Politik

US-Vize Biden in Kiew: „Russland wird einen hohen Preis zahlen“

Lesezeit: 2 min
22.11.2014 00:21
US-Vizepräsident Joe Biden droht Russland mit der Isolation in der Weltgemeinschaft. Die Russen müssten endlich die Lage in der Ukraine stabilisieren, sonst müssten sie eine hohen Preis zahlen. Über eine Aufklärung der zivilen Opfer der Schüsse am Maidan oder der Absturzopfer von Flug MH17 sprach Biden nicht. Mit seinen Attacken gegen Moskau ist Biden der unumstrittene Cheerleader des neuen Kalten Krieges.
US-Vize Biden in Kiew: „Russland wird einen hohen Preis zahlen“

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Am Rande des Gedenkens an die Maidan-Proteste hat US-Vizepräsident Joe Biden Russland mit «Isolation» gedroht, sollte Moskau nicht stärker zur Lösung der Ukraine-Krise beitragen. Russland halte Vereinbarungen für eine Beilegung des Konflikts nicht ein und provoziere mit ihrer «Unterstützung für prorussische Separatisten», kritisierte Biden am Freitag bei einem Treffen mit dem ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko in Kiew einem dpa-Bericht zufolge. «Russland wird einen hohen Preis dafür zahlen», drohte er.

Wofür die Russen genau zahlen sollen, sagte Biden nicht: Zunächst war der Abschuss von MH17 als Grund für die Bestrafung Russlands angegeben worden. Bis heute haben weder die Regierung in Kiew noch die Amerikaner Beweise oder auch nur deutliche Indizien vorgelegt, dass die Russen hinter dem Abschuss stecken. Der BND behauptet weiter, dass Russland eindeutig schuld an dem Abschuss sei. Einem Bundestagsabgeordneten wurde jedoch die Auskunft über mögliche Beweise verweigert, weil er angeblich als Geheimnisträger unzuverlässig sei.

Russlands Präsident Putin hatte in einem ARD-Interview erklärt, dass Russland sehr wohl an einer friedlichen Lösung interessiert sei. Putin äußerte jedoch Zweifel am Willen des Westens, eine gemeinsame Lösung für die Ukraine zu erarbeiten.

Biden und Poroschenko sprachen sich für eine Fortsetzung des Minsker Gesprächsformats aus. An den Verhandlungen in der weißrussischen Hauptstadt sind neben der Ukraine, Russland und der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) auch die Aufständischen beteiligt. Der wirtschaftlich angeschlagenen Ukraine sicherte Biden finanzielle Unterstützung der US-Steuerzahler zu.

Im Zentrum von Kiew hielten ehemalige Maidan-Aktivisten einen Marsch zur Erinnerung an die mehr als 100 Menschen ab, die bei den Protesten gegen die Regierung Janukowitsch in der Hauptstadt getötet wurden. Ziel des Zuges war der Unabhängigkeitsplatz (Maidan), wo das Herz des Protests schlug, der am 21. November 2013 begann. Beim Gedenken wurde Poroschenko mit Protesten konfrontiert, weil die Regierung der Ukraine die Vorfälle bis heute nicht aufgeklärt hat (ein sehenswerter Monitor-Bericht über die Verschleppung der Aufklärung - hier). Wütende Angehörige getöteter Demonstranten forderten lautstark Aufklärung der Gewalt bei den Kundgebungen vor allem im Frühjahr. «Schande» und «Poroschenko, wo sind die Mörder?», riefen aufgebrachte Zuschauer der Gedenk-Zeremonie. Poroschenko kündigte später an, alle bei den Maidan-Protesten getöteten Menschen als «Helden der Ukraine» zu ehren.

Welche Rolle die westlichen Geheimdienste bei den Protesten gespielt haben, ist bisher ebenso unklar wie die Frage, wer wirklich die Verantwortung für die Todesschüsse trägt. Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte sich nach der Eskalation für eine Untersuchung stark gemacht: „Die Bundesregierung setzt sich – auch gemeinsam mit ihren Partnern in der Europäischen Union – für eine umfassende und transparente, unter Einbeziehung internationaler Institutionen erfolgende, Aufklärung aller Gewaltakte in Kiew ein“, hieß es noch im Frühjahr in einem Schreiben der Bundesregierung an die Bundestagsabgeordnete Sarah Wagenknecht: „Dies gilt auch für die Todesfälle in der Zeit vom 18. Bis 20. Februar 2014.“

Die US-Sonderbeauftragte für Osteuropa, Victoria Nuland, hatte während des Aufstands in Kiew unverhohlen die Ernennung von Arseni «Jaz» Jazenjuk zum Premier betrieben. Zu möglichen Einwänden aus der EU - Merkel hätte lieber den Boxer Klitschko an der Spitze der Regierung gesehen - sagte Nuland in einem von den Russen abgefangenen Telefonat lediglich anzumerken: «Fuck the EU!»

Auch heute - ein Jahr später - sind die Todesschüsse am Maidan nicht aufgeklärt. Die Aufklärung verlief ebenso wie die Untersuchung des Abschusses von MH17 im Sand.

Geblieben sind die unversöhnlichen Töne, in deren Chor der US-Vizepräsident Biden eine Art Cheerleader-Rolle spielt. Biden hatte kürzlich eingeräumt, dass die Amerikaner die EU-Politiker zwingen mussten, den von den Amerikanern geforderten Sanktionen gegen Russland zuzustimmen.

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..


Mehr zum Thema:  

DWN
Politik
Politik Verfassungsgericht stärken: Mehrheit der Parteien auf dem Weg zur Einigung?
28.03.2024

Das Verfassungsgericht soll gestärkt werden - gegen etwaige knappe Mehrheiten im Bundestag in aller Zukunft. Eine Einigung zeichnet sich...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Deutschlands maue Wirtschaftslage verhärtet sich
28.03.2024

Das DIW-Konjunkturbarometer enttäuscht und signalisiert dauerhafte wirtschaftliche Stagnation. Unterdessen blieb der erhoffte...

DWN
Politik
Politik Corona-Aufarbeitung: Lauterbach will RKI-Protokolle weitgehend entschwärzen
28.03.2024

Gesundheitsminister Karl Lauterbach hat angekündigt, dass einige der geschwärzten Stellen in den Corona-Protokollen des RKI aus der...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Brückeneinsturz in Baltimore trifft Importgeschäft der deutschen Autobauer
28.03.2024

Baltimore ist eine wichtige Drehscheibe für die deutschen Autobauer. Der Brückeneinsturz in einem der wichtigsten Häfen der...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft „Made in Germany“ ist wieder gefragt - deutsche Exporte steigen deutlich
28.03.2024

Der Außenhandel in Deutschland hat wider Erwarten zu Jahresbeginn deutlich Fahrt aufgenommen. Insgesamt verließen Waren im Wert von 135,6...

DWN
Finanzen
Finanzen Der Ukraine-Krieg macht's möglich: Euro-Bonds durch die Hintertür
28.03.2024

Die EU-Kommission versucht, mehr Macht an sich zu ziehen. Das Mittel der Wahl hierfür könnten gemeinsame Anleihen, sogenannte Euro-Bonds,...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Osterfreude und EM-Fieber: Hoffnungsschimmer für Einzelhandel
28.03.2024

Das Ostergeschäft verspricht eine Wende für den deutschen Einzelhandel - nach einem düsteren Februar. Wird die Frühlingshoffnung die...

DWN
Immobilien
Immobilien Immobilienkrise für Banken noch nicht überwunden
28.03.2024

Die deutschen (Pfandbrief-)Banken sind stark im Gewerbeimmobilien-Geschäft engagiert. Das macht sie anfällig für Preisrückgänge in dem...