Politik

Bundesbank mit einem Abgesang: Der Euro-Zone geht die Luft aus

Lesezeit: 2 min
23.03.2015 15:22
Die Deutsche Bundesbank hat in ihrem aktuellen März-Bericht einen veritablen Abgesang auf hochfahrende EU-Pläne angestimmt: Die Bundesbank sieht derzeit keine Chance auf mehr Integration oder gar eine politischen Union. Statt sich in Träumen von einem Bundesstaat Europa zu verlieren, sollte die Euro-Zone lieber ein Insolvenzrecht für Staaten vorlegen. Bisher haben die Euro-Retter diese wichtige Vorkehrung sträflich vernachlässigt.
Bundesbank mit einem Abgesang: Der Euro-Zone geht die Luft aus

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Mit dem Frühlingsbeginn legt die Deutsche Bundesbank eine erfrischend nüchterne Analyse vor, in welche Richtung sich die Euro-Zone entwickelt. Zwar sieht auch die Bundesbank die Vorteile, die die Vereinigten Staaten von Europa bringen könnten:

„Das...Leitbild fußt unter den Stichworten „Fiskalunion“ oder „Politische Union“ auf einer wirtschafts- und finanzpolitischen Integration. Hierbei werden Haftung und Kontrolle dadurch im Gleichgewicht gehalten, dass eine stärkere Vergemeinschaftung von Risiken durch die Abgabe von (zumindest finanzpolitischer) Souveränität auf eine zentrale europäische Ebene auf- gefangen wird.) Eine Weiterentwicklung in diese Richtung wurde während der akuten Zuspitzung der Krise von verschiedenen Seiten gefordert.) In der Tat ist eine konsistente, von breiten politischen Mehrheiten in allen Ländern und gemeinsamen wirtschaftspolitischen Vorstellungen getragene Fiskalunion oder politische Union – ein Bundesstaat – insgesamt weniger krisenanfällig als eine Währungsunion eigenverantwortlicher Mitgliedstaaten, wenn bei letzterer eine Insolvenz einzelner Staaten als nicht verkraftbar erscheint.“

Doch für diesen radikalen Ansatz fehlt der Euro-Zone die Kraft - ihr ist im Zuge der jahrelangen Rettungen offenbar die Luft ausgegangen, um nun doch noch die vollständige Integration zu erzwingen:

„Zuletzt scheinen aber nach dem Beschluss zu einer Bankenunion eine spürbar stärkere Integration oder grundlegende Vertragsänderungen politisch nicht mehr intensiver verfolgt zu werden, da offenbar hierfür und insbesondere für eine verstärkte Abgabe nationaler Souveränität keine Mehrheiten in den Mitgliedstaaten gesehen werden.“

Daher muss die Euro-Zone ihr ursprüngliches Konzept verfolgen, nämlich jenes, dass jeder Staat für seine eigenen Schulden verantwortlich sein soll:

„In der Währungsunion haben die Mitgliedstaaten in der Wirtschafts- und Finanzpolitik trotz aller Koordinierungsmechanismen weitgehende Entscheidungsautonomie. Im Gegenzug sind grundsätzlich die einzelnen Staaten für ihre Schulden verantwortlich, und eine Finanzierung durch die Notenbank oder eine Gemeinschaftshaftung sind untersagt. Dies entspricht dem Grundprinzip der Eigenverantwortung von Staaten, aber auch von Investoren.“

Ohne Griechenland ausdrücklich zu nennen, stellt die Bundesbank klar:

„Insofern muss in der Währungsunion auch der Extremfall einer Insolvenz eines Mitgliedstaates möglichst verkraftbar sein. Der ursprüngliche Rahmen trug diesem Aspekt – und insbesondere den damit verbundenen Auswirkungen auf die Finanzstabilität – nicht ausreichend Rechnung. Im Zuge der Krisenbekämpfung wurden zwar zahlreiche Reformen in Angriff genommen. An etlichen Stellen wurde allerdings die Balance hin zu mehr gemeinschaftlichen Haftungselementen verschoben.“

Diese Schlussfolgerung ist von Bedeutung, weil die Bundesbank den Euro-Rettern hier zwischen den Zeilen Vertragsbruch vorwirft: Statt sich um ein Insolvenzrecht zu kümmern, haben die Euro-Retter nämlich ohne jede rechtliche Grundlage die Haftungsgrenzen zwischen den Euro-Staaten verwischt. Die Bundesbank ist der Meinung, dass dies rechtlich nicht gedeckt ist - denn die EU könne und dürfe den Verträgen zufolge keine einzelnen Staaten retten:

„Das (aktuell geltende, Anm. d. Red.) Leitbild folgt einem dezentralen Ansatz und liegt dem Maastricht-Vertrag zugrunde. Es basiert jenseits der gemeinschaftichen Geldpolitik auf weitgehender nationaler Eigenverantwortung der Mitgliedstaaten. Diese kann durch europäische Regeln beispielsweise im Fiskalbereich zwar eingeschränkt werden, aber es gibt in letzter Konsequenz keine direkten Durchgriffsrechte der europäischen Ebene. Mit der weitgehenden Entscheidungsautonomie der Mitgliedstaaten korrespondieren der Ausschluss der Haftung für ihre Schulden durch andere Staaten oder die Gemeinschaft und die Möglichkeit eines Zahlungsausfalls eines Mitgliedstaates.“


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Halbzeit Urlaub bei ROBINSON

Wie wäre es mit einem grandiosen Urlaub im Juni? Zur Halbzeit des Jahres einfach mal durchatmen und an einem Ort sein, wo dich ein...

DWN
Technologie
Technologie Künstliche Intelligenz: Wie sich Deutschland im internationalen Rennen positioniert
26.04.2024

Die Deutsche Industrie macht Tempo bei der KI-Entwicklung. Das geht aus einer kürzlich veröffentlichten Analyse des Deutschen Patent- und...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Automesse China 2024: Deutsche Autohersteller im Preiskrieg mit BYD, Xiaomi und Co.
25.04.2024

Bei der Automesse in China steht der eskalierende Preiskrieg bei Elektroautos im Vordergrund. Mit hohen Rabatten kämpfen die Hersteller...

DWN
Technologie
Technologie 3D Spark: Ein Hamburger Start-up revolutioniert die Bahnbranche
25.04.2024

Die Schienenfahrzeugindustrie befindet sich in einem grundlegenden Wandel, in dessen Verlauf manuelle Fertigungsprozesse zunehmend...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Lieferdienste in Deutschland: Bei Flink, Wolt und anderen Lieferando-Konkurrenten geht es um alles oder nichts
25.04.2024

Getir, Lieferando, Wolt, UberEats - das Angebot der Essenskuriere ist kaum noch überschaubar. Wer am Markt letztlich bestehen wird,...

DWN
Politik
Politik Bericht: Habeck-Mitarbeiter sollen Kritik am Atom-Aus missachtet haben
25.04.2024

Wichtige Mitarbeiter von Bundesministern Habeck und Lemke sollen laut einem Bericht interne Zweifel am fristgerechten Atomausstieg...

DWN
Finanzen
Finanzen Feiertagszuschlag: Was Unternehmer an den Mai-Feiertagen beachten sollten
25.04.2024

Feiertagszuschläge sind ein bedeutendes Thema für Unternehmen und Arbeitnehmer gleichermaßen. Wir werfen einen genauen Blick auf die...

DWN
Finanzen
Finanzen Teurer Anlegerfehler: Wie der Blick in den Rückspiegel fehlgeht
25.04.2024

Anleger orientieren sich an den Renditen der vergangenen drei bis zehn Jahre, um Aktien oder Fonds auszuwählen. Doch laut Finanzexperten...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Kommunikation im Wandel – Was es für Unternehmen in Zukunft bedeutet
25.04.2024

In einer Ära schneller Veränderungen wird die Analyse von Trends in der Unternehmenskommunikation immer entscheidender. Die Akademische...