Politik

Ende des Booms: Fracking-Firmen machen immer neue Schulden

Der Schiefergas-Boom in den USA nimmt ein vorzeitiges Ende, denn die Gasquellen versiegen schneller als erwartet. Die Fracking-Firmen müssen sich immer höher verschulden, um weitere Bohrungen durchzuführen. Die entstehende Zinslast bringt sie an den Rand des finanziellen Ruins.
08.07.2014 00:39
Lesezeit: 3 min

Der Schiefergas-Boom in den USA ist nach wenigen Jahren schon wieder vorbei. Die Fracking-Firmen kämpfen mit schnell versiegenden Quellen. Die Firmen sind gezwungen, neue Schulden zu machen, um ihre Bohrungen auszuweiten. Die resultierende Zinslast frisst ihre Gewinne auf und macht das Fracking für sie immer unrentabler.

Der Geologe David Hughes untersuchte bereits vor zwei Jahren Daten von mehr als 65.000 Schiefergas-Quellen in 31 verschiedenen Felsformationen. Er kam zu dem Schluss, dass dem Schiefergas-Boom der USA ein baldiges Ende droht. Hughes rechnete mit stark steigenden Kosten, unregelmäßiger Förderleistung, zunehmender Umweltbelastung und schneller Erschöpfung der Quellen.

„Schiefergas kann weiter wachsen, aber nur zu höheren Preisen und dieses Wachstum benötigt eine starke Ausweitung der Bohrungen mit den damit verbundenen unmittelbaren Finanz- und Umweltkosten. Und die langfristige Zukunftsfähigkeit [der Schiefergas-Förderung] ist sehr fragwürdig“, sagte der Geologe vor zwei Jahren voraus. Zu den angesprochenen unmittelbaren Umweltfolgen gehören neben der Trinkwasserbelastung durch die verwendeten Chemikalien auch das Auslösen von Erdbeben.

Die neuesten Daten der Internationalen Energie Agentur (IEA) über die Schiefergas-Industrie zeigen, dass Hughes mit seiner These vollkommen richtig lag. Demnach geben die großen Öl-Konzerne immer mehr Geld für die Schiefergas-Förderung aus, erwirtschaften damit aber immer geringere Gewinne.

Der US-Geologe Arthur Berman kommt in einem Interview mit Oilprice.com zu dem Schluss, dass der Höhepunkt der Förderung in den meisten Gebieten bereits überschritten sei. Die Felder, die ursprünglich auf Jahrzehnte Gas und Öl produzieren sollte, sind beinahe erschöpft. Die Fracking-Firmen kämpfen zudem mit dem Verfall des Gaspreises aufgrund der kurzzeitigen Überproduktion.

Doch ohne höhere Preise, sei „der Schiefergas-Boom ist nicht zukunftsfähig“, sagte Berman. Die Öl-Industrie und die US-Regierung seien für den Hype rund ums Fracking verantwortlich, denn die Schiefergas-Reserven „sind alles, was in der Welt noch übrig ist. Seien wir doch ehrlich: Das sind wirklich schwierige Speichergesteine und deshalb haben wir auch solange damit gewartet, sie zu fördern, bis all die attraktiveren Möglichkeiten ausgeschöpft wurden“, so Berman.

„Die Erschöpfungsraten von Fracking-Quellen, egal ob sie Öl oder Gas fördern, sind so groß, dass Unternehmen konstant mehr Geld leihen müssen, um weitere Bohrungen durchzuführen“, so ein Bericht des Rohstoff-Analysten Virendra Chauhan im Magazin Energy Aspects.

Die schwindenden Gewinn-Margen bedrohen viele der Schiefergas-Firmen in ihrer wirtschaftlichen Existenz. Die gesamte Schuldenlast der 61 führenden Fracking-Firmen hat sich seit 2010 auf 164 Milliarden Dollar verdoppelt, wie Bloomberg berichtet. Die Fracking-Firmen müssen aufgrund der schnell versiegenden Quellen immer mehr Kapital in neue Bohrungen stecken, um das Förderungsniveau zu halten. Dadurch machen die Zinszahlungen einen stetig steigenden Anteil der Kosten aus und schmälern die Gewinne der Unternehmen erheblich. Bei einigen Firmen beläuft sich die Zinslast inzwischen auf 45 Prozent der Einnahmen.

„Als Folge dessen beliefen sich die Investitionsausgaben von 35 analysierten Firmen in den vergangenen fünf Jahren […] auf erstaunliche 50 Dollar pro Barrel Öl, während der Umsatz nur bei 51,5 Dollar pro Barrel lag“, schreibt der Rohstoff-Analyst Chauhan weiter. „Die Schiefergas-Revolution ist kein Allheilmittel, das unendliches Wachstum ermöglicht und es ist wichtig das zu erkennen, um einschneidende Enttäuschungen in der zukünftigen globalen Versorgung zu vermeiden.“

Doch genau diese Enttäuschungen sind kürzlich eingetreten, als die US-Behörden die ersten Schiefergas-Prognosen einkassiert haben. Die erwartete Förderung in Monterey im US-Bundesstaat Kalifornien wurde vom Energie Ministerium der USA von 13,7 Milliarden Barrel Öl auf nur 600 Millionen Barrel reduziert. Das entspricht einer Korrektur von 96 Prozent, wie die L.A. Times berichtet.

Der Analyst Ivan Sandrea ist sich sicher, dass die korrigierte Förderprognose von Monterey keine Ausnahme ist. „Entsprechende Abschreibungen von einigen der größten Player im Schiefergas-Sektor erreichen mittlerweile 35 Milliarden Dollar, was darauf hindeutet, dass einige dieser Investitionen nicht die technischen oder geschäftlichen Erwartungen erfüllen“, zitiert das Online-Magazin The Tyee den Analysten.

Vor diesem Hintergrund erscheint es äußerst fragwürdig, dass der EU-Kommissar für Energie, Günther Oettinger, noch immer für Fracking als nachhaltige Lösung für Europas Energieversorgung wirbt.

„Ich schätze, dass Europa das Potenzial hat, etwa ein Zehntel seines Bedarfs langfristig auf diesem Weg zu decken“, zitiert Euractiv den Energie-Kommissar. Das würde der EU erlauben sich von der Energieabhängigkeit Russlands zu lösen, so Oettinger. Erst kürzlich hat die Bundesregierung ein Fracking-Gesetz verabschiedet, dass die Schiefergas-Förderung in Deutschland unter Auflagen genehmigt (mehr hier). Und Firmen wie ExxonMobil und die BASF-Tochter Wintershall stehen schon bereit, um mit der Förderung zu beginnen.

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