Finanzen

Ukraine: Anleihen-Gläubiger schließen sich gegen Regierung zusammen

Mehrere Anleihen-Gläubiger der Ukraine haben sich kurz vor den Verhandlungen mit der Regierung in Kiew zusammengeschlossen und lassen sich von der US-Investmentgesellschaft Blackstone vertreten. Die ukrainische Finanzministerin Natalia Jaresko fordert von den Gläubigern einen Schuldenschnitt von 15 Milliarden Dollar. Doch diese wollen nicht nachgeben.
16.03.2015 23:19
Lesezeit: 2 min

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Die größten Gläubiger der Ukraine haben sich zusammengetan und Berater für die anstehenden Verhandlungen zur Schulden-Restrukturierung mit der Regierung in Kiew angeheuert. Die internationalen Schulden des Landes belaufen sich derzeit auf 17 Milliarden Dollar. Nach Insider-Informationen soll die US-amerikanische Investmentgesellschaft Blackstone Advisory Gläubiger bei den Verhandlungen vertreten, die etwa 50 Prozent aller ukrainischen Schuldtitel halten. Diese Gläubigergruppe hat eine starke Verhandlungsposition und kann die Gespräche auch ohne jegliche Zugeständnisse platzen lassen.

Sie wird vom US-Vermögensverwalter Franklin Templeton angeführt, der ukrainische Staatsanleihen im Volumen von sieben Milliarden Dollar hält. Die meisten davon soll Franklin Templeton vor dem Umsturz der Janukowitsch-Regierung erworben haben.

Im Jahr 2012 beriet Blackstone gemeinsam mit der US-Investmentbank Lazard die griechische Regierung und war maßgeblich an der Umstrukturierung der griechischen Banken beteiligt. Doch bei den Verhandlungen zwischen der ukrainischen Regierung und ihren Gläubigern wird Lazard diesmal die Regierungsseite vertreten. Lazard berät derzeit auch die griechische Regierung. Die Gläubiger-Seite in der Ukraine wird juristisch von Weil Gotshal und die Regierung von White & Case. vertreten.

Die ukrainische Finanzministerin Natalia Jaresko hat vergangene Woche eine Telefonkonferenz mit den Gläubigern geführt, um den Wunsch nach einem Schuldenerlass in Höhe von 15 Milliarden Dollar anzukündigen. Doch die Gläubiger werden offenbar einen Hair-Cut in dieser Höhe nicht akzeptieren.

Russland stellt eine weitere große Hürde für die Regierung in Kiew dar. Im Jahr 2013 hatte die damalige Janukowitsch-Regierung Staatsanleihen in Höhe von drei Milliarden Dollar begeben, die von Russland erworben wurden und 2015 auslaufen. Der Kreml hatte zuvor angekündigt, dass ein Schuldenerlass nicht in Frage komme. Nach Angaben des russischen Präsidialamtschefs Sergej Iwanow habe die Ukraine zudem Kredite von russischen Banken in Höhe von 25 Milliarden Dollar aufgenommen. Der Kreml könnte seine Haltung während der Verhandlungen mit Kiew davon abhängig machen, ob die russischen Banken wieder einen Zugang zum internationalen Kapitalmarkt bekommen oder nicht. Denn Russland mangelt es wegen den westlichen Sanktionen an liquiden Mitteln. Jedenfalls könnte Moskau indirekten Druck auf den Westen ausüben.

Allerdings hat Jaresko zuvor eine „Sonderbehandlung“ für russische Gläubiger abgelehnt. Wenn sich Russland gegen eine Restrukturierung seiner ukrainischen Staatsanleihen weigert, muss Jaresko versuchen, einen umso tieferen Hair-Cut bei den anderen Gläubigern durchzusetzen. Doch die Verhandlungen können nach Angaben des IWF ohnehin langwierig werden.

In diesem Zusammenhang soll die Ukraine insgesamt Kredite von 40 Milliarden Dollar aus internationalen Steuergeldern erhalten. Zu diesem Zweck werden „Reformen“ vor allem dergestalt verlangt, dass das Sozialsystem abgebaut und Privatisierungen durchgeführt werden. Die Regierung in Kiew zeigte sich bisher hocherfreut über die „Hilfen“. Doch Jaresko will von dem Geld Waffen kaufen. Die europäischen Banken sind erleichtert, weil Kiew vorerst weiter seinem Schuldendienst nachkommen kann.

Gleichzeitig erhalten die ukrainischen Oligarchen, die oftmals kein offizielles Amt bekleiden, einen Zugriff auf europäische Steuergelder. Sie gelten im Westen als legitime und einflussreiche Gesprächs- und Verhandlungspartner.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Hitzestress am Arbeitsplatz: Mehr Krankmeldungen bei Extremtemperaturen
02.07.2025

Extreme Sommerhitze belastet nicht nur das Wohlbefinden, sondern wirkt sich zunehmend auf die Arbeitsfähigkeit aus. Bei Hitzewellen...

DWN
Politik
Politik Europa vor dem Zerfall? Ex-Premier Letta warnt vor fatalem Fehler der EU
02.07.2025

Europa droht, zum Museum zu verkommen – oder zum Spielball von Trump und China. Italiens Ex-Premier Letta rechnet ab und warnt vor dem...

DWN
Politik
Politik Warum sprechen diese Woche alle über Trumps „Big Beautiful Bill“?
01.07.2025

Es ist Trumps größtes Prestigeprojekt. Doch welche Vor- und Nachteile hat das Gesetzespaket, das am Freitag unterschriftsreif auf dem...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Kernenergie-Aktien explodieren um 542 Prozent: Anleger warnen vor Blasenbildung
01.07.2025

Kernenergie-Aktien feiern ein spektakuläres Comeback – befeuert durch den steigenden Strombedarf für Rechenzentren. Die Branche erlebt...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Svenska Digitaltolk: Dolmetscher-Gigant kauft KI-Unternehmen – Millionenumsatz prognostiziert
01.07.2025

Schwedens Dolmetscher-Gigant will Europas Übersetzungsmarkt aufrollen – mit KI, Millionenplänen und dem Griff nach Deutschland. Doch...

DWN
Politik
Politik Grenze zu – zumindest teilweise: Polen kontrolliert ab Montag
01.07.2025

Polen wird ab kommendem Montag vorübergehend wieder Grenzkontrollen an der Grenze zu Deutschland einführen. Das kündigte...

DWN
Politik
Politik Krankenkassen schlagen Alarm: Zusatzbeiträge könnten deutlich steigen
01.07.2025

Die gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) warnen vor Druck zu neuen Beitragserhöhungen ohne eine rasche Bremse für steigende Kosten....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Thyssenkrupp-Umbau betrifft Tausende – Betriebsräte fordern Klarheit
01.07.2025

Angesichts weitreichender Umbaupläne bei Thyssenkrupp fordern die Beschäftigten klare Zusagen zur Zukunftssicherung. Betriebsräte pochen...