Politik

Zensur: Japan lügt bei Fukushima-Strahlung

Die Strahlung in Fukushima ist zehn mal so hoch wie ursprünglich angegeben. Dies musste Tepco kürzlich bekannt geben. Gleichzeitig verschärft Japans Regierung die Zensur bei Nuklear-Themen. Kritische Journalisten werden unter Druck gesetzt und zum Rücktritt gedrängt.
09.02.2014 00:17
Lesezeit: 2 min

Tepco musste bekannt geben, dass es Strahlenmessungen aus dem letzten Jahr nachträglich „korrigiert“ hat. Tepco hatte im Juli letzten Jahres das Grundwasser auf Verstrahlung untersucht und eine Belastung mit Strontium-90 von 900,000 Becquerels festgestellt. Tatsächlich war die Verseuchung mit 10 Millionen Becquerels mehr als 10 Mal so hoch wie erst angegeben, wie Jiji Press berichtet.

Doch durch die rigorose Zensur der Abe-Regierung wird es Tepco in Zukunft deutlich leichter fallen, solche Manipulationen vor der Öffentlichkeit zu verstecken. Die Japanische Rundfunk-Gesellschaft macht sich dabei zum Komplizen bei der Vertuschung der Fakten.

Die japanische Regierung verschärft zunehmend die Zensur in den Medien. Sie nimmt dabei massiven Einfluss auf Zeitungen, Fernseh- und Radiosender. So musste der Präsident der Japanischen Rundfunk-Gesellschaft (NHK) zurücktreten, weil der Regierung die Berichte über Fukushima zu kritisch waren. Sein Nachfolger gibt sich gehorsam und zeigt Verständnis für die Zensurmaßnahmen der Regierung.

Die Japanischen Rundfunk-Gesellschaft (NHK) betreibt mehrere Fernseh- und Radiosender. Sie ist die einzige staatliche Rundfunk-Anstalt in Japan und wird durch öffentliche Rundfunkbeiträge finanziert. Offiziell soll die NHK unabhängig vom Einfluss des Staates sein, doch tatsächlich werden sowohl der 12-köpfige Vorstand als auch das Budget durch das Parlament festgelegt.

Der ehemalige Präsident der NHK musste zurücktreten, weil man ihm vorwarf zu kritische Berichterstattung zuzlassen. Sein Nachfolger, Katsuto Momii, schockierte die Öffentlichkeit bei seiner Antrittsrede mit blindem Regierungsgehorsam, wie die New York Times berichtet.

„Wir können nicht ‚Links‘ sagen, wenn die Regierung ‚Rechts‘ sagt“, so Momii.

Er zeigte Verständnis für das harsche Zensurgesetz der Regierung. Ende letzten Jahres sorgte die Regierung von Shinzo Abe für weltweite Empörung, als sie ein drakonisches Zensurgesetz verabschiedete. Demnach steht die Verbreitung von „Staatsgeheimnissen“, und dazu gehören auch und besonders Nuklear-Themen, unter schwerer Strafe (mehr hier).

„Da die Regierung erklärt hat, dass das Staatsgeheimnis-Gesetz nötig ist, müssen wir uns auch daran halten“, sagte Momii.

Der Radiomoderator Toru Nakakita kündigte wenige Tage später nach 20 Jahren überraschend seinen Job bei der NHK. Sein Vorgesetzter hatte ihn zuvor angewiesen, seine Berichterstattung zu Fukushima bis zu den Gouverneurswahlen von Tokyo einzustellen, wie Asahi berichtet.

Er wollte einen Beitrag zu den steigenden Kosten der Inbetriebnahme der Kernkraftwerke machen. In Japan findet derzeit eine Debatte darüber statt, ob und wann die Atomkraftwerke wieder ans Netz gehen sollten (mehr hier). Nakakita wollte darauf hinweisen, dass „die Schadenersatz-Zahlungen im Falle eines Nuklear-Unfalls außergewöhnlich hoch“ seien. Doch dazu kam es nicht, denn sein Vorgesetzter wies ihn an, das Thema zu wechseln, weil es das Wählerverhalten bei den Gouverneurswahlen von Tokio beeinflussen würde.

„Was mich besorgt, ist das NHK zum loyalen Ergebenen und zur PR-Abteilung der Regierung wird“, sagte ein japanischer Oppositionspolitiker.

Die neuesten Skandale schaden dem Ansehen der NHK weiter. Schon jetzt verweigert einer von vier Haushalten die monatliche Rundfunkgebühr von 16 Euro.

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