Die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde, hat Korruption sowie unethisches Verhalten scharf kritisiert. Ihre zu Beginn einer Konferenz in Washington geäußerte Kritik zielte auf die wachsende Entfremdung zwischen den Völkern auf der einen Seite und internationalen Organisationen und Banken auf der anderen Seite.
„Ein Schlüsselfaktor, der dieses Misstrauen nährt, ist korruptes und unethisches Verhalten – tatsächliches oder wahrgenommenes – im öffentlichen und im privaten Bereich. Denken Sie nicht nur an Bernie Maddoff oder an den Libor-Skandal. Sondern auch an den Fifa-Skandal, der die Sportwelt erschütterte oder die Vorkimmnisse um Petrobras, die beinahe ein gesamtes politisches System umfassten“, sagte Lagarde.
„Sowohl die tatsächliche Korruption als auch der Verdacht darauf können für eine Gesellschaft hochgradig zersetzend sein. Dies hat zur wachsenden Unterstützung für populistische Kräfte geführt. Korruption im öffentlichen Bereich schwächt die steuerlichen Kapazitäten, schreckt Investoren ab, zementiert Ineffizienz und bring Armut und Ungleichheit mit sich“, so Lagarde weiter.
Die IWF-Chefin appellierte an die Staaten, Korruption durch eine Stärkung der Herrschaft des Rechts und mehr steuerliche Transparenz zu bekämpfen. „Sonnenschein ist die beste Desinfektion“, sagte sie. Sie forderte eine Kultur der Werte. Im öffentlichen Sektor setze dies „Beamte voraus, die stolz auf ihre Unabhängigkeit von privaten Einflüssen und öffentlichen Einmischungen sind.“
Gegen Lagarde selbst wird seit Jahren ermittelt. Der Prozess gegen sie in Zusammenhang mit der Tapie-Affäre in Frankreich startet Mitte Dezember (Video am Anfag des Artikels). Das zuständige Gericht setzte die Verhandlungen am Montag auf die Zeit vom 12. bis 20. Dezember an. Lagarde werde dort erscheinen, sagte ihr Anwalt. Dabei geht es um ihre Rolle als ehemalige französische Finanzministerin bei einer Zahlung von 400 Millionen Euro an den Unternehmer Bernard Tapie. Sie muss sich deswegen vor dem Gerichtshof der Republik verantworten, der für Verfehlungen von Ministern im Amt zuständig ist. Frankreichs höchstes Berufungsgericht hatte einen Einspruch der 60-Jährigen im Juli zurückgewiesen.
Die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF) hat wiederholt versichert, sie habe bei dem Vorfall 2008 und auch sonst stets im Interesse des Staates gehandelt und sich an das Gesetz gehalten. Die Zahlung war dem Unternehmer und Unterstützer des früheren Präsidenten Nicolas Sarkozy während der Amtszeit Lagardes als Finanzministerin als Schadenersatz zuerkannt worden. Damit sollten Verluste ausgeglichen werden, die Tapie 1992 beim Verkauf von Adidas -Anteilen entstanden sein sollen. Nach Tapies Ansicht wurde er von dem heute nicht mehr bestehenden staatlichen Institut Credit Lyonnais dazu gebracht, die Anteile deutlich unter Wert zu verkaufen. Im Dezember 2015 wurde Tapie zur Rückzahlung der Summe verurteilt.