Finanzen

Draghi: Rute für die Politik, Füllhorn für Banken bleibt weit geöffnet

Die Europäische Zentralbank lässt den Leitzins unverändert, um die Politik nicht beim Sparen zu entmutigen. Für die Banken gibt es eine diskrete Hilfe aus dem Arsenal der EZB.
06.06.2012 16:03
Lesezeit: 1 min

Die EZB senkt den Leitzins nicht, wie von vielen erhofft. Die Entscheidung fiel mehrheitlich, 12 der 15 Direktoriumsmitglieder sollen für die Beibehaltung gestimmt haben. Als Abweichler werden die Spanier gehandelt, weil sie in ihrer aktuellen Banken-Krise jede Erleichterung gebrauchen können.

Als Grund für die Beibehaltung des Leitzinssatzes gab EZB-Präsident Mario Draghi an, dass es noch keine harten Fakten für ein fundamental verändertes Umfeld gebe. Wohl aber gebe es weiche Faktoren, die auf eine Verschlechterung hinweisen. Daher sprach Draghi von einem "erhöhten Risiko einer Abwärtsentwicklung". Er sagte, es sei die Aufgabe der Regierungen Europas, den Sparkurs fortzusetzen. Die betroffenen Staaten Irland, Portugal und auch Griecheland hätten erhebliche Fortschritte gemacht. Nun müssten sie den eingeschlagenen Weg zu Ende gehen.

Für die Banken gibt es trotzdem eine gute Nachricht: Die Banken in der Euro-Zone bekommen weiter unbegrenzte Liquidität von der EZB zur Verfügung gestellt. Zu diesem Zweck wird die sogenannte Vollzuteilung bei den Hauptrefinanzierungsgeschäften (MTRO) der Banken so lange wie nötig verlängert, mindestens jedoch bis Mitte Januar 2013 verlängert. Ursprünglich waren die MTROs bis Mitte Juli befristet. Bemerkenswert ist, dass Draghi die Banken noch einmal aufforderte, zu überprüfen, welche Sicherheiten sie für neue Kredite stellen könnten. Im vergangenen Herbst hatte die EZB ihre Anforderungen für Sicherheit drastisch reduziert. Draghi sieht hier noch Spielraum für die Banken: Sie sollten überprüfen, was im Zug des LTRO erlaubt wurde und entsprechend die Möglichkeiten ausschöpfen.

Draghi hält es nun für an der Zeit, dass die Politik darüber entscheide, ob es eine deutlich vertiefte Integration in Europa geben solle oder nicht. Vergleichbar dem Delors-Plan von 1986 brauche man nun einen Fünf- oder Zehn-Jahres-Plan, wohin sich Europa entwickeln solle. Der ESM könne durchaus ein Banken-Lizenz erhalten - dazu müsste jedoch der ESM-Vertrag geändert werden. Euphorisch ist Draghi über die Idee nicht, weil der ESM dann Shareholder bei den Banken würde. Im übrigen habe die EZB alle Vorkehrungen getroffen, um die EU bei der Errichtung des ESM als Agent zu unterstützen.

Die aktuelle Situation schätzt Draghi jedoch bei weitem nicht so gefährlich ein wie vor der Lehman-Pleite. Dennoch wird erwartet dass Ende Juni der Leitzins gesenkt wird - auf Lehman Niveau.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Panorama
Panorama Generation Z lehnt Führungspositionen ab – Unternehmen müssen umdenken
25.04.2025

Die Generation Z zeigt sich zunehmend unbeeindruckt von traditionellen Karrierewegen und Führungspositionen im mittleren Management. Eine...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Reichster Ostdeutscher: Wie ein Unternehmer einen kleinen DDR-Betrieb zum globalen Player macht
25.04.2025

Rekord-Umsatz trotz Krisen: Der Umsatz von ORAFOL betrug im Jahr 2024 betrug 883 Millionen Euro – ein Rekordjahr trotz Wirtschaftskrise....

DWN
Politik
Politik Rentenbeiträge und Krankenkasse: Sozialabgaben werden weiter steigen
25.04.2025

Gerade bei der Rente hat die kommende Merz-Regierung ambitionierte Pläne. Doch gemeinsam mit den Krankenkassenbeiträgen droht...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Gold im Höhenrausch: Wenn Trump das Gold sieht, wird es gefährlich
25.04.2025

Der Goldpreis steht kurz davor, einen historischen Rekord nicht nur zu brechen, sondern ihn regelrecht zu pulverisieren. Die Feinunze Gold...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deutsche Autoindustrie unter Druck: Zollkrieg sorgt für höhere Preise und verschärften Wettbewerb
25.04.2025

Der Zollkrieg zwischen den USA und Europa könnte die Auto-Preise in den USA steigen lassen und den Wettbewerb in Europa verschärfen....

DWN
Finanzen
Finanzen Vermögen der Deutschen auf Rekordhoch – aber die Ungleichheit wächst mit
25.04.2025

Private Haushalte in Deutschland verfügen so viel Geld wie nie zuvor – doch profitieren längst nicht alle gleichermaßen vom...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deutschland am Wendepunkt: Wirtschaftsmodell zerbricht, Polen rückt vor
25.04.2025

Deutschlands Wirtschaftsmaschinerie galt jahrzehntelang als unaufhaltsam. Doch wie Dr. Krzysztof Mazur im Gespräch mit Polityka...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft China im Handelskrieg: Regierung bereitet sich auf das Schlimmste vor
25.04.2025

Chinas Führung bereitet sich inmitten des eskalierenden Handelskonflikts mit den USA auf mögliche Härtefälle vor. In einer Sitzung des...