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Deutschland gehört zu den größten Gewinnern der Globalisierung

Lesezeit: 3 min
25.10.2016 12:59
Die Globalisierung hat seit der Finanzkrise von 2006/2007 deutlich abgenommen. Die internationale Vernetzung zwischen den Staaten hat abgenommen. Nichtsdestotrotz profitiert Deutschland mit einigen weiteren Industrieländern weiterhin erheblich von der Globalisierung.
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Im Zuge der TTIP- und CETA-Diskussion geht es bei den Kritikern oft auch um die Gefahren der zunehmenden Globalisierung. Tatsächlich aber ist die Verflechtung der Staaten seit der Finanzkrise von 2007 kontinuierlich wieder zurückgegangen. In 35 von 42 beobachteten Ländern schrumpfte der seit 1990 gepflegte Globalisierungsindex. Während er zwischen 1990 und 2007 von 46,4 auf 65,1 Punkte zulegte, liegt der Index nun bei durchschnittlich 62,6 Punkten, so der Globalisierungsreport 2016.

In Deutschland sinkt der Globalisierungsgrad sogar bereits seit 2003. Er fiel von 72 Punkten auf zuletzt 65,7 Punkte. Pro Jahr hat die Globalisierung von 1990 bis 2014 das deutsche BIP durchschnittlich um 1.130 Euro pro Kopf erhöht „Deutschland profitiert wie kaum ein anderer Staat von der Vernetzung und zeigt, dass Globalisierung nicht zu einem Wettrennen um die billigsten Arbeitsplätze verkommen muss“, sagt Studienautor Aart De Geus.

Die Gewinner der Globalisierung sind jedoch nicht immer die vermeintlich großen Staaten. „Der Globalisierungsindex zeigt, dass mit Irland, den Niederlanden und Belgien vor allem hoch entwickelte, gut vernetzte und tendenziell kleinere Volkswirtschaften besonders hohe Ausprägungen des Globalisierungsniveaus aufweisen“, so die Studie. Deutschland beispielsweise befindet sich auf Rang 20, hinter Neuseeland und knapp vor Australien. Das Schlusslicht bilden die Schwellenländer. Doch auch hier gibt es eine Einschränkung:

„Die schwachen Positionen der Schwellenländer im Hinblick auf die absoluten Globalisierungsgewinne – insbesondere Chinas – sind unter anderem auf deren niedrige Das Wichtigste in Kürze Wirtschaftsleistung je Einwohner im Ausgangsjahr zurückzuführen. Ein abweichendes Bild zeigt die Betrachtung der relativen Globalisierungsgewinne: So beträgt der jahresdurchschnittliche globalisierungsinduzierte Einkommensgewinn je Einwohner in Relation zum Bruttoinlandsprodukt je Einwohner im Jahr 1990 für China rund 17 %, für Deutschland hingegen gut 5 % und für die USA lediglich 1,5 %. (…) Die Gruppe der Schwellenländer hat relativ zur Gruppe der Industrieländer zwischen 1995 und 2014 auf den Weltmärkten massiv an Bedeutung gewonnen. Dabei zeigt sich, dass der Zuwachs der Schwellenländer zu einem sehr großen Teil auf dem enormen Wachstum Chinas beruht. Zudem ist zu erkennen, dass sich einige Industrieländer – insbesondere Deutschland – trotz der neuen Konkurrenz aus den aufstrebenden Volkswirtschaften gut behaupten konnten.“

Der Gesamtindex zur Globalisierung ist das Ergebnis von drei Teilindizes (Wirtschaft, Soziales und Politik). So sind die Irland, die Niederlande und Belgien auf den vorderen Plätzen, da sie vor allem bei den Teilindizes Wirtschaft und Soziales gut abgeschlossen haben. Andererseits ist China auf einem der hinteren Ränge im Gesamtindex, weil das Land im Teilindex Wirtschaft nicht so gut abschneidet. Das liegt daran, dass es bei dem Teilindex nicht nur um reine Transaktionen und deren Größe geht, sondern beispielsweise auch um Restriktionen, die den Handel erschweren. Und davon gibt es in China etliche. „Am stärksten ausgeprägt ist dies für den Indikator Kapitalkontrollen. China weist für diesen Indikator mit 3,5 Punkten den fünftniedrigsten Wert aller betrachteten Länder aus.“ Irland oder die Niederlande verzeichnen hier Werte zwischen 8 und 9 Punkten. Darüber hinaus sind die ausländischen Direktinvestitionen im Verhältnis zum BIP Chinas nicht sehr hoch (18 %), der Handel mit Dienstleistungen erreicht hier sogar nur 5 Prozent zum BIP.

Deutschland belegt im Gesamtindex und auch in den Teilindizes nur mittlere Plätze, obwohl es lange Zeit den inoffiziellen Titel „Exportweltmeister“ trägz. „Bei der Interpretation solcher Ausprägungen ist zu beachten, dass hohe oder niedrige Werte nicht mit einer Wertung verbunden sind. Sie messen zunächst lediglich, inwieweit ein Land (in den jeweiligen Teilbereichen) mit der übrigen Welt vernetzt ist“, so die Studie. Unternehmen in kleineren Ländern wie Irland und Tschechien etwa sind viel stärker von Zulieferern aus anderen Ländern abhängig als Unternehmen in großen Volkswirtschaften wie Deutschland. Und so exportierte und importierte Tschechien 2014 Awaren im Wert von 137 Prozent in Relation zur Wirtschaftsleistung. Deutschland  nur 69 Prozent.

Dennoch profitiert Deutschland von der Globalisierung: Der Studie zufolge hat Deutschland „bei einem durchschnittlichen Anstieg des Globalisierungsindex von 0,53 Punkten pro Jahr zwischen 1990 und 2014 jährlich 0,16 Prozentpunkte seines Pro-Kopf-Wachstums der fortschreitenden Vernetzung mit der übrigen Welt verdankt“. Insgesamt betrug das durchschnittliche Wachstum des Bruttoinlandsprodukts je Einwohner im selben Zeitraum 1,37 Prozent. „Damit kommt der Globalisierung eine wichtige Bedeutung zu.“

Das spiegelt sich auch bei den Einkommensgewinnen wieder. In Deutschland sind die Globalisierungsgewinne der Einkommen doppelt so hoch wie in den USA und auch höher als in Spanien, Frankreich und Kanada.

 


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