Finanzen

Trotz Sanktionen: Gazprom und BASF vereinbaren umfassenden Deal

BASF und Gazprom besiegeln einen milliardenschweren Tausch von Beteiligungen. BASF will sich aus dem Gashandel zurückziehen und das Geschäft mit der Öl- und Gasförderung forcieren. Gazprom schafft es mit dem Deal, seine Präsenz in Westeuropa auszubauen. Das Unternehmen erhält unter anderem Beteiligungen am Kasseler Gashandelsunternehmen Wingas.
05.09.2015 01:48
Lesezeit: 2 min

Ein angesichts der Ukraine-Krise zunächst gestopptes und umstrittenes Tauschgeschäft zwischen dem weltgrößten Chemiekonzern BASF und dem russischen Rohstoff-Riesen Gazprom kommt nun doch zustande. Getauscht werden dabei verschiedene Öl- und Gas-Beteiligungen, wie BASF am Freitag in Ludwigshafen mitteilte. „BASF und Gazprom sind übereingekommen, den im Dezember 2013 vereinbarten Tausch von wertgleichen Vermögensgegenständen zu vollziehen, der ursprünglich Ende 2014 durchgeführt werden sollte.“

Die BASF-Tochter Wintershall will sich komplett aus dem Gashandel verabschieden und stattdessen auf die Förderung von Öl und Gas konzentrieren. Gazprom bekommt außerdem Anteile an der Gas- und Ölförderung von Wintershall in der Nordsee und dürfte vor allem einen Zugang zum Endkundenmarkt in Westeuropa im Blick haben.

Wintershall gibt seine Anteile am Gashandels- und Speichergeschäft komplett an die Russen ab. Dazu zählen etwa Beteiligungen am Kasseler Gashandelsunternehmen Wingas, am Wintershall Erdgashandelshaus Berlin (WIEH) sowie an der Speichergesellschaft Astora, die unter anderem Erdgasspeicher in Rehden und Jemgum in Niedersachsen betreibt.

Gazprom steigt darüber hinaus mit 50 Prozent bei der Gas- und Ölförderung von Wintershall in der Nordsee vor den Küsten der Niederlande, Großbritanniens und Dänemarks ein. Im Gegenzug erhält Wintershall etwas mehr als ein Viertel aus den Fördererträgen eines Gasfeldes in Westsibirien. Dort sollen einmal mindestens acht Milliarden Kubikmeter Gas pro Jahr gefördert werden. Der Start der Produktion ist laut BASF für das Jahr 2018 geplant.

Insgesamt trugen die Aktivitäten, die BASF in den Tausch einbringt, 2014 rund 12,2 Milliarden Euro zum Umsatz bei. Konzernchef Kurt Bock betonte, man konzentriere sich weiter darauf, „in unseren öl- und gasreichen Schwerpunktregionen an der Quelle profitabel zu wachsen“. Gazprom-Chef Alexej Miller nannte das Geschäft einen Meilenstein.

Ursprünglich sollte der im Dezember 2013 vereinbarte Tausch, dem die EU-Kommission bereits zugestimmt hat, Ende vergangenen Jahres erfolgen. Im Dezember 2014 war das Geschäft dann aber inmitten der angespannten politischen Lage auf Eis gelegt worden. Die EU hatte Russland wegen des Ukraine-Konflikts mit Wirtschaftssanktionen belegt. Nun wird der Vollzug laut BASF bis zum Jahresende erwartet.

Eine BASF-Sprecherin teilte mit, es sei nie ausgeschlossen worden, den Tausch zu einem späteren Zeitpunkt zu vollziehen. Nun sei gemeinsam entschieden worden, dies zu tun. „Wir sind überzeugt: Für eine sichere Energieversorgung Europas brauchen wir auch weiterhin Erdgas aus russischen Quellen. “

Am Freitag gaben BASF und Gazprom zudem gemeinsam mit den weiteren Mitgliedern des Nord-Stream-Pipeline-Konsortiums die Anteile an dem Gemeinschaftsunternehmen zum geplanten Ausbau der Ostsee-Gasleitung bekannt. Demnach soll Gazprom 51 Prozent an der neuen Gesellschaft halten. Eon, Shell, der österreichische OMV-Konzern und BASF sollen je 10, der französische Energieversorger Engie 9 Prozent bekommen.

Diese Projektgesellschaft ist für den Bau zweier weiterer Pipelines von Russland durch die Ostsee bis nach Deutschland zuständig – das sogenannte Nord-Stream-2-Projekt. Die zwei zusätzlichen Röhren sollen einmal eine Jahreskapazität von 55 Milliarden Kubikmetern Gas haben. Damit würde sich die gesamte Kapazität von Nord Stream verdoppeln.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Mobiles Geld: Afrika revolutioniert die Finanzwelt – und überholt den Westen
26.04.2025

Während Europa und die USA noch über die Zukunft digitaler Bezahlsysteme diskutieren, hat Afrika längst Fakten geschaffen. Der Kontinent...

DWN
Panorama
Panorama Können Tierversuche durch neue Technologien ersetzt werden?
26.04.2025

Mehr als eine Million Mäuse, Fische, Kaninchen oder auch Affen werden jedes Jahr in Versuchen eingesetzt. Ob es um Medikamente gegen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Datenstrategie 2025: Warum KI-Erfolg in Unternehmen ein neues Mindset braucht
26.04.2025

Viele KMU lassen bei Daten und KI ihr Innovationspotenzial ungenutzt. Wiebke Reuter, Fachanwältin für Informations- und Technologierecht...

DWN
Politik
Politik Heizungsgesetz soll weg – doch hohe Öl und Gaspreise werden die Bürger belasten
26.04.2025

Die frisch geformte Koalition unter der Führung von Friedrich Merz plant, das Heizungsgesetz abzuschaffen. Doch auch ein Anstieg der Öl-...

DWN
Politik
Politik Trumps Handelskrieg zwingt EU und China zu einer Annäherung – doch der Preis ist hoch
26.04.2025

Der eskalierende Handelskonflikt zwischen den USA und China zwingt die EU zu einem Strategiewechsel. Doch der geopolitische Preis ist hoch...

DWN
Finanzen
Finanzen EZB in der Zwickmühle: Zinssenkung befeuert Immobilienmarkt – Gefahr einer neuen Kreditblase?
26.04.2025

Der Druck auf die Europäische Zentralbank wächst, während die Zinsen sinken und der EURIBOR neue Tiefstände markiert. Was bedeutet das...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Funkmast auf Futterwiese: Das verdienen Landwirte mit Mobilfunkmasten
26.04.2025

Wer als Landwirt ungenutzte Flächen oder Scheunendächer für Mobilfunkanbieter öffnet, kann mit Funkmasten stabile Zusatzeinnahmen...

DWN
Panorama
Panorama Generation Z lehnt Führungspositionen ab – Unternehmen müssen umdenken
25.04.2025

Die Generation Z zeigt sich zunehmend unbeeindruckt von traditionellen Karrierewegen und Führungspositionen im mittleren Management. Eine...