Politik

EU-Deal: Türkei muss sich nicht zur Einhaltung der Menschenrechte verpflichten

Der Deal mit der Türkei sieht vor, dass die Türkei zum großen Flüchtlingslager für die EU wird. Der Türkei ist es offenbar gelungen, die Standards für die Behandlung der Flüchtlinge und Migranten selbst zu bestimmen. Eine Verpflichtung zur Achtung der Menschenrechte wurde aus dem Schlussdokument gestrichen.
18.03.2016 18:13
Lesezeit: 1 min

Der Deal der EU mit der Türkei sieht vor:

Die Türkei nimmt illegal eingereiste Migranten aus Griechenland zurück.

Die EU gewährt türkischen Bürgern visumfreies Reisen ab diesem Sommer.

Die EU erhöht die finanziellen Zusagen für die Türkei von drei auf sechs Milliarden Euro.

Der Deal tritt ab Sonntag, 20. März, in Kraft.

Zu den diskutierten Punkten des Deals gehörte auch die Behandlung von nicht-syrischen Flüchtlingen in der Türkei sowie die Achtung der Menschenrechte und die Beachtung der Genfer Flüchtlingskonvention. Offenbar ist es der Türkei gelungen, die von der EU verlangte Garantie zum Schutz der zurückgenommenen Migranten aufzuweichen: Im ursprünglichen Entwurf war von einer „Verpflichtung“ Ankaras die Rede, „die internationalen Standards einzuhalten“. In dem am Freitag gebilligten Schlussdokument wurde daraus die Feststellung, dass „alle Flüchtlinge“ gemäß der „relevanten“ internationalen Standards geschützt und nicht in gefährliche Herkunftsregionen abgeschoben werden, meldet die AFP.

Welche Standards „relevant“ sind, wird damit zur Auslegungssache. Auch wird die Türkei in dem Zusammenhang nicht explizit erwähnt. Davutoglu hatte die ursprüngliche Garantie Diplomaten zufolge als Affront empfunden, weil sein Land im Umgang mit den schon im Land befindlichen 2,7 Millionen syrischen Flüchtlingen immer human umgegangen sei. Den Forderungen etwa der Menschenrechtsorganisation Pro Asyl entspricht diese vage Formulierung nicht.

Menschenrechtsorganisationen hatten befürchtet, die EU wolle die Flüchtlinge per Massenabschiebungen in die Türkei zurückbringen. Darauf reagierte der Gipfel und schloss „jede Form kollektiver Ausweisungen“ ausdrücklich aus. Als Stichtag wurde der 20. März festgelegt. Alle Migranten, die von Sonntag an auf den Inseln eintreffen, sollen zurückgebracht werden, und zwar in „vollem Einklang mit europäischem und internationalem Recht“.

Fallen gelassen wurde die Forderung an Griechenland, alle bisher auf den Inseln gestrandeten Flüchtlinge vor Inkrafttreten des Paktes aufs Festland zu bringen und vorerst in „Aufnahmezentren“ festzuhalten. Das war eine Forderung Ankaras, damit nicht auch „Alt“-Flüchtlinge in die Türkei zurückgebracht werden. Die entsprechende Passage wurde aber gestrichen.

Um den Deal zu besiegeln, einigten sich die EU-Staats- und Regierungschefs Politico zufolge, ein zusätzliches „Kapitel“ in den bislang blockierten EU-Beitrittsgesprächen wieder zu öffnen. In dem Haushaltskapitel – Kapitel 33 – soll es unter anderen um Agrarzölle gehen.

Im Jahr 2007 blockierte vor allem der damalige französische Präsident Nicolas Sarkozy das Kapitel 33. Sein Argument: Es würdeNur noch  den Bauern schaden und der Türkei die Tür öffnen, den Euro einzuführen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik Frühere AfD-Chefin: Frauke Petry kündigt Gründung neuer Partei an - Alternative für die FDP?
11.05.2025

Die frühere Vorsitzende der AfD will vom kommenden Jahr an mit einer neuen Partei bei Wahlen antreten. Ziel der Partei soll sein, dass...

DWN
Immobilien
Immobilien Deutschlands Zukunft? Wohnquartiere als soziale Brennpunkte: Armut, Migration und Überalterung
11.05.2025

Armut, Migration, Wohnungsmangel, Überalterung und Einsamkeit: Immer mehr Wohnquartiere in Deutschland sind überfordert. Eine neue Studie...

DWN
Finanzen
Finanzen Ölpreis: OPEC-Konflikt eskaliert – Saudi-Arabien warnt vor Marktchaos
11.05.2025

Ein gefährlicher Riss geht durch die mächtige Allianz der OPEC-Plus-Staaten. Statt mit geschlossener Strategie die Preise zu...

DWN
Politik
Politik Kann Deutschland Europa retten? Der neue Koalitionsvertrag offenbart alte Schwächen
11.05.2025

Zum Europatag 2025 richtet sich der Blick erneut nach Berlin. Die Erwartungen an Deutschland sind hoch – nicht nur innerhalb der Union,...

DWN
Finanzen
Finanzen Börsenkrisen: Warum Volatilität kein Risiko ist
11.05.2025

Wenn die Börsen Achterbahn fahren, zittern viele Anleger. Doch Panik ist oft der schlechteste Berater – denn was aussieht wie ein...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Strategien für Krisenzeiten: Wie Sie jetzt Ihre Unternehmensleistung steigern
11.05.2025

Steigende Kosten, Fachkräftemangel, Finanzierungsdruck – viele KMU kämpfen ums Überleben. Doch mit den richtigen Strategien lässt...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft USA vor Energieumbruch: Strom wird zum neuen Öl – und zur nächsten geopolitischen Baustelle
11.05.2025

Ein fundamentaler Wandel zeichnet sich in der US-Wirtschaft ab: Elektrizität verdrängt Öl als Rückgrat der nationalen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Bill Gates verschenkt Vermögen – Symbol einer neuen Weltordnung oder letzter Akt der alten Eliten?
11.05.2025

Bill Gates verschenkt sein Vermögen – ein historischer Akt der Großzügigkeit oder ein strategischer Schachzug globaler Machtpolitik?...