Politik

Tochter gegen Vater: Front National erklärt Bruch mit Partei-Gründer Le Pen

Lesezeit: 2 min
08.04.2015 17:10
Die Führung des Front National sagt sich von ihrem Parteigründer Jean-Marie Le Pen los. Der Vorstoß wird von der jetzigen Front-National-Chefin Marine Le Pen unterstützt. Es ist unklar, ob es sich wirklich um eine Trennung vom rechtsradikalen Gedankengut handelt oder ob die Aktion ein taktischer Schachzug ist, um den FN aus der politischen Isolation in Frankreich zu holen.

Mehr zum Thema:  
Europa >
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Europa  

Der Front National will sich von ihrem Gründer Jean-Marie Le Pen lossagen. Der Bruch mit dem 86-Jährigen sei „vollständig und definitiv“, schrieb Parteivize Florian Philippot am Mittwoch bei Twitter:

Parteichefin Marine Le Pen kündigte an, sie gehe mit dem Parteivorstand gegen Pläne ihres Vaters vor, bei der Regionalwahl im Dezember zu kandidieren. Sein Status als Ehrenvorsitzender erlaube es nicht, „die Front National als Geisel zu nehmen für derart ausfällige Provokationen“. Gemeinsam mit dem Vorstand wolle sie die Interessen der Partei schützen.

Jean-Marie Le Pen war mit erneut verharmlosenden Äußerungen über die Gaskammern der Nazis innerparteilich in die Kritik geraten. Er hatte seine Auffassung im Fernseh-Interview auf BFMTV verteidigt, die Gaskammern seien ein „Detail der Geschichte“ des Zweiten Weltkriegs. Deswegen war er bereits verurteilt worden. Auch jetzt nahm die Staatsanwaltschaft Vorermittlungen wegen Leugnung von Verbrechen gegen die Menschlichkeit auf. Zugleich hatte Le Pen in dem Interview die Vichy-Regierung von Pétain verteidigt, die mit den nationalsozialistischen deutschen Besatzern kollaboriert hatte und für den Tod von tausenden Juden verantwortlich ist, die von Frankreich aus in die Konzentrationslager deportiert worden waren.

Im Interview mit dem Journal „Rivarol“ sagt Jean-Marie Le Pen über den parteiinternen Streit und seine Tochter: „Man wird nur von den Seinen verraten“.

Über der Bruch echt ist oder nur eine wahltaktische Finte darstellt, ist aktuell nicht zu beurteilen. Die Zeitung Le Monde zeigt in einer Chronologie, dass es in den vergangenen Jahren schon oft zu Konflikten zwischen Marine Le Pen und ihrem Vater gekommen sei. Ganz verschwunden ist der Parteigründer jedoch nie. Erst vor wenigen Monaten hatte er mit neuerlichen antisemitischen Aussprüchen für Aufsehen gesorgt - allerdings ohne innerparteiliche Konsequenzen. Die einzige Reaktion, die die Partei damals zeigte: Sie ließ ein antisemitisches Video von Jean-Marie Le Pen aus dem Internet verschwinden, um den Vorfall unter den Teppich zu kehren.

Der Front National steht nach einem klaren Wahlerfolg bei den Kommunalwahlen vor einem großen nationalen Durchbruch: Es könnte Marine Le Pen gelingen, die erste Runde der Präsidentschaftswahlen zu gewinnen. Vor diesem Hintergrund ist es denkbar, dass das Zerwürfnis nur ein Schauspiel ist, um Le Pen an der rechtsradikalen Flanke zu entlasten und die Partei als Alternative der Mitte gegen Sarkozys UMP zu positionieren. Der FN vertritt in der Ausländerfrage eine ähnlich undifferenzierte Position wie die österreichische FPÖ und scheut nicht davor zurück, mit einer Sündenbock-Theorie um Stimmen zu kämpfen.

Für die möglicherweise ehrlichen Absichten von Marine Le Pen könnte sprechen, dass die Parteichefin selbst bisher peinlich darauf geachtet hat, keine rechtsradikale Sprüche zu klopfen. In einem Interview mit Le Monde sagte sie kürzlich, dass der FN in der Mitte der französischen Gesellschaft angekommen sei und sie nicht glaube, dass die Partei politisch isoliert sei.

In der EU wird der Aufstieg des FN mit Besorgnis wahrgenommen, weil Le Pen droht, das traditionelle Machtgefüge einer großen Koalition zwischen Konservativen und Sozialisten auf europäischer Ebene zu sprengen. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sich daher in den vergangenen Woche ostentativ auf die Seite von Francois Hollande gestellt, um den erfolglosen Präsidenten zu stützen. 


Mehr zum Thema:  
Europa >

DWN
Politik
Politik Sicherheitsrisiko Wiener Kanzleramt? Wie Österreich unter Herbert Kickl und FPÖ der neue Vasallenstaat Putins würde
13.01.2025

Herbert Kickl wird aller Voraussicht nach Kanzler Österreichs. In den Nachbarländern sorgt dies bei den einen für Stirnrunzeln, bei den...

DWN
Politik
Politik Weidel zu Windrädern: Das mit dem Abriss war so nicht gemeint
13.01.2025

Alice Weidel will Windkraftanlagen abreißen lassen. Das brüllte sie beim AfD-Parteitag so heraus, dass die jubelnde Menge elektrisiert...

DWN
Politik
Politik Schweden beteiligt sich mit drei Schiffen an Nato-Einsatz
13.01.2025

Nach den mysteriösen Schäden an Leitungen in der Ostsee sollen Nato-Kriegsschiffe die Region stärker überwachen. Unterdessen gibt es...

DWN
Politik
Politik Syrien-Konferenz: Außenministerin Baerbock stellt Lockerung von Sanktionen in Aussicht
13.01.2025

Arabische Staaten, die Türkei und EU-Staaten wie Deutschland beraten in Saudi-Arabien darüber, wie sie sich zu Syrien positionieren...

DWN
Politik
Politik Minister Pistorius berät mit europäischen Verteidigungsministern in Warschau
13.01.2025

Von Grönland über die Ostsee an die Front in der Ukraine: Wie kann mehr europäische Handlungsfähigkeit in der Verteidigungspolitik...

DWN
Politik
Politik Feuersbrunst in LA: Trump ätzt über Brandbekämpfung - und gegen Gouverneur Newsom
13.01.2025

Feuerwehrleute kämpfen Tag und Nacht gegen verheerende Brände in LA. Der künftige US-Präsident mokiert sich über die Bemühungen....

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Multilateralismus: Die USA und der Wandel internationaler Zusammenarbeit
13.01.2025

Der Multilateralismus steht vor einer Neubewertung, insbesondere durch die US-amerikanische Politik unter Präsident Trump. Im Kontext der...

DWN
Finanzen
Finanzen Nvidia-Aktie: Prognose 2025 mit Potential und Risiko - Nvidia-Aktie kaufen oder nicht?
12.01.2025

Die Nvidia-Aktie gehört zu den Lieblingspapieren sowohl der institutionellen Investoren als auch der privaten Anleger. Der US-Chipkonzern...