Politik

Terror-Verdächtige konnten mit falschem Pass bis zur deutschen Grenze reisen

Zwei Terrorverdächtige haben offenbar die Möglichkeit der offenen Grenzen in Europa genützt: Obwohl zur Fahndung ausgeschrieben, ließ Griechenland die Männer weiterreisen. Erst vor dem Grenzübertritt nach Deutschland wurden schließlich die österreichischen Behörden tätig. Der Fall zeigt, dass das Schengen-System den Schutz der Staatsbürger nicht sicherstellen kann.
23.12.2015 02:04
Lesezeit: 1 min

Die griechischen Behörden haben nach Informationen der Tageszeitung "Die Welt" im Oktober zwei Terrorverdächtige weiterreisen lassen, die dann am 10. Dezember in einem Flüchtlingsheim in Salzburg festgenommen wurden. Die Pässe der beiden Männer seien im Schengener Informationssystem (SIS) zur Fahndung ausgeschrieben gewesen, berichtet die Zeitung in ihrer Mittwochsausgabe unter Berufung auf Sicherheitskreise. Die griechische Seite habe die Verdächtigen aber nicht festgehalten.

Die beiden Männer seien am 3. Oktober gemeinsam mit zwei der späteren Attentäter von Paris mit einem Flüchtlingsboot auf der griechischen Insel Leros angekommen, heißt es in dem "Welt"-Bericht. Die griechischen Behörden hätten den 24-jährigen Algerier und den 34-jährigen Pakistaner registriert. Bei der Gelegenheit hätten sie festgestellt, dass sie syrische Passdokumente bei sich trugen, die zur sogenannten Sachfahndung ausgeschrieben waren. Den beiden Männern sei jedoch lediglich nahegelegt worden, Griechenland innerhalb von 30 Tagen zu verlassen.

Der Algerier und der Pakistaner reisten nach Informationen der "Welt" als vorgebliche Syrer weiter über die sogenannte Balkan-Route. Von Slowenien aus gelangten sie nach Österreich. Seit ihrer Festnahme sitzen sie in Untersuchungshaft. Die österreichische Staatsanwaltschaft teilte Mitte Dezember mit, sie verfolge eine "mögliche Verbindung" zu den Pariser Anschlägen vom 13. November mit 130 Toten.

Die französischen Behörden gehen derzeit dem Verdacht nach, dass die beiden in Österreich festgenommenen Männer mit dem Hauptverdächtigen der Pariser Anschläge, Salah Abdeslam, in Verbindung gestanden haben könnten. Abdeslam soll an der Planung der Anschläge beteiligt gewesen sein.

Die österreichische Polizei kontrollierte den 26-jährigen Franzosen mit Wohnsitz in Brüssel nach Angaben des Wiener Innenministeriums am 9. September, hielt ihn aber nicht fest, weil er nicht zur Fahndung ausgeschrieben war. Bei der Kontrolle befand sich Abdeslam zusammen mit zwei weiteren Männern in einem in Belgien zugelassenen Auto.

Nach unbestätigten österreichischen Presseinformationen holte Abdeslam seine beiden Begleiter an der serbisch-ungarischen Grenze ab, die seinerzeit täglich tausende Flüchtlinge überquerten. Der mit internationalem Haftbefehl gesuchte Abdeslam, der Bruder eines der Selbstmordattentäter von Paris, ist nach wie vor flüchtig.

Zu den Pariser Anschlägen bekannte sich die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS). Die meisten der mutmaßlich neun Angreifer waren Franzosen, einige lebten zuletzt in Belgien, viele waren in der Vergangenheit in Syrien und reisten vermutlich mit gefälschten Pässen nach Europa ein.

Als Drahtzieher der Anschläge gilt der belgisch-marokkanische Dschihadist Abdelhamid Abaaoud, der nach den Anschlägen getötet und später - wie fünf weitere französische Attentäter - identifiziert wurde. Drei der Attentäter sind bislang noch nicht identifiziert, darunter zwei der drei Selbstmordattentäter, die sich vor dem Pariser Stade de France in die Luft sprengten.

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