Politik

Böhmermann: ZDF zahlt Rechtsstreit bis zur letzten Instanz

Lesezeit: 2 min
18.04.2016 00:05
Das ZDF will für Jan Böhmermann bis zur letzten Instanz kämpfen. Die Kosten für den Rechtsstreit übernehmen die Gebührenzahler. Juristen erwarten, dass Böhmernann am Ende maximal zu einer kleinen Geldstrafe verurteilt wird.
Böhmermann: ZDF zahlt Rechtsstreit bis zur letzten Instanz
Jan Böhmermann. (Screenshot: Dailymotion)

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

ZDF-Moderator Jan Böhmermann hat angekündigt, „eine kleine Fernsehpause“ einlegen zu wollen. Das ZDF bestätigte kurz darauf eine vierwöchige Produktionspause seines Moderators – bis zum 12. Mai. „Das ZDF respektiert diese Entscheidung“, hieß es in einem knappen Statement. Auch im Radio wird Böhmermann in den kommenden Wochen nicht zu hören sein.

Zuvor hatten im Streit um ein Schmähgedicht Böhmermanns beide Seiten juristischen Durchhaltewillen bekundet. „Ich streite es durch, bis ich obsiege“, sagte der Münchner Anwalt Michael von Sprenger, der den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan vertritt. Notfalls werde er bis vor das Bundesverfassungsgericht ziehen, betonte er. Im Gegenzug kündigte ZDF-Intendant Thomas Bellut „vollen Rechtsschutz“ für Böhmermann an: „Wir gehen mit ihm durch alle Instanzen“, sagte er dem Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“.

Böhmermann hatte in seiner satirischen TV-Show „Neo Magazin Royale“ (ZDF) den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan in dem Gedicht mit drastischen Worten angegriffen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte die deutsche Justiz am Freitag ermächtigt, gegen den 35-Jährigen zu ermitteln. Damit gab sie im Namen der Bundesregierung einem Antrag der Türkei statt. Zwei Umfragen im Auftrag von „Bild am Sonntag“ und dem ARD-„Bericht aus Berlin“ ergaben, dass etwa zwei Drittel der Menschen in Deutschland diese Entscheidung für nicht richtig halten.

Böhmermanns Fernsehsendung lief bisher jeweils donnerstagabends beim Spartensender ZDFneo und am späten Freitagabend im Hauptsender ZDF. Was stattdessen gezeigt werde, sie derzeit noch offen, hieß es vom ZDF. Auch bei seiner Radiosendung „Sanft & Sorgfältig“ setzt der Satiriker weiter aus. Sein Management habe mitgeteilt, dass es im April keine Ausgabe der radioeins-Show mehr geben solle, sagte ein Sprecher des Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) am Sonntag.

„Ich halte es für richtig, dass Richter über das sogenannte Gedicht von Herrn Böhmermann entscheiden“, sagte der frühere Bundestagspräsident und SPD-Politiker Wolfgang Thierse der „Saarbrücker Zeitung“. „Ich bedauere die Entscheidung und hoffe, dass der Türkei eine Lektion in puncto Meinungsfreiheit erteilt wird“, sagte CDU-Innenexperte Wolfgang Bosbach der „Mitteldeutschen Zeitung“.

Der Vorsitzende der konservativ-liberalen Partei Alfa, Bernd Lucke, warf Böhmermann Feigheit vor. „Ihn (Erdogan) abzuwatschen, ist leichtes Spiel. Da klatscht das Publikum, weil es den ungeliebten Erdogan erwischt. Da lacht es über die primitiven Vulgaritäten“, schrieb Lucke auf seiner Internetseite. Außerdem äußerte sich Lucke in beleidigender Weise über Böhmermann – ein für einen Professor doch eher ungewöhnliches Stilmittel.

Laut Paragraf 103 Strafgesetzbuch muss, wer einen ausländischen Staatschef beleidigt, in Deutschland mit bis zu drei Jahren Haft oder einer Geldstrafe rechnen. Aber: „Ob es zu einer Verurteilung kommen wird, ist völlig offen“, sagte die ehemalige Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) der „Passauer Neue Presse“. Wenn überhaupt, drohe dem Fall Böhmermann nur eine geringe Geldstrafe. „Die würde dann hoffentlich das ZDF übernehmen.“

 

*** Bestellen Sie den täglichen Newsletter der Deutschen Wirtschafts Nachrichten: Die wichtigsten aktuellen News und die exklusiven Stories bereits am frühen Morgen. Verschaffen Sie sich einen Informations-Vorsprung. Anmeldung zum Gratis-Newsletter hier. ***

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Bildung für die Zukunft SOS-Kinderdorf Thüringen im Einsatz für die Demokratie

In einer Zeit, in der die Unzufriedenheit mit der Politik wächst, engagiert sich das SOS-Kinderdorf Thüringen mit einem Demokratieprojekt...

DWN
Immobilien
Immobilien Grundsteuer 2025: Alles rund um die Neuerung
21.12.2024

Ab Januar 2025 kommt die neue Grundsteuer in Deutschland zum Einsatz. Viele Hausbesitzer und künftige Käufer sind besorgt. Und das...

DWN
Immobilien
Immobilien Förderung jetzt auch für Kauf denkmalgeschützter Häuser
21.12.2024

Wer ein altes Haus kauft und klimafreundlich saniert, bekommt oft Hilfe vom Staat. Das gilt künftig auch für Denkmäler.

DWN
Politik
Politik So wollen die Schweiz und die EU enger zusammenarbeiten
21.12.2024

Die Schweiz ist nicht in der EU, aber es gibt etliche Abkommen. Doch die sind teils veraltet. Das soll sich nun ändern. Was bedeutet das...

DWN
Panorama
Panorama Magdeburg: Anschlag auf Weihnachtsmarkt - fünf Tote, 200 Verletzte - Verdächtiger ist verwirrter Islam-Gegner
21.12.2024

Einen Tag nach der tödlichen Attacke auf dem Weihnachtsmarkt in Magdeburg sitzt der Schock tief. Erste Details zum Tatverdächtigen werden...

DWN
Finanzen
Finanzen US-Börsen: Eine Erinnerung an ausreichend Risikokontrolle
21.12.2024

Die vergangene Woche brachte einen deutlichen Ausverkauf an den Aktienmärkten, der von Experten als gesunde Entwicklung gewertet wird....

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Kampf gegen Monopole: Europas Schlüsselrolle im Kampf gegen Big Tech und für den Klimaschutz
21.12.2024

Teresa Ribera steht vor einer gewaltigen Herausforderung. Die sozialistische Vizepremierministerin Spaniens wurde im September von der...

DWN
Finanzen
Finanzen Nach Trumps missglücktem Finanztrick: Stillstand der US-Regierung doch noch abgewendet
21.12.2024

Der US-Kongress hat einen drohenden Stillstand der Regierungsgeschäfte im letzten Moment abgewendet. Nach dem Repräsentantenhaus...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Griechenlands Wirtschaft boomt: Erfolgreiche Steuerreformen und starke Investitionen treiben den Aufschwung
21.12.2024

Griechenlands Wirtschaft überrascht: Für 2025 erwartet das Land einen Haushaltsüberschuss von 13,5 Milliarden Euro – mehr als doppelt...