Politik

EU-Beamte warnen: Ohne Schulden-Erlass durch EZB und Euroländer scheitert Griechenland

Kaum ist die Troika in Griechenland angekommen, schon gibt es einen katastrophalen Bericht zur finanziellen Lage des Landes. EU-Beamten zufolge ist Griechenland „enorm aus der Bahn geworfen“. Ohne Abschreibungen von der EZB und den Euroländern auf griechische Schulden werde man in Griechenland nicht erfolgreich sein.
24.07.2012 22:29
Lesezeit: 1 min

Der griechische Premierminister Antonis Samaras machte die Situation Griechenlands in wirtschaftlicher Hinsicht am Dienstag noch einmal deutlich. Die Wirtschaft werde in diesem Jahr um mindestens 7 Prozent schrumpfen (hier). Doch eines ist auch klar, trotz der Genehmigung des zweiten Rettungspakets hat Griechenland kaum eine der Forderungen der Gläubiger erfüllt – das mindert die Chance einer Nachverhandlung drastisch.

Aus diesem Grund ist die Troika am Dienstag in Griechenland eingetroffen, um die Nachhaltigkeitsanalyse für das Land bis Ende des nächsten Monats abzuschließen. Doch schon vorher wird die aktuelle Lage Griechenlands deutlich. Drei EU-Beamte berichteten am Dienstag der Nachrichtenagentur Reuters, dass es Griechenland nicht möglich sein werde, seine Schulden zurück zu zahlen. Eine weitere Umschuldung werde von Nöten sein – Kosten, die die EZB und die Euroländer zu tragen haben.

Das bedeutet, so die Beamten, dass die offiziellen Gläubiger – also die EZB und die Euroländer schätzungsweise 200 Milliarden Euro an griechischen Schulden umstrukturieren müssen, wenn Athen wieder nachhaltig wirtschaften können soll. „Griechenland wurde enorm aus der Bahn geworfen“, so ein Beamter. „Der Schuldenstand der Nachhaltigkeitsanalyse wird ziemlich schrecklich ausfallen“. Nichts habe sich in Griechenland in den letzten drei oder vier Monaten getan.

Dies könne tatsächlich dazu führen, dass sich der IWF entschließe, sich aus dem zweiten Rettungspaket zurück zu ziehen. Dann müssten die Euroländer rund die EZB die Kosten allein tragen. In diesem Fall, so die Beamten, wäre der einzige Weg, um Griechenland über Wasser und in der Eurozone zu halten, eine Abschreibung der griechischen Schulden bei der EZB und den Mitgliedsstaaten oder die Forderungen gegenüber dem Land zu lockern.

Was dies für Folgen hätte und wie dies geschehen könnte, sei noch nicht erörtert worden, weil keiner die politische Diskussion starten wolle. Den EU-Beamten zufolge gibt es jedoch sechs Mitgliedsstaaten, die gegen eine weitere Hilfe in Form von Abschreibungen und Lockerungen sind. Nicht nur, weil Griechenland bisher kaum Sparmaßnahmen umgesetzt habe, sondern auch, weil der entstehende Schaden schnell direkt den Steuerzahler betreffen würde. Die politische Dynamik laufe derzeit entgegen der wirtschaftlichen Dynamik. „Die wirtschaftlichen Argumente dürften klar sein. Wir brauchen eine Umstrukturierung der griechischen Schulden, wenn es nachhaltig sein soll“, so einer der Beamten. „Aber es gibt keine politische Bereitschaft“.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Dynamische Preise: Kommt der stündlich wechselnde Steakpreis im Supermarkt?
03.09.2025

Dynamische Preise erobern den Einzelhandel. Digitale Preisschilder könnten Einkäufe im Supermarkt so unberechenbar machen wie Flugtickets...

DWN
Politik
Politik Bürgergeld: Merz will zehn Prozent der Ausgaben reduzieren
02.09.2025

Bundeskanzler Friedrich Merz fordert Einsparungen beim Bürgergeld – konkret zehn Prozent. Diese Milliardenkürzung sorgt für heftige...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Tupperware-Neustart in fünf europäischen Märkten
02.09.2025

Tupperware-Neustart mit dem französischen Investor Cédric Meston: Der Frischhaltedosenspezialist wagt den mutigen Schritt, das Geschäft...

DWN
Finanzen
Finanzen Goldpreis erklimmt neues Rekordhoch: Anleger setzen auf Zinssenkungen – was kommt jetzt?
02.09.2025

Der Goldpreis hat ein neues Rekordhoch erreicht und dabei erstmals die Marke von 3.500 Dollar überschritten. Anleger hoffen auf...

DWN
Finanzen
Finanzen US-Börsen im Abwärtsstrudel: Nasdaq 100 und Anleihemärkte belasten Stimmung
02.09.2025

Die US-Börsen geraten ins Wanken: Steigende Anleiherenditen, schwächelnde Tech-Riesen und politische Unsicherheiten setzen Anleger unter...

DWN
Politik
Politik Flugzeug mit Ursula von der Leyen betroffen von GPS-Störung – Russland im Fokus
02.09.2025

Ein ungewöhnlicher Zwischenfall sorgt für Aufsehen: Ein Flugzeug mit Ursula von der Leyen an Bord gerät ins Visier einer mutmaßlich...

DWN
Finanzen
Finanzen SMA Solar-Aktie stürzt nach Gewinnwarnung ab – drohen weitere Probleme?
02.09.2025

Die SMA Solar-Aktie steht massiv unter Druck: Nach einer überraschenden Gewinnwarnung brechen die Kurse zweistellig ein. Anleger fragen...

DWN
Finanzen
Finanzen Europa: Anleihenmarkt vor Umbruch – niederländische Rentenreform treibt Renditen langfristiger Anleihen nach oben
02.09.2025

Die niederländische Rentenreform droht, den europäischen Anleihenmarkt mit einer Welle von zwei Billionen Euro auf den Kopf zu stellen....