Politik

Mehrheit der Deutschen lehnt aggressive Politik gegen Russland ab

Lesezeit: 2 min
09.05.2016 14:47
Einer aktuellen Umfrage zufolge sind 57 Prozent der Deutschen gegen die Entsendung von Bundeswehr-Truppen ins Baltikum. Sie lehnen eine aggressive Politik gegenüber Russland ab - und widersprechen somit der Politik von Angela Merkel.
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Einer Studie der Bertelsmann-Stiftung und des Warsaw Institute of Public Affairs zufolge sind 57 Prozent der Deutschen gegen die Idee, dass Bundeswehr-Soldaten ins Baltikum entsendet werden, um Nato-Staaten wie Polen oder die baltischen Staaten gegen Russland zu schützen. Nur 31 Prozent der Deutschen sind der Meinung, dass Deutschland bei einer russischen Attacke auf diese Staaten, sich an den Nato-Bündnisfall halten soll. Allerdings hat diese überwiegende Haltung der Deutschen nichts mit einer Ablehnung gegenüber den Osteuropäern oder den Balten zu tun.

Die Mehrheit der Deutschen sieht in Russland keine Gefahr und kann es nicht nachvollziehen, warum die Nato ihre Stützpunkte in Osteuropa ausbaut. In der Studie heißt es: „Diese Zurückhaltung ist höchstwahrscheinlich auf den deutschen Pazifismus, der sich gegen militärische Engagements im Ausland richtet, zurückzuführen. Doch die Sorge um den Einsatz der deutschen Armee in Gebieten, die einst von den Deutschen besetzt gewesen sind, wiegt offenbar schwerer“. Hinzu kommt, dass die Deutschen gegen jegliche Handlungen sind, die Russland provozieren könnten.

Zudem sind 49 Prozent der Deutschen gegen den Ausbau von Nato-Stützpunkten an der Ostflanke des transatlantischen Bündnisses. 40 Prozent der Deutschen unterstützen den Ausbau des Stützpunkt-Netzes. Dabei gibt es Unterschiede zwischen West- und Ost-Deutschen. Während 42 Prozent der West-Deutschen die Gründung von Nato-Stützpunkten im Baltikum und in Ost-Europa unterstützen, sprechen sich nur 33 Prozent der Ost-Deutschen dafür aus.

Die Ablehnung der Deutschen für einen Militäreinsatz sind für die Fragesteller vermutlich auch deswegen interessant, weil die Antworten auf die anderen Fragen zeigen, dass die Anti-Putin-Propaganda auch in Deutschland durchaus Wirkung zeigt: So wird gleich bei der ersten Frage mitgeteilt, dass 64 Prozent der Befragten Putin für nicht sonderlich vertrauenerweckend halten. Russlands Militärengagement in Syrien sollen demnach 66 Prozent für negativ halten - eine Zahl, die man eigentlich nur schwer nachvollziehen kann. Sogar die UN haben den Russen bescheinigt, als einzige Weltmacht entscheiden gegen den IS vorzugehen.

Interessant wird es bei der Energie-Frage: Hier sagen immerhin 39 Prozent, dass die engen Verbindungen zwischen Deutschland und Russland im Energie-Sektor sehr positiv oder positiv seien. Die Energie-Branche ist das zentrale Feld, in dem es beim neuen Kalten Krieg zwischen den USA und Russland geht: Die Amerikaner wollen den Russen den europäischen Energiemarkt abjagen und zugleich etwas für die Rüstungsindustrie tun, indem sie den Markt als besonders bedroht darstellen.

Die Bundesregierung verfolgt daher in Militär-Fragen konsequent einen anderen Kurs als die Bundesbürger: Bundeskanzlerin Angela Merkel hat die deutsche Milität-Doktrin gegen Russland ausgerichtet, nachdem die Nato dies für ihren Bereich vollzogen hatte. Nun wird folgerichtig die Truppenstärke erhöht, eine Forderung, die zuletzt US-Präsident Barack Obama in Hannover erhoben hatte.

Nach einer deutlichen Aufstockung des Bundeswehr-Etats will Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen die Zahl der Soldaten erhöhen. Am kommenden Dienstag wird die CDU-Politikerin ihr neues Personalkonzept vorlegen, das eine Abschaffung der starren Obergrenze von 185 000 Soldaten vorsieht. Nach einem dpa-Bericht sollen zunächst 7.000 neue Stellen geschaffen werden.

Von der Leyen will ihr Konzept am Dienstag den Verteidigungsexperten der Koalitionsfraktionen vorlegen. Sie hat bereits vor einer Woche im Bundestag angekündigt, es werde keine starre Obergrenze für die Truppenstärke mehr geben.

Das Kabinett hat eine deutliche Aufstockung des Wehretats in den nächsten Jahren beschlossen. Bis 2020 soll er von derzeit 34,3 auf 39,2 Milliarden Euro wachsen.

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