Finanzen

Studie: EU-Bankenunion könnte Deutschland in den Abgrund reißen

Der Think Tank Open Europe hält eine europäische Bankenunion für nicht durchführbar: Allein die Assets im britischen Finanzsektor sind viermal größer als die gesamte deutsche Volkswirtschaft. Die Komplexität einer solchen Union wäre ein gefundenes Fressen für Hasardeure aus Politik und Geldwirtschaft.
11.12.2012 17:30
Lesezeit: 1 min

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Die aktuellen Entwürfe für eine europäische Bankenunion haben für den Notfall keine effektive Einlagensicherung für den europäischen Bankensektor, der ein Kreditvolumen von mehr als 47 Billionen Euro aufweist. Zu diesem Schluss kommt der britische Think Tank Open Europe in einer Pressemitteilung von Dienstag. Ohne einen finanziellen Rückhalt für diese gewaltige Summe ist keine Bankenunion denkbar.

Es sei denn, es gebe einen weiteren Absicherungsfonds, dem allerdings wieder alle Mitgliedstaaten zustimmen müssten. Dieser Fond müsste Einlagen in Höhe von mindestens 500 Milliarden Euro aufweisen, dazu kommen noch Garantien in Höhe von 96 Milliarden für die Eurozone und 114 Milliarden für Europa insgesamt. Der Haken: es müssten entscheidende europäische Verträge geändert werden, um so ein komplexes Unterfangen umzusetzen.

Die Staaten müssten in bisher ungeahntem Ausmaß Handlungskompetenz an die Institutionen der EU abtreten.  „Daher ist die momentane Aufteilung der Bankenunion – Überwachung jetzt, Absicherung später – wichtig für Deutschland und andere Staaten“, der Direktor von Open Europe Mats Persson. „Es bleibt aber weiterhin unklar, ob es die Eurozone überhaupt über den ersten Schritt hinausschafft.“

In so einem Szenario stehen die starken Volkswirtschaften für die schwachen ein. Das könnte falsche Anreize an Spekulanten aussenden, die sich zunehmend unverantwortlich benehmen könnten, da ja jemand anderes für die Zeche zahlt. Außerdem wäre es „inakzeptabel für Großbritannien, sich an der Bankenunion zu beteiligen“, sagt Persson. Die Einlagen im Bankensektor Großbritanniens seien mit 10,2 Billionen Euro vier Mal größer als in Deutschland. „Es gibt keine Möglichkeit, dass die Eurozone für diese Summe garantieren kann, weder finanziell, noch politisch“, so Persson weiter.

Außerdem fehlt die demokratische Legitimation der EU für so ein Unterfangen. Die Notenbankpolitik der Bundesrepublik Deutschland kann nicht auf Europa übertragen werden. Ohne eine tiefgreifende Veränderung der grundlegenden EU-Verträge dürften die Steuergelder der EU-Bürger nicht angerührt werden.

Aufgrund der schieren Größe des britischen Bankensektors hätte eine gemeinsame Bankenunion Deutschland auf dem Höhepunkt der Finanzkrise 2008 in den Abgrund gerissen. Schätzungen zufolge hätte die Bundesrepublik 400 Milliarden Euro zahlen müssen. Da die Briten ihrerseits bereits Maßnahmen zur Sanierung ihres Bankensektors eingeleitet haben, ist die Herausbildung einer gemeinsamen Bankenunion in der EU nach Ansicht der Experten von Open Europe so nicht machbar.

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