Politik

Merkel richtet Arbeitsgruppe zur Integration von Flüchtlingen ein

Bundeskanzlerin Angela Merkel will die Integration der Flüchtlinge durch eine Arbeitsgruppe zwischen Bund und Ländern vorantreiben. Die Kanzlerin sieht die Koalition auf einem guten Weg und sämtliche staatlichen Stellen voll einsatzfähig. Für die realen Probleme der Massen-Einwanderung nach Deutschland bringt das neue „Asyl-Paket“ keine Lösungen.
29.01.2016 02:02
Lesezeit: 2 min

Die Regierungskoalition hat mit dem Beschluss des Asylpakets II nach Ansicht von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ihre Handlungsfähigkeit in der Flüchtlingspolitik unter Beweis gestellt. Die Koalition und alle staatlichen Ebenen seien "sehr handlungsfähig", sagte Merkel am Donnerstagabend. Der Einigung Merkels mit dem SPD-Vorsitzenden Sigmar Gabriel und CSU-Chef Horst Seehofer war ein wochenlanger Streit vorausgegangen, der die Koalition massiv belastet hatte.

Der Beschluss sieht vor, dass auf Drängen der CSU im Rahmen des Asylpakets II der Familiennachzug für Flüchtlinge mit eingeschränktem Schutz für zwei Jahre ausgesetzt wird. Das betrifft auch einen Teil der syrischen Flüchtlinge. Algerien, Tunesien und Marokko sollen zudem zu sicheren Herkunftstaaten erklärt werden.

Das Problem sind jedoch aktuell nicht anerkannte Flüchtlinge, die ihre Familie nachholen wollen. Sie werden mit der neuen Regelung bestraft, und es fraglich, ob die Regelung in Übereinstimmung mit der Genfer Flüchtlingskonvention steht. Die Begrenzung des Familiennachzugs ist keine Lösung für die etwa 60 Prozent an Migranten, die im Zuge der Flüchtlingskrise einreisen und nach offiziellen EU-Aussagen keinen Anspruch auf Asyl haben. 

Die Beschlüsse sollten nun rasch in Gesetzgebungsverfahren gebracht werden, sagte Merkel. Sie zeigte sich nach einem Treffen mit den Ministerpräsidenten der 16 Bundesländer zuversichtlich, dass der geplante Beschluss zu Algerien, Tunesien und Marokko auch den Bundesrat passieren werde.

Im Hinblick auf den wochenlangen Konflikt in der großen Koalition und etwa von CSU-Chef Seehofer geäußerte Bedenken über die Zusammenarbeit in der Regierung verwies Merkel auf bereits vom Kabinett beschlossene Gesetzesverschärfungen etwa für straffällig gewordene Ausländer. "Ich finde, dass wir sehr viel auf den Weg bringen und ich fühle mich durch den heutigen Tag nochmal bestärkt darin", sagte Merkel. Laut AFP nannte Merkel die Maßnahmen eine  Reaktion auf die Ereignisse der Kölner Silvesternacht. Das ist unzutreffend, weil über dieses Paket schon vor Silvester verhandelt wurde. Bisher hatte sich die SPD dagegen gesperrt.

Das Problem: Sämtliche aus der Silvesternacht bekanntgewordenen Übergriffe und Eigentumsdelikte fallen nicht unter die Gesetzesverschärfung. Außerdem zeigt sich, dass das Hauptproblem der Polizei darin besteht, die Identität von Tatverdächtigen festzustellen. In Schleswig-Holstein galt daher seit längerem die Anweisung, Täter mit nicht feststellbarer Identität bei Bagatelldelikten nicht auszuforschen. 

Bei dem Treffen der Kanzlerin mit den Ministerpräsidenten verständigten sich beide Seiten darauf, gemeinsam einen Plan für die Integration der Flüchtlinge zu erarbeiten. "Wir haben eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe eingerichtet, die bis Ende Februar erste Eckpunkte und dann bis Ende März ein Konzept zur Integration erarbeiten wird", sagte Merkel. Die Integration der Flüchtlinge sei das "vorherrschende Projekt" der kommenden Jahre.

Auf die Länder und Kommunen kämen durch die vielen Flüchtlinge eine "Vielzahl von Aufgaben" zu, sagte Bremens Bürgermeister Carsten Sieling (SPD). Das betreffe den Wohnungsbau, Sprachkurse, Kita- und Schulplätze und die dadurch entstehenden Kosten. "Und das werden Länder und Kommunen nicht schaffen ohne eine Hilfe des Bundes." Die Einigung auf die Arbeitsgruppe und einen Dialog zwischen Bund und Ländern sei somit ein "Meilenstein".

Bisher seien Länder und Kommunen allein mit der Notunterbringung der Asylsuchenden beschäftigt gewesen, sagte Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU). "Jetzt müssen wir 2016 den Modus wechseln in Richtung Integration." Dafür müssten die Zahlen der nach Deutschland kommenden Flüchtlinge aber auch "dringend" verringert werden.

Die Länder dringen für die Integration auf zusätzliche Milliardenhilfen vom Bund. Über konkrete Zahlen sei aber noch nicht gesprochen worden, sagte Sieling. Es müsse eine "faire Verteilung" der Kosten geben. Dies sei Aufgabe der Arbeitsgruppe.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt „We don’t believe in Outsourcing“ – Klöber zeigt, wie Produktion in Deutschland wieder gelingt
18.04.2025

Sitzen, aber richtig: Der Büromöbelhersteller aus Owingen setzt auf Inhouse-Produktion, recycelte Materialien und digitale Innovation –...

DWN
Finanzen
Finanzen S&P 500 und die Illusion von sicheren, langfristigen Renditen
18.04.2025

Der amerikanische Aktienmarkt befindet sich in turbulenten Zeiten. Angesichts der unvorhersehbaren Handelspolitik von Präsident Donald...

DWN
Finanzen
Finanzen Wertvoller Schmuck im Fokus: So sichern Sie Ihre teuren Schmuckstücke ab
18.04.2025

Die Absicherung wertvoller Schmuckstücke wird immer wichtiger – Hausrat reicht oft nicht aus. Experten raten zu gezieltem...

DWN
Immobilien
Immobilien Wohnen in Dänemark: Wie Sie mit etwas Hygge ein Haus günstig kaufen können
18.04.2025

Nachdem es 2023 und 2024 in Deutschland zum ersten Mal seit 2013 spürbare Wertverluste auf dem Immobilienmarkt gab, kündigten Experten...

DWN
Finanzen
Finanzen USA: Staatsverschuldung erreicht 36,6 Billionen Dollar – wer sind die Gläubiger?
18.04.2025

Die Staatsverschuldung der Vereinigten Staaten hat mit 36,6 Billionen Dollar einen neuen Höchststand erreicht und wächst in den letzten...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Online-Handel unter Druck: Steigende Erwartungen, weniger Spielraum für Fehler
18.04.2025

Der digitale Handel erlebt 2025 einen Wendepunkt: Kunden erwarten Perfektion, während lokale Anbieter ums Überleben im globalen...

DWN
Panorama
Panorama Nach Corona: Aufwärtstrend bei Amateurmusik - Deutsche musizieren wieder
18.04.2025

Den Flohwalzer klimpern, ein Liebeslied singen, auf der Gitarre schrammeln – Hobbymusik hat viele Facetten. Doch wie viele Menschen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Blick aus China: Die USA haben an Bedeutung verloren, Zölle beeinträchtigen die Lieferketten nicht
18.04.2025

Die Bedeutung des US-Marktes für China habe in den vergangenen Jahren deutlich abgenommen und mache heute nur noch 14 Prozent der...