Politik

Mit EU-Steuergeld: Ukraine lässt Schweine und Rinder registrieren

Die Ukraine verabschiedet ein neues Gesetz, nach dem Nutztiere nach EU-Recht gekennzeichnet werden. Poroschenko garantiert den Fleisch- und Milch-Konsumenten so ein „sicheres Produkt“. Die Kosten will der Staat übernehmen, der de facto kurz vor der Pleite steht. Daher werden die „Hilfsgelder aus Brüssel“ genutzt, um die ukrainische Landwirtschaft zu subventionieren. Der europäische Markt könnte so für die ukrainischen Nutztiere geöffnet werden. Für die von den Russland-Sanktionen betroffenen Bauern wäre das eine neue, unerwünschte Konkurrenz.
21.09.2014 01:09
Lesezeit: 2 min

Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko unterzeichnete ein Gesetz, dass die obligatorische Kennzeichnung und Registrierung von Nutztieren nach EU-Recht regelt.

Rinder, Schweine, Pferde, Schafe und Ziegen werden künftig „auf Staatskosten“ registriert. Da die Ukraine de facto kurz vor der Staatspleite steht, wird das Geld dafür aus der EU stammen. Die EU hat der Ukraine bereits weitere Milliarden-Hilfen zugesagt und zu großen Teilen bereits ausgezahlt. Das in der vergangenen Woche unterzeichnete Assoziierungsabkommen sieht die Übernahme von zahlreichen EU-Regulierungen durch die Ukraine vor.

Im „Einklang mit EU-Recht wird so ein System der kontinuierlichen Überwachung der Gesundheit der Tiere“ geschaffen. „Der Staat kann den Konsumenten garantieren, dass künftig bei Fleisch- und Milchprodukte die Herkunft bekannt ist und die Produkte somit sicher sind“, berichtet Ukrinform.

Wie und in welcher Form diese Kontrollen stattfinden sollen, gibt der Präsident allerdings nicht bekannt.

Dietrich Treis, deutscher Agrarberater in der Ukraine und Koordinator der International Farmers Association of Ukraine, überrascht der Vorgang nicht: „Seit einigen Jahren gibt es eine Harmonisierung ukrainischer Standards mit europäischen Standards. Das hat verschiedene Gründe. Zum einen natürlich das Freihandelsabkommen, das ja schon seit 5 Jahren vorbereitet wird. Seit diesem Zeitpunkt wird mehr oder weniger intensiv an der Harmonisierung gearbeitet. Noch im Herbst letzten Jahres wurden viele Gesetze im Parlament durchgeboxt, die als Voraussetzung für das Freihandelsabkommen galten“, sagte Treis den Deutschen Wirtschafts Nachrichten.

Außer den Lebensmittelstandards, seien auch schon viele Umweltstandards angeglichen worden. Die Umsetzung verlaufe allerdings nur schleppend.“ Auf dem Papier ist die Ukraine wohl der EU näher als die meisten denken, die Umsetzung hinkt aber noch hinterher“.

Der Austausch beider Länder sei allerdings noch eingeschränkt: „Wenn ich den Markt richtig einschätze, wird aus der Ukraine in erster Linie Futtergetreide in die EU geliefert. Die Ukraine bezieht Saatgut, Zuchttiere und verarbeitete Lebensmittel aus der EU. Bisher wird wohl nur Ei und Geflügelfleisch in nennenswertem Umfang in die EU exportiert, da diese Produzenten sich am besten auf die EU-Standards eingestellt haben und sie erfüllen.“

Die ukrainische Landwirtschaft leide unter der aktuellen Situation. „Durch die Sanktionen hat sie einen Großteil des russischen Marktes verloren, was sich vor allem auf dem Milch- und Fleischmarkt bemerkbar macht. Die politisch und wirtschaftlich angespannte Lage wirkt sich natürlich auch auf die Banken und damit auf die Finanzierungsmöglichkeiten aus. Bankkredite sind kaum noch zu bezahlen, wenn man überhaupt einen Kredit bekommt. Das war aber schon Ende letzten Jahres schwierig, der Krieg im Osten hat die Lage aber weiter verschärft.“

Die Landwirte hätten laut Treis aber Glück, das sie Produkte für den Weltmarkt produzieren und die Preise damit quasi an den Dollar gekoppelt sind. „Das bedeutet, sinkt der Griwnakurs, steigt der Weizenpreis im Lande - allerdings nicht immer im gleichen Verhältnis und nicht immer sofort. Lohnkosten bleiben aber in Griwna in etwa die gleichen, sinken aber dadurch im Verhältnis zum Dollar. Der generelle Preisverfall für Agrarrohstoffe wird dadurch aber etwas abgefedert. Von allen Industriezweigen geht es dem Agrarbereich wohl am besten - besser als ich es im Frühjahr erwartet habe.“

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