Politik

Riskante Ernennung: Neuer BND-Chef in Panama Papers verwickelt

Der neue BND-Chef Bruno Kahl gerät in den Sog der Panama Papers. Kahl war Aufsichtsrat der Bundesdruckerei, als ein Whistleblower das Gremium vor einem Offshore-Deal der Bundesdruckerei warnen wollte. Der Aufsichtsrat ignorierte die Warnung. Es ist rätselhaft, warum Kahl trotz dieser sensiblen Sache nun Chef des BND werden kann.
28.04.2016 01:58
Lesezeit: 1 min

Der neue BND-Chef Bruno Kahl, der auch ein enger Vertrauter von Finanzminister Wolfgang Schäuble ist, ist seit dem Jahr 2011 Aufsichtsratsmitglied der Bundesdruckerei, die dem Bundesfinanzministerium untersteht. Beobachter in den europäischen Diensten rätseln, warum ein Mann, der indirekt in den Panama-Papers vorkommt, in eine solche sensible Position gehoben wird.

Die Bundesdruckerei soll nach Angaben der Panama Papers für ihre Geschäfte in Venezuela eine Briefkastenfirma in Panama benutzt haben. In den Jahren 2012 und 2013 wandte sich ein Informant an den Aufsichtsrat der Bundesdruckerei, um die Mitglieder über dubiose Geschäfte der Bundesdruckerei zu informieren, berichtet der Spiegel.

Doch Kahl und die anderen Aufsichtsratsmitglieder wollten den Informanten nicht anhören. Stattdessen ließ die Bundesdruckerei dem Informanten über einen Anwalt mitteilen, dass er nie wieder Kontakt mit ihr oder dem Aufsichtsrat aufnehmen soll. Im Aufsichtsrat der Bundesdruckerei sitzt auch August Hanning, der von 1998 bis 2005 BND-Chef war und unter dem die Zusammenarbeit zwischen BND und NSA bei der Ausspähung von Daten im großen Stil durchgeführt wurde. Den NSA-Abhörskandal spielte Hanning  herunter. „Ich möchte klarstellen, dass Sie natürlich damit rechnen müssen, dass jeder, der offen kommuniziert, abgehört wird“, zitiert ihn die FAZ.

Im Zusammenhang mit den Geschäften der Bundesdruckerei in Panama verweigerte auch Finanzminister Wolfgang Schäuble den Kontakt zum Informanten, der sich zuvor an Kahl, Hanning und die anderen Aufsichtsratsmitglieder gewandt hatte. „Es ist unerträglich, dass der Finanzminister in der Öffentlichkeit gerade vollmundig angekündigt hat, gegen Steueroasen vorgehen zu wollen, und einen Tag später einräumen muss, Hinweise auf die Benutzung von Briefkastenfirmen in der ihm unterstellten Bundesdruckerei ignoriert zu haben“, sagte Sahra Wagenknecht zum Vorfall.

Das Bundesfinanzministerium meldete wenig später in einer Mitteilung: „Der Sachverhalt ist bekannt und war auch Gegenstand staatsanwaltlicher Ermittlungen sowie externer und interner Untersuchungen der Bundesdruckerei (…) Anhaltspunkte für rechtswidriges oder gar strafbares Verhalten haben sich bisher nicht ergeben.“

Bruno Kahl war vom 1. Dezember 2010 bis zum 26. Dezember 2012 Vizevorsitzender des Aufsichtsrats von TLG Immobilien. Er war Mitglied im  Aufsichtsrat des WestLB-Nachfolgers  Portigon AG Financial Services, berichtet Bloomberg. Derzeit ist er Leiter der Abteilung VIII (Privatisierungen, Beteiligungen und Bundesimmobilien) im Bundesfinanzministerium.

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