Als wären die Aktionäre von E.ON und RWE nicht schon genug leidgeprüft, sorgten neue Spekulationen über angebliche Milliarden-Lücken in den Rückstellungen für den AKW-Rückbau der vier in Deutschland aktiven Atomkraft-Betreiber am Dienstag für ein regelrechtes Kursmassaker. Zeitweise um bis zu 13% brachen die Aktienkurse von E.ON und RWE ein, nachdem „Spiegel Online“ berichtet hatte, die Rückstellungen der Atom-Konzerne seien um bis zu 30 Milliarden Euro zu niedrig. Erst nachdem Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel darauf hinwies, dass die Stresstest-Ergebnisse noch gar nicht vorlägen, erholten sich die Kurse ein wenig.
Tatsächlich ist es ein offenes Geheimnis, dass die von RWE, E.ON, Vattenfall und EnBW gebildeten Atom-Rückstellungen von 38,4 Milliarden Euro wohl nicht ausreichen werden, um den AKW-Rückbau zu finanzieren. Das gilt insbesondere, wenn auch die Kosten für die Endlagerung berücksichtigt werden, die sich seriös kaum abschätzen lassen.
Bei dem Stresstest der AKW-Rückstellungen dürfte die vom Wirtschaftsministerium beauftragte Prüfungsgesellschaft Warth & Klein Grant Thornton denn auch verschieden Szenarien durchrechnen. So ist es durchaus möglich, dass im schlimmsten Fall ein Rückstellungsbedarf von bis zu 70 Milliarden Euro herauskommt. Entscheidend ist jedoch, welches Szenario die Politik am Ende für am wahrscheinlichsten hält und zur Grundlage für die anstehenden Verhandlungen über einen Atom-Kompromiss mit den Energie-Konzernen macht.
Der jüngste Kurssturz zeigt indes, wie dringend eine solche Einigung zwischen Politik und Atom-Konzernen ist. Ohne ein hohes Maß an rechts- und Planungssicherheit für die Strom-Konzerne werden die Investoren einen großen Bogen um die Versorger-Aktien machen. Doch auch bei einer Stiftungslösung, bei der die Konzerne ihre Rückstellungen einbringen, wird die Politik die Versorger nicht vollständig aus der Haftung entlassen können.
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