Politik

Schäuble gerät wegen Panama Papers unter Druck

Die Panama Papers erreichen auch die Bundesregierung: Die staatliche Bundesdruckerei soll für Geschäfte mit Venezuela einen Briefkasten in Panama benutzt haben. Diesbezügliche Warnungen eines Whistleblowers wurden offenbar von Schäubles Finanzministerium in den Wind geschlagen. Schäuble legte einen Plan vor, wie Steuerbetrug und Geldwäsche stärker bekämpft werden sollen.
11.04.2016 02:14
Lesezeit: 2 min

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat nach Spiegel-Informationen den Kontakt mit einem Insider verweigert, der über angeblich dubiose Geschäfte der Bundesdruckerei auspacken wollte. Das Staatsunternehmen habe für Geschäfte in Venezuela eine Briefkastenfirma in Panama benutzt, deren Name neben dem der Bundesdruckerei in den «Panama Papers» auftauche, berichtet das Magazin. Der Whistleblower habe Schäuble und seinen Staatssekretär Werner Gatzer, der im Aufsichtsrat der Bundesdruckerei sitzt, angeschrieben. Beide hätten jahrelang nicht auf das Angebot reagiert. Das Ministerium wollte den Bericht am Samstag nicht kommentieren.

Laut Spiegel hatte sich der Informant 2012 und 2013 an den Aufsichtsrat der Bundesdruckerei gewandt, um diesem seine Erkenntnisse über mutmaßliche Scheingeschäfte und Betrügereien zu offenbaren. Statt ihn anzuhören, habe ein Anwalt im Auftrag der Bundesdruckerei geschrieben, der Whistleblower solle sich nicht noch mal beim Aufsichtsrat melden.

Der Spiegel zitiert das Finanzministerium mit den Worten, es sei «nicht angezeigt» gewesen, mit dem Whistleblower zu reden, nachdem dieser die Bundesdruckerei verklagt habe. Bei zahlreichen internen wie externen Untersuchungen seien keine Gesetzesverstöße festgestellt worden. Allerdings laufe bei der Bundesdruckerei eine erneute Überprüfung des Venezuela-Geschäfts.

Die Linken-Vorsitzende Sahra Wagenknecht forderte Schäuble auf, sich umgehend zu den Vorwürfen zu äußern. «Es ist unerträglich, dass der Finanzminister in der Öffentlichkeit gerade vollmundig angekündigt hat, gegen Steueroasen vorgehen zu wollen, und einen Tag später einräumen muss, Hinweise auf die Benutzung von Briefkastenfirmen in der ihm unterstellten Bundesdruckerei ignoriert zu haben.» Ein Untersuchungsausschuss erscheine immer dringlicher.

Schäuble legte seinerseits einen Zehn-Punkte-Plan im Kampf gegen Steuerbetrug und Geldwäsche vor. Damit soll es künftig schwieriger werden, Geld vor dem Staat in Steueroasen zu verstecken. Auf die Vorwürfe bezüglich der Bundesdruckerei wird darin nicht eingegangen.

Schäuble schlägt laut dpa unter anderem ein weltweites Firmenregister vor, um «die Hintermänner von Unternehmenskonstruktionen transparenter zu machen». Solche nationalen Transparenzregister müssten dann weltweit miteinander vernetzt werden. Vereinheitlicht werden sollten aus Sicht Schäubles auch die verschiedenen nationalen und internationalen «schwarzen Listen» mit Steueroasen, um bestimmte Geschäfte zu unterbinden.

Künftig sollten zudem auch in Deutschland und Europa Fehlverhalten von Unternehmen und Banken schärfer belangt und dabei auch Manager stärker in Haftung genommen werden. Vorbild sind unter anderem die USA. Ein generelles Verbot von Briefkastenfirmen lehnt Schäuble ab. Auch Panama wird in dem Aktionsplan genannt: «Wenn Panama nicht rasch kooperiert, werden wir dafür eintreten, bestimmte in Panama getätigte Finanzgeschäfte international zu ächten.»

«Wir arbeiten mit großem Nachdruck daran», sagte Schäuble am Sonntagabend in der ARD. Durch die «Panama Papers» erhöhe sich der Druck auf die Länder, die bisher noch nicht am automatischen Informationsaustausch von Finanzdaten teilnehmen wollten. Auch die USA weigerten sich. Mit diesem Informationsaustausch und weltweit vernetzten Transparenzregistern werde es Fortschritte geben: «Wenn ich die beiden System habe, dann finde ich alle ... Leute, die solche Oasen nutzen, um entweder Geld zu waschen oder Steuern zu hinterziehen.» Einfach zu sagen, Briefkastenfirmen verbieten, klinge schön, funktioniere aber nicht, sagte Schäuble.

Ein Medien-Konsortium hatte in den «Panama Papers» über Zehntausende Briefkastenfirmen berichtet, in denen Politiker, Prominente und Sportler aus aller Welt ihr Vermögen geparkt haben sollen. Die Enthüllungen waren durch ein Datenleck bei der Kanzlei Mossack Fonseca in Panama möglich geworden. Laut der Zeitung Die Welt will die Bundesregierung bis zur Sommerpause einen entsprechenden Gesetzentwurf einbringen. Das Vorhaben sei Teil der vierten Anti-Geldwäsche-Richtlinie der EU.

Nach dem Willen Schäubles sollen sich zudem Steuerbetrüger «nicht in die Verjährung» flüchten können: «Es ist nicht hinnehmbar, wenn Steuerhinterzieher auf Straffreiheit durch Verjährung spekulieren können, indem sie Auslandsbeziehungen verschweigen», heißt es in dem 10-Punkte-Plan. Die Verjährungsfrist sollte erst dann beginnen, wenn ein Steuerpflichtiger Meldepflichten für Auslandsbeziehungen nachgekommen sei.

Zugleich soll in Deutschland der Kampf gegen Geldwäsche verstärkt werden. Fortschritte seien auch im Nicht-Finanzsektor nötig. Für die Geldwäschekontrolle im gewerblichen Bereich seien im Wesentlichen die Bundesländer verantwortlich. Die Zentralstelle für Geldwäsche-Verdachtsmeldungen («Financial Intelligence Unit») werde vom Bundeskriminalamt zum Zoll verlagert und dabei mit neuen Kompetenzen und deutlich mehr Personal ausgestattet.

Auch die Finanzminister der führenden Industrie- und Schwellenländer (G20) beraten am Rande der IWF-Frühjahrstagung diese Woche in Washington über Wege zu mehr Transparenz. Grüne und Linke werfen der Bundesregierung vor, jahrelang zu wenig gegen Geldwäsche und Helfershelfer in deutschen Banken getan zu haben.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik EU im Abseits: Trump bevorzugt London und Peking – Brüssel droht der strategische Bedeutungsverlust
12.05.2025

Während Washington und London Handelsabkommen schließen und die USA gegenüber China überraschend Konzessionen zeigen, steht die EU ohne...

DWN
Panorama
Panorama Nach Corona nie wieder gesund? Die stille Epidemie der Erschöpfung
12.05.2025

Seit der Corona-Pandemie hat sich die Zahl der ME/CFS-Betroffenen in Deutschland nahezu verdoppelt. Rund 600.000 Menschen leiden inzwischen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Machtkampf der Tech-Eliten: Bill Gates attackiert Elon Musk – „Er tötet die ärmsten Kinder der Welt“
12.05.2025

Ein milliardenschwerer Konflikt zwischen zwei Symbolfiguren des globalen Technologiekapitalismus tritt offen zutage. Der frühere...

DWN
Politik
Politik Pflege am Limit? Ministerin fordert Reform für mehr Eigenverantwortung
12.05.2025

Pflegekräfte sollen mehr dürfen und besser arbeiten können – das fordert Gesundheitsministerin Nina Warken zum Tag der Pflegenden....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Milliarden ungenutzt: Irischer Top-Investor fordert Einsatz von Pensionsgeldern zur Stärkung europäischer Technologie
12.05.2025

Die europäische Technologiebranche droht im globalen Wettbewerb ins Hintertreffen zu geraten. Der Grund: Staatlich geförderte...

DWN
Politik
Politik Geheime Waffenlieferungen: Kritik an Intransparenz – Ukrainischer Botschafter lobt Merz’ Kurs
12.05.2025

Die neue Bundesregierung unter Friedrich Merz hat entschieden, Waffenlieferungen an die Ukraine künftig wieder geheim zu halten – ein...

DWN
Politik
Politik SPD-Spitze im Umbruch: Bas spricht von historischer Verantwortung
12.05.2025

Die SPD steht nach dem desaströsen Wahlergebnis von 16,4 Prozent bei der Bundestagswahl vor einem umfassenden Neuanfang. In Berlin haben...

DWN
Politik
Politik Beamte in die Rente? SPD und Experten unterstützen Reformidee
12.05.2025

Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas erhält Unterstützung aus der SPD für ihren Vorschlag, künftig auch Beamte, Selbstständige und...