Finanzen

Sozialversicherungen fehlen Milliarden: Wo ist das ganze Geld hin?

Nach dem ersten Halbjahr 2013 weisen die Sozialversicherungen ein Finanzdefizit von mehreren Milliarden Euro auf. Die Gründe liegen in stark gestiegenen Ausgaben in allen Bereichen und weniger Zuschüssen durch den Bund. Die Behörden sind versucht, das Thema über Beitrags-Erhöhungen zu lösen. In Zeiten von Rezession und Überalterung ist das der falsche Weg. Das Wunder-Medikament ist auch hier: Selbstbeschränkung und Verwaltungs-Abbau.
12.10.2013 01:56
Lesezeit: 2 min

Die Deutschen zahlen Milliarden in die Sozialversicherungen ein. Arbeitnehmer und Unternehmen beklagen die hohen Abgaben.

Und trotzdem stehen viele Sozialversicherungen am Rande der Pleite.

Trotz stets steigender Einnahmen entstehen immer neue Löcher.

Den deutschen Sozialversicherungen fehlt nach dem ersten Halbjahr 2013 ein Betrag von mehreren Milliarden Euro. Obwohl fast alle Bereiche der Sozialversicherung erhöhte Einnahmen vorweisen konnten, entstand ein Finanzierungsloch von 3,1 Milliarden Euro. Im vergleichbaren Vorjahreszeitraum erwirtschafteten die Sozialversicherungen noch einen deutlichen Überschuss von 4,8 Milliarden Euro. Dies geht aus einem Bericht des Statistischen Bundesamtes (Destatis) hervor.

Zu den Sozialversicherungen zählen die gesetzliche Krankenversicherung, die gesetzliche Unfallversicherung, die allgemeine und die knappschaftliche Rentenversicherung, die Altersversicherung für Landwirte, die soziale Pflegeversicherung und die Bundesagentur für Arbeit. Die Einnahmen dieser Bereiche beliefen sich im ersten Halbjahr 2013 auf 262,2 Milliarden Euro. Damit sind die Einnahmen im Vergleich zum ersten Halbjahr 2012 um 0,2 Prozent gestiegen. Die Ausgaben beliefen sich allerdings auf 265,7 Milliarden Euro, was einem deutlichen Anstieg um 3,2 Prozent zum Vorjahreszeitraum entspricht.

Die allgemeine Rentenversicherung wies eine Finanzierungslücke von 1,4 Milliarden Euro auf. Dies ist vor allem auf eine Steigerung der Ausgaben um 2,1 Prozent zurückzuführen. Die Finanzierungslücke konnte durch eine entsprechende Entnahme aus den Rücklagen geschlossen werden. Im Vorjahreszeitraum erwirtschaftete die allgemeine Rentenversicherung noch einen Überschuss von einer Milliarde Euro.

Auch die gesetzliche Krankenversicherung arbeitete defizitär. Zwar stiegen die Einnahmen im Vergleich zum Vorjahr um 1,5 Prozent auf 96,8 Milliarden Euro. Doch zeitgleich stiegen auch die Ausgaben um 4,9 Prozent auf 97,8 Milliarden Euro. Der Verlust von einer Milliarde Euro geht auf zwei Ursachen zurück. Zum einen senkte der Bund seine Beteiligung an den gesetzlichen Krankenkassen um 17,9 Prozent auf nur mehr 5,7 Milliarden Euro. Zum anderen führte der Wegfall der Praxisgebühr zum 1. Januar 2013 zu einer Erhöhung der Ausgaben. Im Vorjahr erwirtschaftete die gesetzliche Krankenversicherung noch einen Überschuss von 2,2 Milliarden Euro.

Die Einnahmen der Bundesagentur für Arbeit gingen im ersten Halbjahr 2013 stark zurück. Sie fielen um 12,4 Prozent auf 15,8 Milliarden Euro. Auch hier war ein Wegfall der finanziellen Unterstützung durch den Bund eine der maßgeblichen Ursachen. Im ersten Halbjahr 2012 leistete der Bund noch einen Zuschuss zu den Kosten der Arbeitsförderung in Höhe von 3,6 Milliarden Euro. Dieser entfiel 2013 ersatzlos. Zudem erhöhten sich auch bei der Bundesagentur für Arbeit die Ausgaben deutlich. Sie stiegen um 3,6 Prozent auf 16,9 Milliarden Euro. Das entspricht einem Finanzierungsdefizit von einer Milliarde Euro, während im ersten Halbjahr 2012 noch ein Überschuss von 1,8 Milliarden zu Buche stand.

Die soziale Pflegeversicherung konnte als einziger Bereich einen Überschuss vorweisen (0,2 Milliarden Euro). Das Einnahmeplus von 8,3 Prozent auf 12,1 Milliarden Euro überstieg den Zuwachs der Ausgaben um 5,3 Prozent auf zwölf Milliarden Euro jedoch nur knapp.

Man fragt sich: Wo ist das Geld hin?

Ein Blick auf die hohen Verwaltungskosten erklärt einen Teil des Problems: Die Unternehmensberatung A. T. Kearney hat bereits 2012 herausgefunden, dass 23 Prozent der 176 Milliarden der Gesamtausgaben etwa der gesetzlichen Krankenversicherung 2010 bürokratischen Abläufen geschuldet. Im Vergleich: In der Industrie liegt dieser Anteil bei nur 6,1 Prozent.

Hier sind erhebliche Einspar-Potentiale. Was für die Krankenversicherungen gilt, gilt auch für alle anderen Einrichtungen.

In Zeiten der Krise, die im Fall der Sozialversicherungsträger durch die stark alternde Bevölkerung verschärft wird, gibt es auch für dieses para-staatlichen Einrichtungen nur einen Weg: Man kann nicht mehr ausgeben als man einnimmt.

Durch zusätzliche Belastungen der Beitragszahler wird diese Diskrepanz nicht aufgehoben.

Der richtige Weg ist der Abbau von unnötigen Selbsterhaltungs-Strukturen.

Das schmerzt - und hilft.

Über kurz oder lang müssen die Sozialversicherungs-Träger denselben Weg gehen wie die Pleite-Staaten.

Über Risiken und Nebenwirkungen informieren Finanzministerien und Rettungsfonds.

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