Politik

Die letzte Zeitumstellung: Russland schafft die Sommerzeit ab

Russland stellt am Sonntag auf den ewigen Winter um: Das Experiment von Premier Medwedew, die Uhren dauerhaft auf Sommerzeit laufen zu lassen, hat sich nicht bewährt. Eine Teilung in Sommer- und Winterzeit wie in Deutschland wird es nicht geben.
25.10.2014 12:12
Lesezeit: 2 min

Russland hatte vor drei Jahren die Zeitumstellung abgeschafft und wollte das Land dauerhaft auf Sommerzeit laufen lassen. Experten hielten die Initiative des damaligen Kremlchefs Dmitri Medwedew, der etwa Kühen das ständige Umgewöhnen an Melkzeiten ersparen wollte, für überstürzt. An diesem Sonntag (26. Oktober) soll der Fehler korrigiert werden. Das größte Land der Erde lebt künftig dauerhaft nach der sogenannten Winterzeit.

Auch in Deutschland ist die Zeitumstellung äußerst unpopulär. Einer Umfrage im Auftrag der DAK-Gesundheit zufolge halten 71 Prozent der Befragten sie für überflüssig und wollen sie am liebsten abschaffen. Etwa jeder Vierte kämpft demnach mit den Folgen der Uhrumstellung, vor allem Berufstätige klagen über gesundheitliche Probleme. Für die Bundesregierung ist eine Abschaffung laut Regierungssprecher Steffen Seibert aber derzeit kein Thema.

Russland erlebt nun erstmals seit dem Frühjahr 2011 erlebt also wieder eine Zeitumstellung - und es soll, wie der Kreml versichert, das letzte Drehen am Uhrzeiger sein. Diesmal wirklich. Nach langem Hin und Her hatten die Staatsduma und Präsident Wladimir Putin im Sommer das von Anfang an umstrittene Gesetz von Medwedew, der jetzt Regierungschef ist, gekippt. Putin hatte auch im Gespräch mit Profisportlern eingeräumt, dass er wie sie im Winter zu lange brauche, um am Morgen in die Gänge zu kommen.

Wie in Mitteleuropa werden die Uhren in Russland in der Nacht zum Sonntag um eine Stunde zurückgestellt (man hat also eine Stunde mehr Schlaf). Der Abgeordnete Sergej Kalaschnikow berief sich in der Staatsduma - dem russischen Parlament - auf Beschwerden von Bürgern, die eine Rückkehr zur Winterzeit forderten. Er zitierte auch Analysen von Ärzten, die bei vielen Russen festgestellt hätten, dass sich ihr Gesundheitszustand im Vergleich zu früheren Zeiten verschlechtert habe. Betroffen von einem gestörten Biorhythmus waren demnach vor allem Menschen in Regionen, deren Zonen stark von der astronomischen Zeit abwichen.

Für die von Medwedew beschworenen «Vorteile für Mensch und Tier» durch eine dauerhafte Sommerzeit fehlten hingegen die Beweise. Der Politiker sah sich Vorwürfen ausgesetzt, ein ganzes Land zum Experimentierfeld gemacht zu haben.

Zudem ließ Medwedew die Zeitzonen in dem flächenmäßig größten Land der Erde von elf auf neun reduzieren. Als Vorbilder für eine Zusammenlegung von Zeitzonen nannte er andere große Staaten wie China und die USA. Medwedew wollte am Ende noch mehr Zeitzonen abschaffen, um so das Zusammenwachsen der Regionen zu fördern. Doch ist auch das nun Geschichte.

Mit der Zeitumstellung am Sonntag erhält Russland wieder seine elf Zeitzonen zurück. Schon zu Sowjetzeiten galten die Zeitzonen als Ausdruck der Größe des Riesenreiches zwischen Ostsee und Pazifik.

Viele Russen beklagen aber auch, dass sie nun die Rechnungen für die Launen ihrer Politiker bezahlen müssen. So werden allein die Kosten für die neue Eichung von Strommessgeräten pro Haushalt mit 700 Rubel (rund 13 Euro) angegeben. Experten bezifferten die Gesamtkosten für das Land auf eine Milliarde Rubel (rund 19 Millionen Euro).

In einer Umfrage des staatlichen Meinungsforschungsinstituts Wziom zeigt sich die Bevölkerung gespalten über die Fragen des Zeitenwechsels. Etwas mehr als ein Drittel der Russen sei froh über die dauerhafte Winterzeit. 35 Prozent der Befragten hätten sich allerdings für eine Rückkehr zu dem lange auch in Russland üblichen Wechsel zwischen Winter- und Sommerzeit ausgesprochen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Weil Eltern keine Superhelden sein müssen!

Familien haben ihren ganz speziellen Vorsorgebedarf, der mit den Kindern wächst und sich verändert. Unterstützen Sie Familien bei der...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Finanzen
Finanzen Bayer-Aktie: Glyphosat-Urteil verunsichert Anleger - Kurs extrem volatil
26.03.2025

Ein US-Gericht hat Bayer in einem Glyphosat-Prozess zu einer Milliarden-Schadenersatzzahlung verurteilt. Anleger zeigten sich am Montag...

DWN
Politik
Politik Koalitionsverhandlungen zwischen CDU und SPD: Bei diesen Streitthemen knirscht es noch
26.03.2025

Union und SPD haben sich auf ein großes Finanzpaket für Verteidigung und Infrastruktur verständigt. Doch in zentralen Streitpunkten wie...

DWN
Finanzen
Finanzen SAP-Aktie stürzt nach März-Kursrallye ab
26.03.2025

SAP hat Novo Nordisk als wertvollstes Unternehmen Europas abgelöst. Die Marktkapitalisierung übertrifft den ehemaligen Spitzenreiter um 4...

DWN
Politik
Politik Russlands Außenminister Lawrow: Nordstream-Pipelines im Fokus der USA
26.03.2025

Drei von vier Strängen der Nordstream-Pipelines liegen zerstört in der Ostsee. Dennoch bleiben sie ein Thema für Russland und die USA....

DWN
Unternehmen
Unternehmen Dienstreisen als Steuerfalle: Wie Unternehmen hohe Nachzahlungen verhindern
26.03.2025

Was viele Unternehmer nicht wissen: Bereits regelmäßige Geschäftsreisen in ein bestimmtes Land oder die Nutzung temporärer Büroräume...

DWN
Politik
Politik US-Chatskandal: Trump weist Verantwortung von sich
26.03.2025

Nach der Enthüllung des US-Chatskandals mit sensiblen Militärinformationen spielt Präsident Donald Trump die Tragweite der...

DWN
Politik
Politik Sicherheitslage im Schwarzen Meer: Russland fordert Aufhebung von Sanktionen
26.03.2025

Die Bemühungen um eine Deeskalation des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine zeigen weiterhin kaum Wirkung. Während die USA als...

DWN
Politik
Politik Razzia in sechs Bundesländern wegen mutmaßlicher Eritrea-Terrorgruppe
26.03.2025

Die Bundesanwaltschaft durchsucht Wohnungen im Zusammenhang mit einer Eritrea-Terrorgruppe. Diese soll für gewaltsame Ausschreitungen in...