Finanzen

Harvard-Ökonom: Falsche IWF-Prognosen treiben Griechenland in Richtung Crash

Der Wirtschaftsprofessor Dani Rodrik hat ermittelt, dass der IWF selbst mitten in der Krise immer noch zu positive Prognosen über Griechenland abgegeben hat. Damit hätten die Technokraten eine klare Mitschuld an der Zuspitzung der Lage.
07.08.2012 13:04
Lesezeit: 2 min

Die Prognosen des Internationalen Währungsfonds (IWF) für das Wirtschaftswachstum in Griechenland waren stets zu optimistisch angesetzt. Keine der Vorhersagen des IWF für die Wirtschaftsentwicklung traf zu, die griechische Wirtschaft schrumpfte wesentlich stärker als vom IWF erwartet. Dies kritisiert der Harvard-Ökonom Dani Rodrik in einer Studie, die er auf seinem Blog erläutert (hier).

Die Erkenntnisse von Rodrik sind von besonderem Interesse, weil sie zeigen: Alle technokratischen Pläne, Wirtschaftsprozesse zentralistisch über globale Institutionen zu steuern, scheitern früher oder später. Sie können nur dazu dienen, das Problem vor sich herzuschieben ("kick the can down the road") - um das Ende mit Schrecken nur noch drastischer ausfallen zu lassen.

Rodriks Analyse im Detail: Im April 2010 prognostizierte der IWF, die griechische Wirtschaft würde im Jahr 2011 um 1,1 Prozent schrumpfen. Ein halbes Jahr später erwartete der Fonds bereits 2,6 Prozent weniger Wirtschaftswachstum. Im Laufe des Jahres 2011 korrigierte der IWF dann seine Wachstumsprognose noch weitere zweimal: Zuerst sollte die Wirtschaft um drei und dann um fünf Prozent schrumpfen. Am Ende des Jahres war die Wirtschaft griechenlands tatsächlich um 6,7 Prozent geschrumpft.

Anfänglich sei das Versagen des IWF noch damit zu erklären, dass ihm der Überblick fehlte und die Griechen weniger Reformen umsetzten als angekündigt. Doch dieses Argument zählt spätestens nicht mehr, seit Griechenland in das internationale Rettungsprogramm eintrat und der IWF Zugang zu sämtlichen Daten hatte.

Spätestens im Jahr 2011 hätten die Prognosen deutlich kritischer ausfallen müssen: „Tatsächlich waren die Programme auf der Annahme konzipiert, dass es einen magischen und riesigen Anstieg der Produktivität geben werde, ausgelöst durch die Reformen wie die Liberalisierung bestimmter Berufsgruppen und die Arbeitsmarktreform, die niemals umgesetzt wurden“, schreibt Rodrik.

Mit den Prognosen, die immer ein deutlich besseres Bild zeigten, nahm der IWF den Druck von der Politik. Die Verantwortlichen konnten sich stets darauf berufen, dass es den Zahlen zufolge nicht so übel aussah und die Reformen nicht so sehr drängten.

Rodrik ist ein höflicher Mensch und verzichtet auf Verschwörungstheorien. Man kann sich nämlich die berechtigte Frage stellen, wer eigentlich dann von diesen andauernd falschen Zahlen profitiert? Wenn wir einmal unterstellen, dass der IWF nicht aus Dummheit agiert, sondern eine Strategie dahintersteckt, kann man unschwer zu dem Ergebnis kommen: Die Pleite des Schuldners ist der worst case für den Gläubiger; sein langsamer Tod dagegen das beste Geschäft. Rodrik kommt zu dem Schluss, dass im Fall des nächsten Bailouts - Spanien - der IWF rechtzeitig und laut warnen müsse, wenn die Zahlen nicht mehr stimmen. Die Worte hörn wir wohl - allein, es dürfte dem IWF der Wille zu so viel Ehrlichkeit fehlen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Technologie
Technologie BradyPrinter i7500: Revolution im Hochpräzisionsdruck

Sie haben genug vom altmodischen Druck großer Etikettenmengen? Keine Kalibrierung, keine Formatierung, kein umständliches Hantieren mit...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Finanzen
Finanzen Goldpreis aktuell im Aufwind: Dedollarisierung durch Trump treibt Goldnachfrage an
28.03.2025

Die anhaltende Bewegung zur Dedollarisierung, verstärkt durch US-Präsident Donald Trump, treibt den Goldpreis aktuell weiter an. Nicht...

DWN
Politik
Politik Gas-Skandal in der EU: Andere EU-Länder kaufen immer mehr billiges Gas aus Russland!
27.03.2025

Die EU-Mitgliedstaaten sollen bis 2027 auf günstige Energie aus Russland verzichten. Zuletzt stiegen die Gasimporte aber. Vor allem drei...

DWN
Politik
Politik Klimaneutralität im Grundgesetz – Annalena Baerbock kündigt zahlreiche Klagen der Umweltverbände an
27.03.2025

Die beschlossene Grundgesetzänderung verankert erstmals das Ziel der „Klimaneutralität bis 2045“ in der Verfassung....

DWN
Panorama
Panorama Bluttat in Amsterdam: Messerattacke mit mehreren Verletzten in den Niederlanden
27.03.2025

Messerattacke in Amsterdam! Am Donnerstagnachmittag wurden in der niederländischen Metropole mehrere Menschen niedergestochen....

DWN
Politik
Politik CDU Austritte: Revolte gegen Merz – Immer mehr CDU-Mitglieder geben ihr Parteibuch ab
27.03.2025

CDU-Austrittswelle im ostdeutschen Kühlungsborn geht weiter: Der lokale Stadtverband der CDU im Landkreis Rostock ist aus der Partei...

DWN
Finanzen
Finanzen Steuererklärung: Neun Aufwendungen, die fast jeder von der Steuer absetzen kann
27.03.2025

Wer weiß, welche Kosten absetzbar sind, kann bares Geld vom Finanzamt zurückbekommen. Ob Kinderbetreuung, Handwerkerkosten oder...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Milliardenverlust Deutsche Bahn: Staatkonzern erneut unrentabel - Bahnchef auf Abruf?
27.03.2025

Der Staatskonzern (DB) hat im vergangenen Jahr erneut einen Milliardenverlust eingefahren. Unterm Strich stand 2024 ein Minus von rund 1,8...

DWN
Technologie
Technologie Nordkorea rüstet auf: Machthaber Kim stellt neueste Militärtechnologie vor
27.03.2025

Neben einem Flugzeug, das als luftgestütztes Frühwarnsystem dienen soll, hat das nordkoreanische Militär auch eine neue Kamikaze-Drohne...