Politik

OSZE: Wahl in Russland trotz einiger Vorfälle ordnungsgemäß

Lesezeit: 2 min
20.09.2016 01:21
Die OSZE und die russische Menschenrechtsbeauftragte bescheinigten Russland, die Parlamentswahlen ordnungsgemäß abgehalten zu haben. Es gab allerdings einige Vorkommnisse in mehreren Regionen. Russland müsse sich auf dem Weg zur Demokratie weiter anstrengen.
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Die OSZE bescheinigt Russland, die Wahlen im Großen und Ganzen "in einer ordnungsgemäßen Weise" durchgeführt zu haben, wie der finnische OSZE-Gesandte Ilkka Kanerva am Montag sagte. Allerdings habe es zahlreiche Unregelmäßigkeiten gegeben. Russland müsse seine Prozesse im Hinblick auf eine freie Zivilgesellschaft verbessern, wenn es seine Ambitionen erfüllen wolle, ein demokratischer Staat zu werden.

Die russische Wahlkommission bescheinigte Russland, dass die Wahl "ziemlich rechtmäßig" abgelaufen sei. Allerdings hat auch sie Unregelmäßigkeiten bei der Parlamentswahl beobachtet. In einigen Regionen habe es Probleme gegeben, sagte Kommissionschefin Ella Pamfilowa am Montag. Die Regierungspartei Einiges Russland fuhr den erwarteten hohen Sieg ein und kann nun sogar mit Zwei-Drittel-Mehrheit regieren. Oppositionsparteien wie Jabloko und Parnas scheiterten an der Fünf-Prozent-Hürde.

Beobachter hatten aus zahlreichen Regionen Russlands Verstöße gemeldet. So seien Wähler mit Bussen von einem Wahllokal zum anderen gefahren worden, um mehrfach ihre Stimme abzugeben. Auf einem Video aus einem Wahllokal im südrussischen Rostow am Don waren Wahlhelfer zu sehen, die Stimmzettel in eine Wahlurne stopften.

Pamfilowa sagte, wegen des Vorfalls in Rostow am Don seien Ermittlungen eingeleitet worden. Insgesamt sei die Wahl aber "ungleich" transparenter gewesen als die Parlamentswahl im Jahr 2011. Auch die Wahlbeobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) bezeichneten die diesjährige Wahl als "transparenter", bemängelten aber anhaltende Einschränkungen bei den grundlegenden politischen und Freiheitsrechten.

Konstantin Dolgov, Menschenrechtsbeauftragter des russischen Außenministeriums, sagte dem Radiosender Vesti FM, Russland erwarte nun mit Spannung den Bericht der OSZE-Beobachter von den US-Präsidentenwahlen. Diese entsprechen seiner Auffassung nicht in den europäischen Standards. Die OSZE wurde in diesem Jahr zum ersten Mal eingeladen, die US-Wahlen zu beobachten.

Nachdem es in Russland vor fünf Jahren unter anderem wegen Fälschungsvorwürfen Massenproteste gegeben hatte, hatte sich die Regierung diesmal um mehr Transparenz bemüht. Der damalige Leiter der Wahlkommission wurde abgelöst und durch Pamfilowa ersetzt, die zuvor die Menschenrechtsbeauftragte des Kreml war.

Erwartungsgemäß holte aber auch diesmal Einiges Russland die absolute Mehrheit. Nach Auszählung von mehr als 99 Prozent der abgegebenen Stimmen kam die Regierungspartei auf 54,2 Prozent und stellt künftig mindestens 343 der 450 Abgeordneten im Parlament - über hundert mehr als bisher. Damit hat Einiges Russland nun sogar eine Zwei-Drittel-Mehrheit und kann allein die Verfassung ändern.

Die russischen Wähler hätten sich für "Stabilität" entschieden, sagte Putin bei einer Kabinettssitzung und verwies auf die wirtschaftlichen Probleme wegen des Ölpreisverfalls und der infolge des Ukraine-Konflikts verhängten westlichen Sanktionen. "Angesichts dieser Probleme, Unwägbarkeiten und Risiken haben die Menschen die Stabilität gewählt, und sie vertrauen der Regierung, die sich auf die Partei Einiges Russland stützt", sagte der Präsident.

Es wird erwartet, dass sich Putin 2018 für eine vierte Amtszeit als Präsident bewirbt. Seine Beliebtheit liegt trotz der schweren Wirtschaftskrise bei einem Rekordwert von 80 Prozent.

Wie bisher werden drei weitere Parteien in der Duma vertreten sein, die allesamt kreml-nah sind und in der Regel mit der Mehrheit stimmen. Auf Platz zwei landete der Wahlkommission zufolge die Kommunistische Partei mit 13,4 Prozent, gefolgt von der ultranationalistischen LDPR von Wladimir Schirinowski mit 13,2 Prozent. Die nationalistische Partei Gerechtes Russland erhielt 6,2 Prozent. Oppositionsparteien wie die Mitte-Links-Partei Jabloko und die liberale Parnas scheiterten an der Fünf-Prozent-Hürde.

Das neu gewählte Parlament muss sich in den kommenden Monaten mit dem Haushaltsentwurf für das Jahr 2017 befassen, der wegen der rückläufigen Öleinnahmen zahlreiche Kürzungen enthalten wird. Die Parlamentswahl war mit der Begründung vorgezogen worden, der Haushalt solle vom selben Parlament beschlossen und dann auch umgesetzt werden.

Die Wahlbeteiligung fiel mit rund 47,7 Prozent deutlich geringer aus als 2011, als noch 60 Prozent der Wahlberechtigten abgestimmt hatten. In Moskau und St. Petersburg gingen sogar noch weniger Menschen zur Wahl. Der Parnas-Chef und frühere Regierungschef Michail Kasjanow zeigte sich "enttäuscht" über die geringe Wahlbeteiligung. Damit hätten die Russen vermutlich ihre "letzte Chance" auf einen demokratischen Regierungswechsel verspielt.


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