Finanzen

Weitere Schwarze Löcher drohen: EU überweist Milliarden nach Zypern

Schon jetzt ist klar, dass das ursprüngliche Rettungspaket im Umfang von insgesamt 17 Milliarden Euro nicht ausreicht. Die Wachstums-Prognosen sind jedoch viel zu optimistisch. Zyperns Präsident hat bereits um zusätzliche Unterstützung gebeten. Die Eurogruppe gleicht den Betrag jedoch nicht an. Der Grundstein für ein weiteres Rettungspaket ist somit gelegt.
12.04.2013 15:26
Lesezeit: 1 min

Zypern ist ein Einzelfall: Erstmals beschließt die EU Milliarden-Hilfen im vollen Bewußtsein, dass der Betrag bei weitem nicht ausreicht, um Zypern wirklich zu retten.

Am Freitag hat die Eurogruppe das Bailout-Programm für Zypern genehmigt. Und obwohl im Vorhinein bereits deutlich wurde, dass das Geld nicht ausreicht, hält man an den insgesamt 17 Milliarden für Zypern fest. Neun Milliarden Euro kommen aus dem ESM, eine Milliarde vom IWF und den Rest muss das Land selber aufbringen, wie aus der aktuellen Erklärung der Eurogruppe hervorgeht.

In den vergangenen Tagen war die von der Troika erstellte Tragfähigkeits-Analyse für Zypern durchgesickert. In dieser war die Rede von benötigten 23 Milliarden Euro Finanzhilfen, also sechs Milliarden Euro mehr als ursprünglich angenommen. Bei der  Pressekonferenz vom Freitag wies Olli Rehn jedoch darauf hin, dass es sich bei den 23 Milliarden Euro um die Brutto-Summe der Finanzhilfe gehandelt habe. Beim Bailout beziehe sich die EU aber auf die 17 Milliarden, da diese die Netto-Summe wiedergeben würde. „Das passiert, wenn man Geschichten schreibt, die auf durchgesickerten Papieren beruhen“, zitiert der Guardian Rehn.

Zypern wird mehr Geld benötigen. Der zypriotische Präsident Anastasiades hatte am Freitag Journalisten berichtet, dass er Barroso und Van Rompuy in einem Brief um zusätzliche Hilfe gebeten habe. Dabei soll ein Weg über die Strukturfonds gefunden werden, wie ein der Sprecher ein zypriotischen Regierung in Brüssel Reuters mitteilte. Man versuche nun, die zugesagten Mittel des Strukturfonds schneller zu erhalten und die Tranchen in der ersten Auszahlungsphase zu erhöhen.

Hinzu kommt, dass der Tragfähigkeitsbericht von sehr optimistischen wirtschaftlichen Entwicklungen in Zypern ausgeht. Eine Analyse der EU und des IWF für Zypern geht davon aus, dass die Wirtschaft des Landes 2015 ein Wachstum von 1,1 Prozent aufweisen wird. Die Société Générale jedoch geht insgesamt von einem Rückgang des zypriotischen BIPS bis einschließlich 2017 um 20 Prozent aus (hier). Zudem sah die letzte Prognose der EU-Kommission Zyperns Wirtschaft noch bei einem Minus von 1,3 Prozent im Jahr 2014. In Griechenland zeigte sich in der Vergangenheit deutlich, dass die Annahmen der Troika zu optimistisch sind (hier). „Sie wissen nicht, was sie vielleicht noch für schwarze Löcher finden“, sagte Jonathan Loynes vom ThinkTank Capital Economics dem Guardian. „Ich wäre nicht überrascht, wenn es in der nächsten Woche einen weiteren Schock geben würde.“

Die Ratingagentur Standard & Poors hat bereits am Mittwoch ihren Ausblick für Zypern von stabil auf negativ gesenkt.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

DWN
Panorama
Panorama Grillmarkt in der Krise? Holzkohle wird teurer
03.07.2025

Grills verkaufen sich längst nicht mehr von selbst. Nach Jahren des Booms mit Rekordumsätzen schwächelt die Nachfrage. Händler und...

DWN
Finanzen
Finanzen Milliarden für Dänemark – Deutschland geht leer aus
03.07.2025

Dänemark holt 1,7 Milliarden DKK aus Deutschland zurück – ohne die deutsche Seite zu beteiligen. Ein heikler Deal im Skandal um...

DWN
Finanzen
Finanzen Vermögen im Visier: Schweiz plant Enteignung durch Erbschaftssteuer für Superreiche
03.07.2025

Die Schweiz steht vor einem Tabubruch: Kommt die 50-Prozent-Steuer auf große Erbschaften? Die Eidgenossen debattieren über ein riskantes...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Drogeriehandel: Wie dm, Rossmann und Müller den Lebensmittelmarkt verändern
03.07.2025

Drogeriemärkte verkaufen längst nicht mehr nur Shampoo und Zahnpasta. Sie werden für Millionen Deutsche zur Einkaufsquelle für...

DWN
Technologie
Technologie KI-Gesetz: Bundesnetzagentur startet Beratungsservice für Unternehmen
03.07.2025

Die neuen EU-Regeln zur Künstlichen Intelligenz verunsichern viele Firmen. Die Bundesnetzagentur will mit einem Beratungsangebot...

DWN
Panorama
Panorama Sprit ist 40 Cent teurer an der Autobahn
03.07.2025

Tanken an der Autobahn kann teuer werden – und das oft völlig unnötig. Eine aktuelle ADAC-Stichprobe deckt auf, wie groß die...

DWN
Politik
Politik Brüssel kapituliert? Warum die USA bei den Zöllen am längeren Hebel sitzen
03.07.2025

Die EU will bei den anstehenden Zollverhandlungen mit den USA Stärke zeigen – doch hinter den Kulissen bröckelt die Fassade. Experten...

DWN
Finanzen
Finanzen USA dominieren die Börsen
03.07.2025

Die Börsenwelt bleibt fest in US-Hand, angeführt von Tech-Giganten wie Nvidia und Apple. Deutsche Unternehmen spielen nur eine...