Politik

Hollande: Deutschland ist nicht das einzige Land, das zahlt

Lesezeit: 2 min
17.10.2012 13:15
Der französische Präsident setzt kurz vor dem EU-Gipfel noch zum Seitenhieb auf Angela Merkels Politik an. Sie schaue zu sehr auf innenpolitische Aspekte und rücke die EU nicht in den Vordergrund. Deutschland müsse sich an die Ergebnisse vom letzten EU-Gipfel halten und dürfe nicht ständig mit dem Ruf nach einer zu vertiefenden Integration ablenken.
Hollande: Deutschland ist nicht das einzige Land, das zahlt

Mehr zum Thema:  
Europa >
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Europa  

Aktuell: Euro-Austritt Griechenlands könnte weltweite Wirtschaftskrise auslösen

Einerseits könne die deutsch-französische Beziehung Motor für die EU sein, andererseits „kann es auch eine Bremse sein, wenn sie nicht im Gleichschritt“ voranschreite, warnte Francois Hollande in einem Interview mit dem Guardian. Mit einem Interview, dass er mehreren europäischen Zeitungen gegeben hat, versucht Francois Hollande kurz vor dem am Donnerstag beginnenden EU-Gipfel, den Druck auf Angela Merkel noch einmal zu erhöhen.

Angela Merkel sei „sehr empfindlich bezüglich Fragen zur Innenpolitik und Forderungen ihres Parlaments“, so Hollande. „Ich verstehe das, und kann das respektieren“. Aber „wir alle haben unsere eigenen, öffentlichen Meinungen“ und „unsere gemeinsame Aufgabe ist es, die Interessen Europas an die erste Stelle zu setzen“. Auch dürfe man nicht glauben, Deutschland sei die einzige Nation, die für alle zahle. „Wir alle nehmen an dieser Solidarität teil“, betonte Hollande. „Die Franzosen, die Deutschen, wie alle Europäer im ESM“, fügt er hinzu. „Lasst uns aufhören, zu denken, dass es nur ein Land gibt, dass für die anderen zahlen wird.“ Er könne die Haltung der Deutschen verstehen, dass derjenige, der zahlt auch kontrollieren und sanktionieren können sollte. „Aber die Haushaltslage der Union sollte auch durch eine teilweise Umlage der Schulden mittels Eurobonds verbessert werden“.

Francois Hollande kritisiert zudem, dass die deutsche Regierung die beim letzten EU-Gipfel getroffenen Entscheidungen immer wieder auszuhöhlen versucht bzw. die Umsetztung verlangsame, indem die Regierung regelmäßig Änderungen verlange. „Wir sind ganz nah an einem Ende der Krise“, so Hollande. Aber die Entscheidungen vom letzten EU-Gipfel müssten endlich „so schnell wie möglich umgesetzt werden“. So etwa bezüglich der Bankenunion. Hier hatte Deutschland mit Ländern wie den Niederlanden manche beschlossenen Vorschläge nicht mehr umsetzen wollen (hier). Zudem sieht die deutsche Regierung die Einführung einer solchen Bankenunion frühestens im kommenden Jahr (auch bei Eurobonds gibt es Streitigkeiten zwischen Frankreich und Deutschland – hier).

Mit Blick auf die deutsche Regierung warnte Francois Hollande zudem davor, den immer währenden Ruf nach einer politischen Union als Ablenkung zu nutzen. „Diese institutionelle Frage wird oft beschworen, um zu vermeiden, Entscheidungen zu treffen“. Die größte Gefahr für Europa sei es, "nicht mehr geliebt zu werden", warnte der Staatschef. "Dabei bleibt Europa das schönste Abenteuer unseres Kontinents." Es verdiene eine Kraftanstrengung, um wieder Hoffnung zu wecken. Zur Lösung der Krise müsste Deutschland vielmehr helfen, die Wirtschaften in der EU auszugleichen, indem Steuern und Löhne angehoben werden, um die Binnennachfrage zu beflügeln. „Heute ist eine Rezession eine ebenso große Bedrohung wie Defizite", so Hollande.

Auf die Frage, was die größte Bedrohung für die EU sei, sagte Hollande, „nicht mehr geliebt zu werden". Dabei „bleibt Europa das schönste Abenteuer unseres Kontinents." Es verdiene deshalb eine Kraftanstrengung, um wieder Hoffnung zu wecken. „Frankreich ist die Brücke zwischen Nordeuropa und Südeuropa. Ich lehne jegliche Spaltung ab.“ Als Franzose läge es an ihm, „sicherzustellen, dass die Europäer sich ihrer Zugehörigkeit zu ein und derselben Gruppe bewusst sind."

Weitere Themen

Türkischer Minister: „Die EU ist die scheinheiligste Organisation der Welt“

Arbeitsagentur: Chancen auf Arbeitsplatz in Deutschland sinken

Handelskammer fordert Solidarität mit Griechenland


Mehr zum Thema:  
Europa >

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Halbzeit Urlaub bei ROBINSON

Wie wäre es mit einem grandiosen Urlaub im Juni? Zur Halbzeit des Jahres einfach mal durchatmen und an einem Ort sein, wo dich ein...

DWN
Politik
Politik EU-Austritt für Deutschland? Der Wissenschaftliche Dienst gibt Aufschluss!
20.04.2024

Seit dem Ausscheiden Großbritanniens aus der Europäischen Union (EU) gibt es auch in Deutschland Diskussionen um einen möglichen...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Deutsche Öl- und Gasförderer am Tiefpunkt – jetzt soll Geothermie die Branche retten
20.04.2024

Die Öl- und Gasförderung in Deutschland sinkt immer weiter – ohne Fracking wird sich daran wohl auch nichts ändern. Die Bohr-Industrie...

DWN
Unternehmen
Unternehmen DWN-Interview: Absicherung von Unternehmen – worauf kommt es an?
20.04.2024

Kleine und mittelständische Unternehmen sind sich ihrer Risiken oft nicht bewusst. Der Studienautor und Versicherungsexperte Daniel Dewiki...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Erdbeer-Saison in Deutschland beginnt - hartes Geschäft mit süßen Früchten
20.04.2024

Geschützt unter Folientunneln sind in Deutschland die ersten Erdbeeren der Saison gereift. Bisher zeichnet sich eine gute Ernte ab - doch...

DWN
Politik
Politik Einigung auf Solarpaket - das sind die Neuerungen
20.04.2024

Ein Maßnahmenpaket soll den Ausbau der Solarenergie in Deutschland beschleunigen. Es geht vor allem um weniger Bürokratie. Einen Bonus...

DWN
Technologie
Technologie Der Chefredakteur kommentiert: Kleiner Blackout - kein neuer Strom mehr in Oranienburg! Echt jetzt?
19.04.2024

Liebe Leserinnen und Leser, jede Woche gibt es ein Thema, das uns in der DWN-Redaktion besonders beschäftigt und das wir oft auch...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Städtereisen neu entdeckt: Easyjet läutet Renaissance der Rollkoffer ein
19.04.2024

Vor genau 20 Jahren eroberte Easyjet mit seinen günstigen Flügen das Festland der EU. Der Start in Berlin-Schönefeld begann...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft G7-Außenministertreffen: Israel-Iran Konflikt überschattet Agenda
19.04.2024

Nach israelischem Angriff auf Iran: G7-Außenministertreffen auf Capri ändert Agenda. Diskussionen zu China und Cyber-Sicherheit werden...