Politik

Böhmermann: Internationale Medien attackieren Merkel

Die Medien in den USA und Großbritannien kritisieren Merkel für ihre Haltung in der Böhmermann-Affäre scharf. Merkel sei aufgrund des Flüchtlings-Deals mit der Türkei auf Erdogan angewiesen.
15.04.2016 18:00
Lesezeit: 2 min

The Atlantic titelt: „In Deutschland sind Witze über Erdogan nicht witzig“. Der Guardian berichtet, dass Merkel Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Auswärtigen Amt, dem Innenministerium, dem Justizministerium und dem Bundeskanzleramt gegeben habe. Merkel sei aufgrund des Flüchtlings-Deals mit der Türkei angewiesen auf Erdogan, so Bloomberg. Offenbar möchte sie den Deal nicht in Gefahr bringen und geht pragmatisch vor.

Die BBC berichtet, dass Böhmermann trotz Merkels Haltung im Inland eine breite Unterstützung findet. Voice of America (VoA) weist darauf hin, dass es bei der Debatte nicht nur um „Majestätsbeleidigung“ gehe. Erdogan habe auch persönlich mit Berufung auf den Paragraphen 185 des deutschen Strafgesetzbuchs (StGB) Strafanzeige gegen Böhmermann gestellt. Diese Paragraphen wird der Bundestag nur schwerlich aus dem Gesetzbuch löschen können. Die regierungsnahen Medien hingegen kritisieren vor allem das ZDF. Das „deutsche Staatsfernsehen“ habe es darauf angelegt, Erdogan und das türkische Volk vorsätzlich zu beleidigen. Doch das ZDF beharre auf seiner Verteidigung der Inhalte, so die Zeitung Sabah.

Nach Informationen der New York Times steht Merkel unter Druck, weil ihr im Umgang mit Erdogan der Verrat der eigenen Werte vorgeworfen wird. Doch auch die Washington Post hatte zuvor Merkel wegen ihrer Haltung in der Böhmermann-Affäre attackiert.

La Repubblica schreibt: Auf dem Spiel stehen in der Tat auf der einen Seite die Beziehung mit der Türkei, auf der anderen die Achtung der Meinungsfreiheit. Corriere della Sera berichtet über den Protest der Künstler, die sich vor wenigen Tagen in einem offenen Brief für Böhmermann aussprachen.

Le Parisien schreibt, dass Böhmermann die Absurdität aufzeigen wollte, weil die Türkei bereits bei der Sendung Extra 3 ein Lied gegen Erdogan attackiert habe. Le Monde berichtet über die „schwierigen Situation“ für Angela Merkel, weil sie die Türkei als Partner braucht.

Der österreichische Kurier kommentiert: „Sie ist wieder da, die Entweder-Oder-Kanzlerin. Kein „Wir schaffen das“, kein moralischer Imperativ mehr – Angela Merkel hat bei ihrer Entscheidung in der Causa Böhmermann wieder ihre alten Tugenden aus dem Hut gezaubert: Sie geht den Weg des vermeintlich geringsten Widerstands.“ Merkel können nur verlieren, daran sei sie allerdings selber schuld: „Hätte Merkel das Böhmermann Gedicht nicht stigmatisiert, als „bewusst verletzend“ bezeichnet, wäre die Causa nie so hochgekocht. So hat Erdogan aus Merkels eigener Schuld bekommen, was er wollte. Im Kanzleramt hofft man nun darauf, dass eintritt, was alle Juristen prophezeien und das Hauptverfahren gegen Böhmermann gar nicht erst eröffnet wird. Das wäre ein wirklich unabhängiges Signal in Sachen Meinungsfreiheit und eine zumindest kleine Niederlage für Erdogan.“

Die Presse meldet, dass sich der österreichische Presserat mit der Zeitung „Österreich“ befassen wird. Diese hatte das Gedicht im Wortlaut abgedruckt. Die Union Europäischer Türkischer Demokraten (UETD) hatte Beschwerde eingelegt.

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