Politik

US-Justizministerium verklagt Ferguson nach Gewalt gegen Schwarze

Das US-Justizministerium will die Stadt Ferguson verklagen. Eine Untersuchung bescheinigte den dortigen Beamten, systematisch Gewalt gegen Schwarze zur „Umsatzgenerierung“ eingesetzt zu haben und mahnte zu Reformen. Der Stadtrat hat ein entsprechendes Reformpapier nun als „zu teuer“ abgelehnt.
11.02.2016 23:35
Lesezeit: 1 min

Das US-Justizministerium will die Kleinstadt Ferguson wegen der Verweigerung von Reformen bei Polizei und Justiz nach dem Tod des schwarzen Jugendlichen Michael Brown verklagen. „Ich bin zutiefst enttäuscht“, sagte US-Justizministerin Loretta Lynch am Mittwoch, nachdem der Stadtrat von Ferguson ein Papier über die notwendigen Reformen abgelehnt hatte. Statt die Gelegenheit zum Fortschritt zu nutzen, habe sich Ferguson entschieden, „einen Schritt zurückzugehen“.

Der Stadtrat von Ferguson im US-Bundesstaat Missouri habe am Dienstagabend (Ortszeit) nach 26 Wochen „mühsamer Verhandlungen“ ein 131 Seiten langes Reformpapier von Stadtvertretern unter Verweis auf die Kosten abgelehnt, sagte Lynch. Die Entscheidung, das Papier zu neuen Verhandlungen über eine kostengünstigere Variante zurückzuschicken, fiel demnach einstimmig mit sechs Stimmen.

Der Stadtrat des 21.000-Einwohner-Vororts von St. Louis habe die Entscheidung in dem Bewusstsein getroffen, dass dies eine Klage nach sich ziehen werde, sagte Lynch vor Journalisten weiter. „Das war ihre Entscheidung.“ Die Bewohner von Ferguson litten seit Jahrzehnten unter der Verletzung ihrer Rechte und warteten auf Gerechtigkeit. „Sie sollten nicht länger warten müssen.“

Die Tötung des 18-jährigen Schwarzen Brown durch einen weißen Polizisten im August 2014 hatte über Ferguson hinaus für Empörung gesorgt. Es kam zu wochenlangen Protesten, die immer wieder in Gewalt umschlugen, und zu einer landesweiten Diskussion über Rassismus und Polizeigewalt. Der verantwortliche Polizist wurde nicht angeklagt, obwohl Brown unbewaffnet war.

Eine Untersuchung des US-Justizministeriums legte den Beamten in Ferguson schließlich rassistische Vorurteile und übertriebene Gewaltanwendung gegen Schwarze zur Last. Als Konsequenz wurde die Stadt aufgefordert, ihren Polizei- und Justizapparat zu reformieren. Polizisten hätten in Ferguson „systematisch“ grundlos Autofahrer kontrolliert und Menschen festgenommen, sagte Lynch. Unbedrohliche Situationen hätten die Beamten auf diese Weise „unnötigerweise“ eskalieren lassen.

In dem nun abgelehnten Reformpapier hieß es unter anderem, die Stadt verpflichte sich, die Tätigkeit von Polizei und Justiz auf die „öffentliche Sicherheit“ statt auf „Umsatzgenerierung“ zu konzentrieren. Nach dem Tod von Michael Brown hatte der damalige Justizminister Eric Holder der Stadt Ferguson vorgeworfen, die Sicherheitskräfte zu benutzen, um ihre Einkünfte zu steigern, statt für Ordnung zu sorgen.

Lynch reagierte nun auch auf die Finanzsituation der Stadt und erklärte, das Ministerium sei dahingehend auf Ferguson zugegangen und habe kostenlose Ausbildungen und technische Hilfe bereitgestellt. Die Einhaltung der Verfassung dürfe keinen „Preis“ haben. Jeder Bürger sei vor „exzessiver Gewalt und Diskriminierung“ geschützt.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

DWN
Finanzen
Finanzen Trumps Krypto-Coup: Milliarden für die Familienkasse
30.06.2025

Donald Trump lässt seine Kritiker verstummen – mit einer beispiellosen Krypto-Strategie. Während er Präsident ist, verdient seine...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Streit um Stromsteuer belastet Regierungskoalition
30.06.2025

In der Bundesregierung eskaliert der Streit um die Stromsteuer. Während Entlastungen versprochen waren, drohen sie nun auszubleiben –...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft PwC: Künstliche Intelligenz schafft Jobs nur für die, die vorbereitet sind
30.06.2025

Künstliche Intelligenz verdrängt keine Jobs – sie schafft neue, besser bezahlte Tätigkeiten. Doch Unternehmen müssen jetzt handeln,...

DWN
Unternehmen
Unternehmen United Internet-Aktie unter Druck: 1&1 reduziert Prognose
30.06.2025

1&1 senkt überraschend seine Gewinnprognose trotz zuletzt guter Börsenstimmung. Der Grund: deutlich höhere Kosten beim nationalen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Inflation in Deutschland sinkt im Juni auf 2,0 Prozent: Energiepreise entlasten
30.06.2025

Die Inflation in Deutschland hat im Juni einen überraschenden Tiefstand erreicht – doch nicht alle Preise sinken. Was bedeutet das für...

DWN
Politik
Politik Trumps Schritte im Nahen Osten: Nur der Anfang eines riskanten Spiels
30.06.2025

Donald Trump bombardiert den Iran, erklärt die Waffenruhe – und feiert sich selbst als Friedensbringer. Experten warnen: Das ist erst...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Raucherpause im Job: Ausstempeln erforderlich?
30.06.2025

Raucherpause im Job – ein kurzer Zug an der Zigarette, doch was sagt das Arbeitsrecht? Zwischen Ausstempeln, Betriebsvereinbarung und...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Lufthansa sichert sich Anteile an Air Baltic – trotz Bedenken
30.06.2025

Die Lufthansa steigt bei der lettischen Fluggesellschaft Air Baltic ein – jedoch nicht ohne Bedenken der Kartellwächter. Was bedeutet...