Politik

EU gibt offenbar Pläne für verpflichtende Flüchtlings-Quote auf

Die EU gibt offenbar ihre Pläne für eine verpflichtende Quote für Flüchtlinge auf. Damit reagiert die EU auf den anhaltenden Widerstand der Staaten in Osteuropa. Sie lehnen eine Quote geschlossen ab. Es ist unklar, ob Deutschland nun mehr Flüchtlinge aufnehmen muss.
17.09.2015 00:07
Lesezeit: 1 min

Die EU könnte nach Angaben aus Kommissionskreisen ihre Pläne für verpflichtende Quoten bei der Verteilung von Flüchtlingen fallen lassen. Das berichtet Reuters. Damit wolle sie den osteuropäischen Staaten entgegenkommen, die sich gegen die Aufnahme von Asylsuchenden sperren, verlautete es am Mittwoch aus dem Umfeld der EU-Kommission. Die verbindliche Quote sei keine Option mehr, sagte ein Kommissionsvertreter. Stattdessen werde ein Verteilmechanismus angestrebt, der auf Freiwilligkeit beruhe. „Unser Ziel ist es, die Einheit Europas zu erhalten“, sagte der für Migration zuständige EU-Kommissar Dimitris Avramopoulos.

Die EU-Innenminister hatten sich am Montag nicht auf eine verpflichtende und dauerhaften Verteilung von Flüchtlingen in der Europäischen Union einigen können. Geplant ist die Verteilung weiterer 120.000 Flüchtlinge über die EU-Staaten. An dieser Zahl werde die EU-Kommission aber auf jeden Fall festhalten, verlautete aus den Kreisen.

Bereits formal beschlossen wurde am Montag die Umsiedlung von rund 40.000 Flüchtlingen aus Griechenland und Italien. Dies soll aber ohne feste Quote geschehen. Für kommenden Dienstag ist ein weiterer Sondergipfel der EU-Innenminister angesetzt.

Die Regierung der Slowakei wehrte sich deutlich gegen jegliche Verpflichtung, selbst Flüchtlinge aufnehmen zu müssen. Die Drohung, „EU-Ländern ihre Förderungen zu kürzen, wenn sie verpflichtenden Quoten für die Flüchtlingsaufnahme nicht zustimmen, ist nichts anderes als ein Vertuschen der Tatsache, dass die eigene Flüchtlingspolitik völlig versagt hat“, sagte Innenminister Robert Kalinak. Der sozialdemokratische Regierungschef Robert Fico warnte: „Wenn jemand ein Mitgliedsland der EU für eine andere Meinung bestrafen will, bedeutet das das Ende der Europäischen Union.“

Der tschechische Innenminister Milan Chovanec hat die „inkonsistente Politik Deutschlands“ als größtes Problem bei der Lösung der Flüchtlingskrise gebrandmarkt. Lob für die deutsche Willkommenskultur gab es in Tschechien von Anfang an kaum. Von links bis rechts wurden Merkels Worte als „Einladung an Wirtschaftsflüchtlinge“ gewertet. Deutschland werde seiner Führungsrolle in Europa nicht gerecht, kritisierte die Zeitung „Lidove noviny“.

Auch in Polen war die Kritik an Merkel heftig: Der Bundeskanzlerin sei ein Fehler unterlaufen, für den nun ganz Europa die Zeche zahlen müsse, kritisierte die „Rzeczpospolita“ aus Warschau. „Angela Merkel zerstört Schengen“, warnte das Blatt. Vermutet wurde, dass Deutschland mit der Wiedereinführung von Grenzkontrollen den Druck auf die Gegner eines zentralen EU-Verteilsystems für Flüchtlinge erhöhen wolle.

Ungarns Premier Viktor Orban sagte der Zeitung Die Presse, dass sich Ungarn dem Druck der EU beugen und eine Quote akzeptieren würde. Doch damit werde das bisher geltende Prinzip der Einstimmigkeit in der EU ausgehebelt. Er kritisierte das Ansinnen der EU-Kommission, sich über die bisherigen Konsens-Mechanismen hinwegzusetzen.

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