mit den Auswirkungen der Niedrigzins-Politik zunehmend überfordert. Sie müssen immer mehr Geld zurück legen, um für ihre Betriebsrenten vorzusorgen. 23 Finanzvorstände fordern in einem Brief an den Bundestag nun eine bessere zinsliche Bewertung ihrer Pensionsrückstellungen.
09.02.2016 17:11
Lesezeit: 1 min

Die deutsche Industrie fordert mehr Unterstützung der Politik bei der Bewältigung der Niedrigzinsphase. In einem Reuters am Dienstag vorliegenden Brief an den Bundestags-Rechtsausschuss dringen 23 Finanzvorstände auf stärkere Erleichterungen bei der Bewertung ihrer milliardenschweren Pensionsrückstellungen. Das Problem: Wegen der niedrigen Zinsen müssen sie immer mehr Geld auf die hohe Kante legen, um für ihre Betriebsrenten vorzusorgen. Die Bundesregierung will den Konzernen deshalb bei dem Rechnungszins entgegenkommen, den sie zur Kalkulation ihrer Vorsorge heranziehen müssen - den Unternehmen reicht das nicht.

Nach den bisherigen Plänen der Bundesregierung sollen die Unternehmen bei der Berechnung ihrer Rückstellungen künftig den durchschnittlichen Marktzins der vergangenen zehn statt bisher sieben Jahre zugrunde legen dürfen. Der seit der Finanzkrise 2008/2009 beschleunigte Zinsverfall schlüge sich damit weniger stark nieder, so dass der Rückstellungsaufwand verringert würde.

In dem Schreiben an den Rechtsausschuss, der am Montag in einer öffentlichen Anhörung über die Änderungspläne berät, fordern die Unternehmen nun, einen Zinssatz von 4,5 Prozent bis auf weiteres gesetzlich zu fixieren. „Für die deutschen Unternehmen würde dies in Zeiten hoher Volatilität eine gewisse Planungssicherheit bedeuten“, heißt es in dem Brief. Bei einem Zehn-Jahres-Durchschnitt läge der Satz bei 4,3 Prozent, was aus Sicht der Unternehmen ihr Eigenkapital weiter belasten würde.

Alternativ schlagen die Finanzvorstände vor, den Zeitraum für die Durchschnitts-Berechnung auf 15 Jahre auszudehnen. Das liefe auf einen Zins von 4,67 Prozent hinaus und würde die Konzerne in der handelsrechtlichen Gewinn- und Verlustrechnung sogar unmittelbar entlasten. Den Brief unterschrieben haben unter anderem die Finanzvorstände von Bayer, Deutscher Post Siemens, Continental, Lufthansa, adidas und Metro.

Kritik äußerten die Unternehmen auch an dem Vorhaben der Regierung, die Ausweitung des Bewertungszeitraums mit einer Ausschüttungssperre zu verknüpfen. Dadurch soll vermieden werden, dass die Konzerne deshalb mehr Gewinne ausschütten. Den Vorständen zufolge würde das komplizierte Berechnungen nach sich ziehen, ein Verzicht darauf wäre deshalb eine Erleichterung.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Geldanlage: Mit einem Fondsdepot mehr aus dem eigenen Geld machen

Wer vor zehn Jahren 50.000 Euro in den Weltaktienindex investiert hat, kann sich heute über mehr als 250.000 Euro freuen! Mit der...

DWN
Finanzen
Finanzen BlackRock: Die unsichtbare Macht eines Finanzgiganten
23.02.2025

BlackRock ist der weltweit größte Vermögensverwalter – doch wie groß ist sein Einfluss wirklich? Buchautor Werner Rügemer erklärt,...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Wirtschaft in der Krise – Welche Pläne haben die Parteien für Deutschland?
23.02.2025

Deutschland steckt in der Wirtschaftskrise – und die Bundestagswahl steht bevor. Wie wollen die Parteien Wachstum fördern, Steuern...

DWN
Politik
Politik Bundeswehr verstärkt Heimatschutz – neue Truppe startet im März
23.02.2025

Die Bundeswehr richtet ihre Verteidigung neu aus: Mit der Heimatschutzdivision will sie kritische Infrastruktur schützen und auf mögliche...

DWN
Politik
Politik Wahlkampf 2025: CDU/CSU zwischen Neustart und Tabubruch
23.02.2025

CDU und CSU setzen auf Steuererleichterungen, das Ende des Bürgergeldes und eine härtere Migrationspolitik. Doch wie realistisch sind die...

DWN
Politik
Politik Wie wähle ich bei der Bundestagswahl? Deutschland verweigert wahlberechtigten Auslandsdeutschen ihre Stimme abzugeben
22.02.2025

Mehrere Auslandsdeutsche berichten, zu spät oder bislang noch gar keine Wahlunterlagen erhalten zu haben. Nun drohen die Stimmen dieser...

DWN
Politik
Politik Rente mit 63: Wer wirklich von der abschlagsfreien Rente profitiert
22.02.2025

Die abschlagsfreie Rente nach 45 Beitragsjahren ist für Menschen gedacht, die beruflich sehr stark belastet sind. Doch aktuelle DIW-Zahlen...

DWN
Politik
Politik Alternativen zu Trumps Appeasement-Politik gegenüber Russland
22.02.2025

US-Präsident Donald Trump sagt, er wolle der Ukraine Frieden bringen. Aber sein Ansatz kann nicht funktionieren, weil er das Problem der...

DWN
Panorama
Panorama Deutschland "kaputt": Münchaus düstere Prognose für die Wirtschaft
22.02.2025

Deutschland steckt in der Krise – und es gibt kaum Hoffnung auf Besserung. Der deutsch-britische Autor Wolfgang Münchau sieht das Land...