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Serie Mittelstand: Die gefährliche Versuchung der erfolgreichen Jahre

Lesezeit: 3 min
20.03.2017 12:21
Der deutsche Mittelstand treibt international die Innovation voran. In einer DWN-Serie stellen wir einige Geheimnisse vor, warum die deutschen Unternehmen weltweit so erfolgreich sind.
Serie Mittelstand: Die gefährliche Versuchung der erfolgreichen Jahre

In Sachen Innovation und Beständigkeit ist der deutsche Mittelstand vielfach den internationalen Konzernen überlegen - und hilft damit der Weltwirtschaft: Viele Arbeitsplätze und die meisten Erfolge großer internationaler Konzerne hängen von der Wertschöpfung der Mittelständler ab. „Die Rede ist von einigen tausend Industrieunternehmen des Maschinenbaus, der Antriebstechnik, der Medizintechnik, der elektrotechnischen Industrie, der Verpackungsindustrie, der optischen Industrie und vor allem – übergreifend betrachtet – der Zulieferindustrie“, so Heiner Kübler und Carl A. Siebel in ihrem Buch „Mittelstand ist eine Haltung: Die stillen Treiber der Deutschen Wirtschaft“.

Siebel erklärte den Deutschen Wirtschafts Nachrichten in einem seiner seltenen Interviews, warum deutsche mittelständische Unternehmen weltweit so erfolgreich sind: „Wir haben in Deutschland ein sehr gutes Modell der Mitbestimmung. Gewerkschaften und Betriebsräte sind an einer konstruktiven Zusammenarbeit interessiert.“

Entscheidend für den Erfolg der deutschen Mittelständler ist die Haltung ihres Führungspersonals. Dazu gehören „langfristiges Denken und Handeln im Sinne des Lebenswerks, vorsichtiger Umgang mit Geld, die Mitarbeiter machen das Unternehmen aus sowie Vertrauenskultur als Basis für langfristigen Erfolg“.

Jüngst zeigte sich das bei dem Blick auf die deutsche Automobilindustrie. Während die großen Konzerne wie BMW, VW und Daimler sich noch auf die Verbrennungsmotoren stürzten und in Sachen Elektromobilität nur verhalten produzierten, haben Zulieferer hier bereits wichtige Weichen gestellt. Im Bereich des automatisierten Fahrens sind deutsche Zulieferer sogar Innovationstreiber.

Zusammen mit dem Econ-Verlag und den beiden Autoren Heiner Kübler und Carl A. Siebel präsentieren die Deutschen Wirtschafts Nachrichten in der DWN-Reihe „Das bewegt deutsche Mittelständler“ in den kommenden Wochen regelmäßig Einblicke in den deutsche Mittelstand, die Hidden Follower. „Wir vermuten, dass es in Deutschland mehr als 1500 solcher Hidden Followers gibt“, so die Autoren. „Die Hidden Champions und Hidden Followers machen dann zusammen mehr als 2800 Firmen aus. Vor allem sie sind gemeint, wenn Menschen in aller Welt vom German Mittelstand sprechen.“

Die Autoren verzichten auf die Nennung der Unternehmen, sondern stellen ihre Erkenntnisse anonymisiert dar. Dies dient dem Schutz der betroffenen Unternehmen im Wettbewerb und ermöglicht anderen Unternehmen eine unbefangenen Sicht auf die Dynamik hinter den Veränderungsprozessen.

Heute in unserer Reihe:

Digitalisierung nicht verpassen

Erfolgreiche Mittelständler mit einer Firmengeschichte von mehr als zehn Jahren gelten in ihrer Branche oft als Spezialisten und werden als Standbein einer Branche angesehen. Doch dieser Ruf kann, wenn man sich darauf zu lang ausruht, zu einer falschen Sicherheit werden. So wie Nokia damals als Handyhersteller den Tipping Point in Sachen Smartphone und Touchscreen verpasste, ging es auch einem Unternehmen für Elektrogeräte wie Rauch-Feuchte- und Windmelder. Seit Jahren liefen die Geschäfte mit den Großhändler sehr gut: In Deutschland war die Position gefestigt und in 30 weiteren Ländern war man aktiv.

Dass Geschäfte seit Jahrzehnten gut laufen, heißt jedoch nicht, dass sie die kommenden zehn Jahre gut laufen, ohne dass es neue Entwicklungen im Unternehmen geben muss. Gerade in Sachen Digitalisierung ist jedes Unternehmen jeder Branche gefragt, sein Angebot zu überdenken, neue Strategien zu entwickeln und flexibel auf neue Anforderungen zu reagieren. Die Digitalisierung ist kein kurzer Trend, der vorüber geht. Es ist ein Richtungswechsel, der neue Unternehmen groß gemacht hat und Unternehmen, wie Institutionen und Verbraucher stärker vernetzt.

Diese Erfahrung musste das genannte Unternehmen auch machen. Zwar gewann die Smart Home Technologie immer stärker in den Haushalten und auch bei Unternehmen an Bedeutung, das Unternehmen für Elektrogeräte wie Rauchmelder ignorierte die neue Entwicklung jedoch und vertraute auf die Wertigkeit der eigenen bewährten Produkte.

Gerade in langjährigen, erfolgreichen Unternehmen ist es aber umso wichtiger, sich trotz des Urvertrauens in die eigenen Kompetenzen zusammenzusetzen und neue Trends auf ihre Folgen für das eigene Geschäft gemeinsam zu bewerten. Im Fall des betrachteten Unternehmens stellte sich heraus, dass Smart Home dazu führen wird, dass die eigenen Produkte, die auf eine alte Kommunikations- und Anschlusstechnik setzten, bald nicht mehr nachgefragt werden könnten.

Im Fall des von Siebel untersuchten Unternehmens war es entscheidend, dass das bei laufendem Betrieb ein neues Produkt und eine entsprechende Vertriebsstrategie entwickelt werden mussten. Das Unternehmen unterzog sich einem mehrjährigen Prozess und zentralen Umbaumaßnahmen - und verzichtete auf den kurzfristigen Erfolg. Den Eigentümern war nämlich klar geworden, dass im digitalen Zeitalter ein etabliertes Unternehmen ganz schnell an den Rand des Abgrunds geraten kann.

Das Buch Mittelstand ist eine Haltung: Die stillen Treiber der deutschen Wirtschaft“ ist im September im Econ-Verlag erschienen. Die beiden Autoren Heiner Kübler und Carl A. Siebel schauen dabei hinter die Kulissen des Deutschen Mittelstandes. Erfolg und Misserfolg ist hier gleichermaßen zu finden. Entscheidend jedoch ist, wie die Mittelständler mit den Misserfolgen umgehen.  Bestellen Sie das Buch bei Amazon.

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