Die Mehrheit der EU-Bürger hält trotz vieler Kritik an dem Verbleib ihres Landes in der EU fest. In Deutschland würden sich sogar 74 Prozent der Bürger bei einem Referendum für die EU entscheiden, wie eine aktuelle Umfrage der Bertelsmann Stiftung zeigt. In Großbritannien und Italien sprechen sich mit 59 und 62 Prozent weit weniger dafür aus. Insgesamt sagen sieben von zehn EU-Bürgern aber, dass die EU-Politik derzeit in eine falsche Richtung laufe.
Doch auch mit der nationalen Politik sind die Bürger nicht so zufrieden. 73 Prozent der deutschen Befragten, gaben an, dass ihrer Meinung nach die derzeitige EU-Politik falsch sei. Aber auch 64 Prozent waren mit der nationalen Politik unzufrieden. Die Befragung selbst fand Mitte Juli zum Höhepunkt der Griechenland-Politik statt.
Die aktuelle Flüchtlingspolitik war hier noch nicht zum Tragen gekommen. Eine neue Umfrage vom EU-Parlament zeigt diesbezüglich, dass derzeit 66 Prozent der Europäer der Meinung sind, die Flüchtlingskrise solle auf EU-Ebene gelöst werden. Selbst in Deutschland sind 80 Prozent dafür, dass hier mehr Entscheidungen auf EU-Ebene getroffen werden sollten. Zwar spricht sich die Mehrheit der Deutschen dafür aus, dass die Asylanten besser in Europa aufgeteilt werden sollen. Aber immerhin 72 Prozent sagen auch, dass Deutschland in bestimmten Wirtschaftszweigen legale Migranten als Arbeitskräfte benötige.
Wie stark die Flüchtlingskrise auch an den Nerven der Politiker zehrt, zeigt EU-Ratspräsident Tusk. „Wir können nicht länger erlauben, dass Solidarität mit Naivität gleichgesetzt wird, Offenheit mit Hilflosigkeit, Freiheit mit Chaos“, sagte Tusk auf einem Treffen der europäischen Parteienfamilie in Madrid am Donnerstag. Tusk betonte, dass er damit die Situation an den Grenzen auf der sogenannten Balkan-Route meine. „Wir können nicht länger den Eindruck erwecken, dass die große Welle an Migranten etwas ist, was wir wollen und dass wir eine durchdachte Politik der offenen Grenzen verfolgen“, fügte er hinzu. „Die Wahrheit ist: Wir haben unsere Fähigkeit verloren, unser Grenzen zu schützen. Und deshalb ist unsere Offenheit keine bewusste Wahl, sondern eine Schwäche.“