Politik

Österreich fürchtet Ausschreitungen an deutscher Grenze

Die österreichische Regierung fürchtet gewaltsame Ausschreitungen, sollte Bayern die Grenzen zu Österreich schließen. Angela Merkel ist weiter für offene Grenzen: Dazu sei die CDU als christliche Partei verpflichtet.
08.10.2015 23:28
Lesezeit: 1 min

Die österreichische Regierung fürchtet gewaltsame Proteste im Grenzgebiet, falls Bayern wie angekündigt Migranten abweisen sollte. "Wenn Flüchtlinge nach Österreich zurückgeschickt werden, die in Deutschland bleiben wollen, dann muss man letztendlich mit Ausschreitungen rechnen", sagte Innenministerin Johanna Mikl-Leitner am Donnerstagabend nach einem Treffen mit ihren EU-Kollegen in Luxemburg. Sollte Bayern tatsächlich Menschen an der Grenze abweisen, müsse man mit Widerstand rechnen. Zudem werde es zu einem Rückstau kommen, weil pro Tag auch in Österreich 5000 bis 6000 Flüchtlinge ankämen. Wie sich die Situation entwickle könne sie derzeit aber nicht sagen.

Mikl-Leitner sprach in Luxemburg nach eigenen Angaben auch mit dem deutschen Außenminister Frank-Walter Steinmeier und Innenminister Thomas de Maiziere. Beide "machen sich natürlich große Sorgen", sagte die österreichische Ministerin. Gegen den Willen der Bundesregierung kündigte Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer für Freitag "Notwehr-Maßnahmen" an, um den Flüchtlingsstrom aus Österreich in sein Bundesland einzudämmen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel beharrt weiter auf offenen Grenzen. Auf einer CDU-Veranstaltung in Wuppertal sagte sie am Donnerstagabend mit Hinweis auf einen Asylbewerber aus einem sicheren Herkunftsstaat: "Ich kann ihm nicht gleich an der Grenze sagen 'Du musst zurück' oder 'Du kommst hier nicht rein'." Erst müsse man sich jeden Fall anschauen. Der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer sagte der "Bild"-Zeitung (Freitagausgabe) dagegen, dass zu den geplanten Schritten zur Begrenzung der Zuwanderung auch die Zurückweisung von Flüchtlingen an der Grenze zu Österreich gehören könnten. Das bayerische Kabinett will am Freitag ein Maßnahmenpaket beschließen.

Merkel sagte, gerade christliche Parteien mit einem "C" im Namen trügen eine besondere Verantwortung bei dem Thema. "Das C ist nicht nur für Sonntagsreden. Das ist auch nicht nur für diejenigen, die in Deutschland leben, gedacht und auch nicht nur für die, die in Europa leben", sagte Merkel. Schon vor einigen Tagen hatte Merkel gesagt, dass sie die Auffassung des katholischen Bischofs Reinhard Marx teile: Dieser hatte gesagt, das Problem sei Deutschland vom Herrgott auf den Tisch gelegt worden.

Erneut sprach sie sich gegen eine Abschottungspolitik aus. "Zäune um Deutschland herum werden nicht helfen." Deutschland müsse mit dieser Herausforderung fertig werden. Sie wisse, wie sehr gerade Bayern belastet sei und sich bemühe, mit dem Zustrom an Menschen fertig zu werden. Angesichts der Debatte über Rekordzahlen an Flüchtlingen mahnte die Kanzlerin zudem: "Zu uns kommen nicht anonyme Menschenmassen. Zu uns kommen einzelne Menschen." Dennoch müssten alle mit der Zuwanderung verbundenen Probleme und Ängste offen angesprochen werden.

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