Politik

BKA: IS nützt offene Grenzen, um gezielt Terroristen einzuschleusen

Das Bundeskriminalamt gibt an, dass die Terror-Miliz IS die Flüchtlingsbewegung gezielt nutze, um Terroristen nach Europa einzuschleusen. Die Gefahr sei durch die offenen Grenzen und die mangelhafte Registrierung erheblich. Bayern prangert die „eklatanten Kontroll-Lücken“ an.
15.09.2016 01:37
Lesezeit: 2 min

BKA-Chef Holger Münch erklärte im ZDF, mit der Einschleusung von Personen über die Flüchtlingsströme wolle der IS der Angst verbreiten. Es müsse davon ausgehen, dass die in den offenbar gefälschten Papieren als Syrer ausgegebenen Männer eine Rolle bei Anschlagsplanungen gespielt hätten. Es hätten Verbindungen zur Kerngruppe des IS bestanden. Möglicherweise hätten sie Anschläge gemeinsam mit anderen Personen verüben wollen. Die Männer wurden nach Angaben der Bundesanwaltschaft inzwischen dem Haftrichter vorgeführt, der Untersuchungshaft anordnete. Alle drei hätten keine Aussagen gemacht.

Nach Angaben von Verfassungsschutz-Präsident Hans-Georg Maaßen kommen vom IS inzwischen gut ausgerüstete Täter zum Einsatz, die in mehreren mobilen Zellen agierten. Verschiedene Tätergruppen wie Schläferzellen, Rückkehrer und als Flüchtlinge eingeschleuste Dschihadisten agierten zusammen. Ein immer größeres Rekrutierungspool ergebe die inzwischen aus den 9200 Salafisten in Deutschland, deren Zahl ungebremst steige und noch im Juni bei 8900 gelegen habe.

Nach Angaben Maaßens wächst in Europa zudem die Gefahr durch Islamisten, bei denen es sich scheinbar um Einzeltäter handele, die aber "virtuell aus dem Ausland über Instant Messaging ferngesteuert" würden. Dies sei eine besondere Herausforderung für die Behörden. So soll der Attentäter von Ansbach im Juli Anleitung über einen Handy-Chat bekommen haben. Auch die Täter von Nizza und Würzburg standen offenbar mit dem IS in Kontakt.

Islamisten nutzen das Internet den Angaben zufolge als eine zentrale Plattform für Radikalisierung, für die Rekrutierung von Kämpfern, die Kommunikation und Steuerung von Dschihadisten sowie zur Planung und Vermarktung von Anschlägen. "Islamistische Terroristen setzen auf das Internet und die sozialen Medien als Werkzeug hybrider Kriegsführung", sagte Maaßen.

Nach der Festnahme von drei mutmaßlichen IS-Mitgliedern in norddeutschen Flüchtlingsunterkünften ist in Deutschland eine Debatte über die Überprüfung von Migranten entbrannt. Der bayerische Innenminister Joachim Herrmann sagte, es rächten sich die "eklatanten Kontrolllücken", die insbesondere beim immensen Flüchtlingsstrom im Herbst vergangenen Jahres bestanden hätten. Die Bundesregierung wie das Bundeskriminalamt (BKA) verwiesen hingegen darauf, dass die drei Männer wenige Wochen nach ihrer Ankunft im November vergangenen Jahres registriert worden seien. Zudem standen sie unter anderem nach Hinweisen aus dem Ausland frühzeitig im Visier der Ermittler und wurden streng observiert. BKA-Chef Holger Münch mahnte, eine lückenlose Registrierung sei wichtig, um schnell ermitteln zu können.

Innenminister Herrmann sagte den Zeitungen der Funke-Mediengruppe, die Extremisten-Miliz Islamischer Staat (IS) nutze Sicherheitslücken gezielt, um Attentäter als Flüchtlinge getarnt nach Europa zu schleusen. Tausende Menschen seien ohne ausreichend geprüfte Identität ins Land gekommen. Es seien strikte Grenzkontrollen notwendig und das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) müsse sorgfältig die Personalien aller bereits eingereisten Asylbewerber prüfen, forderte der CSU-Politiker.

Bundesinnenministeriums-Sprecher Tobias Plate sagte, die drei am Dienstag verhafteten Männer seien am 13. November 2015 auf der griechischen Insel Lesbos registriert und am 7. Dezember von einem mobilen BAMF-Team erfasst worden. Dabei sei über die Datenbank Eurodac der Weg der drei nachvollziehbar gewesen. Plate verwies auf die bestehenden Grenzkontrollen und auf das neue Datenaustauschgesetz, das gerade umgesetzt wird und ein klares Bild über die Ankünfte liefern solle. Ob die Männer Sicherheitslücken ausgenutzt hätten, könne seriös erst nach Abschluss der Ermittlungen festgestellt werden.

Immer mehr Flüchtlinge kommen derweil über die deutsch-schweizerische Grenze ins Land. Von Januar bis Juli wurden laut Innenministerium rund 3400 unerlaubte Einreisen festgestellt. Im gesamten Jahr 2015 waren es rund 4200. Einem Sprecher zufolge ist seit Juni ein deutlicher Anstieg feststellbar.

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