Finanzen

Kurswechsel der SNB zwingt erste Broker in die Insolvenz

Lesezeit: 2 min
16.01.2015 16:00
Die Entkoppelung des Schweizer Franken vom Euro hat die ersten Insolvenzen von Devisen-Händlern ausgelöst. Die Schockwellen des radikalen Kurswechsels der SNB lösten auch bei Hedge Fonds und institutionellen Anlegern Verluste aus. Erste Rettungs-Maßnahmen wurden angestoßen.
Kurswechsel der SNB zwingt erste Broker in die Insolvenz

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Die überraschende Aufhebung des Euro-Mindestkurses von 1,20 Franken durch die Schweizerische Nationalbank (SNB) hat viele Anleger überrascht. Die Kehrtwende brockte aber nicht nur Investoren Verluste ein, sondern auch Brokern von Neuseeland bis New York, über die sie handeln. Der britische Währungshändler Alpari wurde eigenen Angaben vom Freitag zufolge gar zahlungsunfähig. Bei einer Mehrheit der Kunden überstiegen die Verluste ihr eingezahltes Kapital. Bei Kunden, die die Lücke nicht stopfen konnten, gingen die Verluste auf den Broker über. "Dies hat Alpari (UK) Limited gezwungen, Insolvenz anzumelden", teilte das Unternehmen mit. Inzwischen hat sich die britische Finanzmarktaufsicht eingeschaltet und arbeitet einem Sprecher zufolge eng mit der Firma zusammen.

Robert Albertson von Sandler O’Neill sagte auf Bloomberg, alle Anleger befänden sich nun auf einer ziemlich nervösen Suche nach einem sicheren Versteck für Ihre Vermögen.

Der SNB-Entscheid hinterlässt auch bei einer kleinen Schweizer Online-Bank Spuren. Bei Swissquote erlitten Kunden Verluste, und die Bank sprach von Rückstellungen in Höhe von 25 Millionen Franken. "Viele Kunden folgten der von der SNB regelmäßig bestätigten Strategie und haben auf eine Abschwächung des Frankens gegenüber dem Euro gesetzt", erklärte die auf den Online-Handel für kleinere Kunden spezialisierte Brokerbank. Die Rückstellung werde sich im Abschluss des ersten Halbjahres niederschlagen, ohne jedoch die Profitabilität und die Solidität der Bank infrage zu stellen. An der Börse sackte Swissquote um neun Prozent ab.

Nach der Abschaffung des Mindestkurses am Vortag wertete der Franken zum Euro stark auf. Ein Euro kostet derzeit noch rund 1,01 Franken.

In Neuseeland geriet die kleine Devisenhandelsbank Global Brokers NZ nach den von der SNB ausgelösten Kursturbulenzen am Devisenmarkt ins Visier der Bankenaufsicht. Die Bank teilte mit, Verluste bei Kunden mit Franken-Positionen hätten das Kapital der Bank so vermindert, dass sie die Eigenkapitalanforderungen nicht mehr erfüllen könne. Die Financial Market Authority (FMA) prüfe nun, ob die Einlagen der Kunden bei Global Brokers noch sicher seien, sagte ein FMA-Sprecher.

Die an der New Yorker Börse gelistete Devisenhandelsfirma FXCM berichtet, ihre Kunden hätten Verluste von umgerechnet insgesamt 225 Millionen Dollar eingefahren. Darauf habe die Gesellschaft möglicherweise Kapitalanforderungen der Regulatoren verletzt. Das Unternehmen verhandelt laut Bloomberg über eine Rettung durch Jefferies, die 200 Millionen Dollar betragen soll.

Die Verluste werfen Fragen zur Zukunft des riskanten Devisenhandels für Kleinanleger auf. Angaben der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich entfallen fast vier Prozent des täglichen Devisenhandelsvolumens von fast zwei Billionen Dollar auf diese Marktteilnehmer.

Aber nicht nur Kleinanleger und ihre Broker litten unter dem SNB-Entscheid, auch Hedgefonds und andere Großanleger holten sich eine blutige Nase. Bei der kalifornischen Merk Investments wurde die im Januar aufgelaufene Jahresrendite von zwei Prozent auf einen Schlag aufgefressen, erklärte Firmenchef Axel Merk. Daten einer US-Aufsichtsbehörde zufolge hatten Anleger unter dem Strich 3,5 Milliarden Dollar auf einen fallenden Franken gesetzt. Dies war der höchste Stand seit Juni 2013.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Halbzeit Urlaub bei ROBINSON

Wie wäre es mit einem grandiosen Urlaub im Juni? Zur Halbzeit des Jahres einfach mal durchatmen und an einem Ort sein, wo dich ein...

DWN
Finanzen
Finanzen Die Vor- und Nachteile von Krediten: Was Anleger wissen müssen
24.04.2024

Kredite können eine wertvolle finanzielle Unterstützung bieten, bringen jedoch auch Risiken mit sich. Was sind die Vor- und Nachteile und...

DWN
Politik
Politik Europaparlament billigt neue EU-Schuldenregeln nach langwierigen Debatten
23.04.2024

Monatelang wurde über Europas neue Regen für Haushaltsdefizite und Staatsschulden diskutiert. Die EU-Abgeordneten sprechen sich nun für...

DWN
Immobilien
Immobilien Bauministerin: Innenstädte brauchen vielfältigere Angebote
23.04.2024

Klara Geywitz wirbt für mehr Vielfalt in den deutschen Innenstädten, um damit stabilere Immobilienmärkte zu unterstützen. Ein Mix von...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Palantir: Wie Vorurteile die sinnvolle Anwendung von Polizei-Software behindern
23.04.2024

Palantir Technologies ist ein Software-Anbieter aus den USA, der entweder Gruseln und Unbehagen auslöst oder Begeisterung unter seinen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen 20 Jahre EU-Osterweiterung: Wie osteuropäische Arbeitskräfte Deutschland unterstützen
23.04.2024

Zwei Jahrzehnte nach der EU-Osterweiterung haben osteuropäische Arbeitskräfte wesentlich dazu beigetragen, Engpässe im deutschen...

DWN
Finanzen
Finanzen Der DWN-Marktreport: Spannung und Entspannung – Geopolitik sorgt für Bewegung bei Aktien und Rohstoffen
23.04.2024

Die hochexplosive Lage im Nahen Osten sorgte für reichlich Volatilität an den internationalen Finanz- und Rohstoffmärkten. Nun scheint...

DWN
Finanzen
Finanzen Staatsverschuldung auf Rekordhoch: Steuerzahlerbund schlägt Alarm!
23.04.2024

Der Bund Deutscher Steuerzahler warnt: Ohne Kehrtwende droht der fiskalische Abgrund, trotzdem schöpft die Bundesregierung das...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Zahl der Apotheken in Deutschland sinkt weiter - Verband alamiert
23.04.2024

Laut neuen Zahlen gibt es immer weniger Apotheken-Standorte. Der Apothekerverband spricht von „alarmierenden Zeichen“ und erklärt,...