Finanzen

Hacker attackieren globales Zahlungssystem Swift

Lesezeit: 2 min
26.04.2016 00:49
Die Hacker, die im Februar Bangladeschs Zentralbank angriffen, nutzten dazu offenbar einen Virus für Swift-Software. Das Swift-Programm ist ein Dreh- und Angelpunkt des internationalen Finanzsystems. Wurde es tatsächlich korrumpiert, so warnen Sicherheitsexperten vor weiteren Angriffen nach ähnlichem Muster.

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Der spektakuläre Hackerangriff auf die Zentralbank Bangladeschs könnte für ein Nachbeben in der weltweiten Finanzwelt sorgen. Nach Reuters-Informationen gelang es den Cyber-Kriminellen, die vor einigen Wochen 81 Millionen Dollar von der Notenbank erbeuteten, möglicherweise in eine Software des internationalen Zahlungsverkehrsystems Swift einzudringen. Darauf deuten Erkenntnisse von Sicherheitsexperten des britischen Rüstungskonzerns BAE Systems hin. Die Fachleute sagten der Nachrichtenagentur Reuters, sie hätten vermutlich ein Schadprogramm ausfindig gemacht, das die Hacker bei ihrem Angriff benutzt hätten. Damit hätten sie die Swift-Kundensoftware Alliance Access manipuliert. So wollten die Cyber-Diebe ihre Spuren verwischen und die Entdeckung des Raubs verzögern.

Swift ist ein Dreh- und Angelpunkt des internationalen Finanzsystems. Es handelt sich um eine internationale Kooperative von 3000 Finanzinstituten mit Sitz in Brüssel. Sie soll dafür sorgen, dass Zahlungsvorgänge sicher und reibungslos über die Bühne gehen. Noch Anfang April nach Bekanntwerden des Coups hatte Swift jede Kompromittierung des Systems abgestritten (Siehe Video am Anfang des Artikels).

Eine Swift-Sprecherin bestätigte nun jedoch die Existenz eines Schadprogramms, das auf Kundensoftware abziele. Sie kündigte an, noch an diesem Montag ein Software-Update vorzulegen, das das Schadprogramm ausschalten soll. Außerdem solle eine Sicherheitswarnung an Finanzinstitute herausgehen. Die Sprecherin betonte allerdings, das Schadprogramm habe keine Auswirkungen auf die Datenaustausch-Plattform von Swift, der sich weltweit 11.000 Banken und andere Einrichtungen bedienten.

Die betroffene Software Alliance Access hingegen werde nur von einigen Instituten genutzt.

Adrian Nish, der bei BAE den Bereich Gefahrenaufklärung leitet, hat nach eigenem Bekunden niemals zuvor ein dermaßen ausgetüfteltes Vorgehen von Cyberkriminellen gesehen. BAE wollte ebenfalls noch am Montag die Öffentlichkeit in einem Blog über die eigenen Erkenntnisse informieren. Dazu sollten technische Details vorgelegt werden, die Banken helfen sollen, ähnliche Attacken zu verhindern. Die Schadsoftware sei zwar speziell auf die Zentralbank von Bangladesch zugeschnitten gewesen, hieß es im Entwurf einer BAE-Mitteilung, den Reuters einsehen konnte. Aber: „Die allgemeinen Instrumente, Techniken und Methoden, die bei dem Angriff genutzt wurden, könnten es der Bande möglich machen, erneut zuzuschlagen.“

Die bislang beispiellose Cyberattacke auf die Zentralbank von Bangladesch ereignete sich Anfang Februar. Die unbekannten Diebe veranlassten betrügerische Transaktionen über insgesamt 951 Millionen Dollar, doch die meisten davon wurden blockiert. 81 Millionen Dollar wurden auf Konten auf den Philippinen gelenkt und dort an Kasinos weitergeleitet. Der größte Teil dieses Betrags wird weiter vermisst. Als Konsequenz aus dem Angriff musste der Notenbank-Chef zurücktreten.

Die Behörden in Bangladesch gehen bislang davon aus, dass die Hacker in die Notenbank-Computer eindrangen und sich dort Zugang zum Swift-System verschafften. Ihrer Ansicht zufolge zeigten die Computer der Zentralbank ernsthafte Sicherheitsmängel. Allerdings wiesen die Ermittler Swift eine Mitverantwortung zu, weil der Zahlungssystem-Betreiber auf die Probleme offenbar nicht hingewiesen habe.

Die Experten des BAE-Konzerns, für den Cybersicherheit ein großer Geschäftsbereich ist, kamen zu einer abweichenden Einschätzung. Demnach liegt die Schwachstelle in der Swift-Software, die sich auf den Zentralbank-Computern befindet. Das Schadprogramm mit dem Namen „evtdiag.exe“ habe dazu gedient, die Spuren der Hacker zu verwischen, indem Informationen über die betrügerischen Überweisungen verfälscht oder gelöscht wurden. Ziel sei es gewesen, den Cyberraub so lange zu verschleiern, bis die Täter die gestohlenen Gelder in Sicherheit gebracht haben, erläuterte Nish. Wie die Transaktionen genau angewiesen wurden, ist allerdings weiter unklar.

*** Bestellen Sie den täglichen Newsletter der Deutschen Wirtschafts Nachrichten: Die wichtigsten aktuellen News und die exklusiven Stories bereits am frühen Morgen. Verschaffen Sie sich einen Informations-Vorsprung. Anmeldung zum Gratis-Newsletter hier. ***


Mehr zum Thema:  

DWN
Politik
Politik Streit ums liebe Geld: UN-Klimagipfel geht in die Verlängerung
22.11.2024

Milliarden für den Klimaschutz – doch wie weit sind die Staaten wirklich bereit zu gehen? Auf der UN-Klimakonferenz in Baku entbrannte...

DWN
Politik
Politik Netanjahu Haftbefehl: Deutschland und die rechtliche Zwickmühle
22.11.2024

Der Haftbefehl gegen Benjamin Netanjahu erschüttert die internationale Bühne. Deutschland sieht sich in einem schwierigen Spagat:...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Bosch kürzt 5.550 Stellen - 3.800 davon in Deutschland
22.11.2024

Bosch steht vor massiven Einschnitten: Bis zu 5.550 Stellen sollen wegfallen, davon allein 3.800 in Deutschland. Die Krise in der...

DWN
Finanzen
Finanzen Goldpreis-Prognose 2025: Nach Kurskorrektur steigt der Goldpreis aktuell - wohin geht die Reise?
22.11.2024

Der Goldpreis steht derzeit im Fokus von Anlegern und Edelmetallexperten. Gerade in unsicheren Zeiten wollen viele Investoren Gold kaufen,...

DWN
Politik
Politik Iranisches Atomprogramm: Teheran will mehr Uran anreichern
22.11.2024

Droht der Iran dem Westen mit neuen Atomwaffen? Die IAEA warnt, Teheran wehrt sich – und eskaliert die Urananreicherung. Jetzt könnten...

DWN
Politik
Politik Dauerbaustelle Autobahn: Sie stehen hier im Stau, weil sich Verkehrsminister Volker Wissing verrechnet hat
22.11.2024

Wenn man im Sommer entspannt durch Frankreich oder Italien über die Autobahnen gleitet, fragt man sich jedesmal aufs Neue: Warum müssen...

DWN
Politik
Politik Krankenhausreform kommt: Lauterbachs Reform passiert den Bundesrat
22.11.2024

Karl Lauterbach freut sich: Der Bundesrat hat das sogenannte "Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz" gebilligt, das Herzensprojekt des...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Rezession droht im Winter, Euro ist im Sinkflug: Was sind die Gründe?
22.11.2024

Stagnation der deutschen Wirtschaft, ein schwächelnder Euro, miese Stimmung in den Unternehmen: Ökonomen befürchten eine...